Nach § 2 Abs. 2 ERVV "soll" das elektronische Dokument den technischen Eigenschaften genügen, die die Bundesregierung im Bundesanzeiger und auf der Internetseite www.justiz.de bekannt gemacht hat. Essentiell ist hier, dass es sich bei § 2 Abs. 2 ERVV lediglich um eine Soll-Vorschrift handelt. Dies bedeutet, dass ein elektronisches Dokument, dann, wenn es diesen Vorgaben nicht genügt, aber dennoch i.S.v. § 130a Abs. 2 Satz 1 ZPO für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet, zu berücksichtigen ist.[15] Die Soll-Vorgaben haben jedoch dennoch praktische Bedeutung. Sie können als eine Art "Garantie" verstanden werden.[16] Diese Vorgaben bilden nämlich einen Maßstab für die Eignung zur Bearbeitung durch das Gericht.[17]

[15] Herberger, DB 2022, 2861.
[16] So die Formulierung von Müller, in: jurisPK-ERV, Band 2, 2. Aufl. 2022, § 130a ZPO Rn 21.
[17] BT-Drucks 19/28399 S. 40.

aa) Druckbarkeit

Nach Nr. 6 lit. a) 2. ERVB 2022 ist Druckbarkeit zu gewährleisten. Dies bedeutet, dass mit Blick auf die zu übersendende Datei die Eigenschaft der Druckbarkeit nicht ausgeschlossen werden darf.

bb) Maximale Länge von Dateinamen

Was die Bezeichnung von Dateien angeht, ist die Beschränkung auf 90 Zeichen (Dateinamen einschließlich der Dateiendung) zu berücksichtigen, Nr. 6 lit. b) 2. ERVB 2022. Die aktuelle Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts,[18] die immer wieder mit der verkürzten Formulierung "Überlanger Dateiname hindert ordnungsgemäße Einreichung nicht" zusammengefasst wird, bezog sich noch auf eine ältere Version der ERVB und kann deshalb zur Beurteilung der heutigen Rechtslage in diesem Punkt nicht mehr maßgeblich sein. Bedenklich ist in diesem Zusammenhang, dass die im beA implementierten Formvorgaben Nr. 6 lit. b) 2. ERVB 2022 nicht entsprechen. Bei dem Versuch, eine Datei mit einem Dateinamen von 90 Zeichen einschließlich der Dateiendungen hochzuladen, erscheint der Hinweis "Fehler bei Hinzufügen von Anhängen". Der Fehler wird dann näher dahingehend erläutert, dass die "Länge von Dateinamen […] nur 84 Zeichen inkl. der Dateiendungen betragen" dürfe. In der Konsequenz wird die Datei "wegen nicht erlaubten Dateinamens aus der Liste entfernt". Es ist grundsätzlich zu begrüßen, dass im beA-Programm die Einhaltung von Formvorgaben überprüft wird und dass der Einreichende auf Formfehler hingewiesen wird. Allerdings muss die Implementation den rechtlichen Vorgaben entsprechen.

[18] BVerfG, Beschl. v. 16.2.2023 – 1 BvR 1881/21, juris; vgl. dazu Herberger, RDi 2023, 348 ff.

cc) Zeichensatz für Dateinamen

Vorgaben für Dateinamen finden sich in Nr. 6 lit. c) ERVB 2022. Danach bestehen Dateinamen ausschließlich aus Buchstaben des deutschen Alphabetes einschließlich der Umlaute[19] ä, ö, ü und ß, Ziffern und den Zeichen Unterstrich und Minus, Punkten, wenn sie den Dateinamen von Dateiendungen trennen und einer logischen Nummerierung, wenn mehrere Dateien übermittelt werden.

Was die Vergabe von Dateinamen angeht, war in § 2 Abs. 2 ERVV a.F. festgelegt, dass der Dateiname den Inhalt des elektronischen Dokuments schlagwortartig umschreiben soll. Dieses Erfordernis findet sich nunmehr weder in § 2 ERVV noch in der ERVB 2022. Trotzdem sollte im eigenen Interesse darauf geachtet werden, einen "sprechenden" Dateinamen zu verwenden. Denn im Rahmen der gebotenen Ausgangskontrolle stellt der BGH das Erfordernis auf, nicht nur zu prüfen, ob irgendein Schriftsatz mit dem passenden Aktenzeichen versendet wurde, sondern zusätzlich zu prüfen, welcher Art der Schriftsatz war.[20] Diese Prüfung setzt sinnvollerweise eine schlagwortartige Umschreibung des Inhalts der Datei voraus, da Überprüfungen nicht-sprechender Dateinamen fehleranfällig sind.

[19] Vgl. zu früheren Problemen bei Umlauten und Sonderzeichen in Dateibezeichnung BFH, Beschl. v. 5.6.2019 – IX B 121/18, NJW 2019, 2647 f.; H. Müller, NZA 2019, 1120, 1123 hat darauf hingewiesen, dass schon seinerzeit die weit überwiegende Anzahl der Gerichte keine Probleme beim Empfang solcher Nachrichten hatten.
[20] BGH, Beschl. v. 20.9.2022 – XI ZB 14/22, juris Rn 9; BGH, Beschl. v. 17.3.2020 – VI ZB 99/19, juris Rn 16. Kritisch zu diesem Ansatz des BGH: Biallaß, jM 2023, 13, 15.

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