Die sicheren Übermittlungswege lassen sich § 130a Abs. 4 Satz 1 ZPO (ggf. i.V.m. § 14 Abs. 2 Satz 2 FamFG) entnehmen.

aa) Absenderauthentifizierte De-Mail

Der Postfach- und Versanddienst eines De-Mail-Kontos stellt einen sicheren Übermittlungsweg dar, wenn der Absender bei Versand der Nachricht sicher i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 2 De-Mail-Gesetz angemeldet ist und er sich die sichere Anmeldung nach § 5 Abs. 5 De-Mail-Gesetz bestätigen lässt.[22] Die Telekom hat ihren De-Mail-Dienst zum 31.8.2022 eingestellt.[23] Da es neben der Telekom aber weitere De-Mail-Anbieter gibt, steht dieser Übermittlungsweg weiter zur Verfügung.[24]

[22] Kritisch zur De-Mail: Schultzky, MDR 2022, 201.
[23] Rosenbach, Gefloppter E-Mail-Dienst: Telekom schaltet De-Mail ab, www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/telekom-schaltet-de-mail-ab-a-1cf7a036-c4ad-4d3c-b8d8-2f3d1afa7944.
[24] Vgl. zu Einzelheiten das DE-Mail-Informationsportal (https://de-mail.info).

bb) Besonderes elektronisches Anwaltspostfach und weitere Postfächer

Einen sicheren Übermittlungsweg stellt außerdem der Übermittlungsweg zwischen den besonderen elektronischen Anwaltspostfächern nach den §§ 31a und 31b BRAO oder einem entsprechenden, auf gesetzlicher Grundlage errichteten elektronischen Postfach und der elektronischen Poststelle des Gerichts dar. Insofern steht neben dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach (§ 31a BRAO: beA) und dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach für Berufsausübungsgesellschaften (§ 31b BRAO) das besondere elektronische Notarpostfach (§ 78n BNotO) und das besondere elektronische Steuerberaterpostfach (§§ 86d ff. StBerG) zur Verfügung. Das besondere elektronische Notarpostfach erlangt im Anwendungsbereich von § 14b Abs. 1 Satz 1 FamFG praktische Bedeutung, weil Notare hier – anders als im Anwendungsbereich von § 130d Satz 1 ZPO – eine aktive Nutzungspflicht in Bezug auf den elektronischen Rechtsverkehr trifft.

Essentiell ist es, dass die Prozesserklärung nicht lediglich im Nachrichtenfeld einer Nachricht platziert wird, die über ein besonderes elektronisches Postfach versandt werden soll. Zwar eröffnen die Softwareanwendung die Möglichkeit, einen Text in ein Nachrichtenfeld einzutragen. Damit wird aber die Anforderung an elektronische Dokumente nach § 2 Abs. 1 ERVV (Format: PDF) nicht erfüllt.[25]

Für die Anwaltschaft soll allgemein anerkannt sein, dass sich die Nutzungspflicht auf das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) beschränkt. Es bestünde keine Verpflichtung, alternative elektronische Übermittlungswege bereitzuhalten.[26] Diese These ließe sich möglicherweise mit der Rechtsprechung des BGH begründen, wonach von einem Rechtsanwalt, der sich und seine organisatorischen Vorkehrungen darauf eingerichtet hat, einen Schriftsatz weder selbst noch durch Boten oder durch Post, sondern durch Fax zu übermitteln, nicht verlangt werden könne, beim Scheitern der gewählten Übermittlung infolge eines Defekts des Empfangsgeräts oder wegen Leitungsstörungen "unter Aufbietung aller nur denkbaren Anstrengungen innerhalb kürzester Zeit eine andere als die gewählte Zugangsart" sicherzustellen.[27] Da diese argumentative Brücke aber mit Unwägbarkeiten verbunden ist, sollte man bei der Kanzleiorganisation überlegen, für den Fall von beA-Störungen eine "fall back"-Lösung vorzuhalten.

[26] So H. Müller in: Ory/Weth, jurisPK-ERV Band 2, 2. Aufl. 2022, § 130a ZPO Rn 411.
[27] BGH, Beschl. v. 4.11.2014 – II ZB 25/13, juris Rn 19.

cc) Besonderes elektronisches Behördenpostfach

Der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens eingerichteten Postfach einer Behörde oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts und der elektronischen Poststelle des Gerichts stellt gleichfalls einen sicheren Übermittlungsweg dar. Im Familienrecht ist hier beispielsweise an die Jugendämter[28] aber auch an Behördenbetreuer[29] zu denken.

[28] Sternal in: Sternal, FamFG, 21. Aufl. 2023, § 14b FamFG Rn 9; Walther, JAmt 2021, 598, 599.
[29] Biallaß in: Ory/Weth, jurisPK-ERV Band 2, 2. Aufl. 2022, § 14b FamFG Rn 83.

dd) Elektronisches Behörden- und Organisationspostfach

Der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens eingerichteten elektronischen Postfach einer natürlichen oder juristischen Person oder einer sonstigen Vereinigung und der elektronischen Poststelle des Gerichts ist ebenfalls als sicherer Übermittlungsweg anerkannt. Dieser Übermittlungsweg kann sich beispielsweise für Betreuer anbieten.[30]

[30] Vgl. zu praktischen Konsequenzen für den Fall, dass der Betreuer über eine abweichende Geschäftsadresse verfügt: Schultzky, MDR 2022, 201, 202.

ee) OZG-Nutzerkonten

Einen sicheren Übermittlungsweg bildet außerdem der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens genutzten Postfach- und Versanddienst eines Nutzerkontos im Sinne des § 2 Abs. 5 OZG und der elektronischen Poststelle des Gerichts ab.

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