Das Eckpunktepapier sieht weiter vor, dass das Familiengericht bei Anhaltspunkten von Gewalt gegenüber dem Kind und/oder dem anderen Elternteil diesen nachzugehen hat und etwaige Gewalt umfassend und systematisch aufzuklären hat.[112] Ferner hat es eine diesbezügliche Risikoanalyse vorzunehmen. Liegt Gewalt vor, soll eine Beschränkung oder ein Ausschluss des Umgangs in Betracht kommen, um eine konkrete Gefährdung des gewaltbetroffenen Elternteils abzuwenden. Ebenso soll die Einrichtung einer Umgangspflegschaft geprüft werden.[113] Auch die Aufrechterhaltung oder Einrichtung des gemeinsamen Sorgerechts soll bei Partnerschaftsgewalt regelmäßig nicht in Betracht kommen.[114]
Mit diesen geplanten Änderungen wird im Ergebnis zunächst nur geregelt, was ohnehin schon gilt. Der Amtsermittlungsgrundsatz des § 26 FamFG verpflichtet das Familiengericht schon jetzt, den für die Entscheidung relevanten Sachverhalt festzustellen. Hierzu gehört selbstverständlich auch die Aufklärung, ob es Gewalt in der Familie gegeben hat und welche Auswirkungen diese auf die betroffenen Personen hat, sofern dies zur Beurteilung des Kindeswohls von Relevanz ist.
Dass bei festgestellter Gewalt – und zwar auch, soweit es den anderen Elternteil betrifft – in der Regel die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge nicht in Betracht kommt und auch das Umgangsrecht ggfs. einzuschränken oder auch auszuschließen ist, gilt ebenfalls schon jetzt.[115] Soweit es die Umgangspflegschaft betrifft, wird diese in Fällen von Gewalt bereits jetzt eingesetzt, um eine direkte Kommunikation zwischen den Eltern zu vermeiden.[116]
Da Art. 31 der Istanbul Konvention[117] allerdings fordert, gesetzliche Maßnahmen zu treffen, um gewalttätige Vorfälle bei Entscheidungen über das Besuchs- und Sorgerecht berücksichtigen zu können,[118] erscheint die im Eckpunktepapier angedachte gesetzliche Klarstellung sinnvoll.
Unabhängig hiervon bleibt das Dilemma, dass es ohne ärztliche Befunde meist Aussage gegen Aussage steht, so dass die Frage des tatsächlichen Vorliegens von Gewalt nicht selten unaufgeklärt bleibt. Hieran kann und wird der Gesetzgeber nichts ändern können. Eine Beweislastumkehr zu Lasten des der Gewalt beschuldigten Elternteils sollte jedenfalls nicht stattfinden.[119]
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