Gründe: I. [1] Das Amtsgericht – Zivilgericht – Bremerhaven und das Amtsgericht – Familiengericht – Bremerhaven streiten um die Zuständigkeit im vorliegenden Verfahren.

[2] In dem beim Amtsgericht Bremerhaven in der Zivilabteilung nach vorangegangenem Mahnbescheid eingegangenen Verfahren verlangt die Klägerin von dem Beklagten die Auskehrung von Beträgen, die aus Bausparverträgen an den Beklagten geflossen sind. Die Parteien sind seit 2018 rechtskräftig geschieden. Während der Ehezeit hatten sie gemeinsam drei Bausparverträge bei der LBS abgeschlossen, die sie am 26.10.2022 gekündigt haben. Der Gesamtbetrag von 7.123,96 EUR ist auf ein Konto des Beklagten überwiesen worden. Die Klägerin verlangt hiervon die Hälfte.

[3] Nach vorheriger Anhörung der Parteien hat sich das Amtsgericht – Zivilgericht – Bremerhaven durch Beschl. v. 9.11.2023 für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Amtsgericht – Familiengericht – Bremerhaven verwiesen. Zur Begründung wird ausgeführt, dass das angerufene Gericht sachlich unzuständig sei, weil es sich bei dem Verfahren um eine sonstige Familiensache im Sinne des § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG handele. Dazu werden weitere Ausführungen gemacht.

[4] Durch Beschl. v. 15.1.2024 hat sich Amtsgericht – Familiengericht – Bremerhaven für funktionell unzuständig erklärt und das Verfahren unter Ablehnung der Übernahme an das Amtsgericht – Zivilgericht – Bremerhaven zurückverwiesen. Zur Begründung wird ausgeführt, dass es sich hier nicht um eine sonstige Familiensache nach § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG, sondern um ein zivilgerichtliches Verfahren handele. Der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts – Zivilgericht – Bremerhaven entfalte keine Bindungswirkung, da dieser offensichtlich willkürlich sei.

[5] Durch Beschl. v. 6.2.2024 hat das Amtsgericht – Zivilgericht – Bremerhaven die Akte dem Hanseatische Oberlandesgericht in Bremen zur Entscheidung über die Zuständigkeit gemäß § 36 Abs. 1, 2 ZPO analog vorgelegt.

II. [6] Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO (i.V.m § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG) liegen nicht vor, da diese Vorschriften hier nicht anwendbar sind.

[7] 1. Nach § 17a Abs. 6 GVG ist bei einem Streit über die Zuständigkeit innerhalb des Zivilrechtsweges ein Zuständigkeitsbestimmungsverfahren auf Vorlage eines Gerichts nicht mehr eröffnet. Vielmehr gelten § 17a Abs. 1 bis 5 GVG nach § 17 Abs. 6 GVG auch für die in bürgerlichen Rechtstreitigkeiten, Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeiten zuständigen Spruchkörper in ihrem Verhältnis untereinander (OLG Hamm, Beschl. v. 18.5.2010 – II-2 Sdb (FamS) Zust 14/10, juris Rn 2; OLG Frankfurt, Beschl. v. 20.6.2022 – 1 SV 2/22, juris Rn.10, jeweils m.w.N.). Ein Beschluss zur Verweisung des Rechtsstreits an das Gericht eines anderen Rechtswegs unter Erklärung der Unzulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs ist einer weiteren Überprüfung entzogen, sobald er unanfechtbar geworden ist. Sofern die Beteiligten hiergegen nicht gemäß § 17a Abs. 6, Abs. 4 Satz 3 GVG erfolgreich das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde eingelegt haben, wird die Verweisung für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, hinsichtlich des Rechtswegs im Grundsatz gemäß § 17a Abs. 2 S. 3 GVG bindend (BGH, Beschl. v. 14.5.2013 – X ARZ 167/13, juris Rn 9; BGH, Beschl. v. 19.5.2015 – X ARZ 61/15, juris Rn 9). Diese Bindungswirkung entfällt – anders bei Verweisungsbeschlüssen gemäß § 281 ZPO – auch nicht ohne weiteres, wenn sich die Verweisung als objektiv willkürlich erweist (BGH, Beschl. v. 29. 4.2014 – X ARZ 172/14, juris Rn 12; BGH, Beschl. v. 19.5.2015 – X ARZ 61/15, juris Rn 9; Zöller/Lückemann, ZPO, 35. Aufl., § 17a GVG Rn 13, jeweils m.w.N.). Für eine analoge Anwendung des § 36 Abs. 1 Ziff. 6 ZPO zur Begründung einer Entscheidungszuständigkeit des Senats über die Beschwerdemöglichkeit hinaus verbleibt insoweit kein Raum (OLG Hamm, a.a.O. Rn 7; OLG Frankfurt, a.a.O.; Rn 11 m.w.N.).

[8] 2. Zwar wird eine – deklaratorische – Zuständigkeitsbestimmung in analoger Anwendung des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO (i.V.m. § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG) dann für zulässig gehalten, wenn anderenfalls eine funktionierende Rechtspflege nicht mehr gewahrt wäre, weil es innerhalb eines Verfahrens und im Rahmen eines negativen Kompetenzkonfliktes zu Zweifeln unter den Gerichten über die Bindungswirkung einer Verweisung gekommen ist und extreme Verstöße gegen die den Rechtsweg und seine Bestimmung regelnden materiell- und verfahrensrechtlichen Vorschriften in Betracht kommen (BGH, Beschl. v. 14.5.2013 – X ARZ 167/13, juris Rn 13; BGH, Beschl. v. 19.5.2015 – X ARZ 61/15, juris Rn.11; BGH, Beschl. v. 8.12.2016, juris Rn 16; OLG Frankfurt, a.a.O., Rn 12, jeweils m.w.N.).

[9] Ein solcher Fall ist hier jedoch nicht gegeben, denn der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts – Zivilgericht – Bremerhaven ist gemäß § 17a Abs. 6, Abs. 2 S. 3 FamFG bindend für das Amtsgericht – Familiengericht – Bremerhaven. Insbesondere war die Verweisung nicht, wi...

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