Ebenso besteht keine Dispositionsbefugnis der Beteiligten in allen Amtsverfahren,[129] in denen schon Anträge nach § 24 FamFG nur Anregungen zur Einleitung des Verfahrens darstellen. Liegen die materiell-rechtlichen Voraussetzungen vor und gelangen zur Kenntnis des Gerichts, besteht eine Pflicht, das Verfahren einzuleiten.[130] Das Amtsverfahren ist der Grundsatz im FamFG, wenn das Gesetz keine besondere Regelung trifft.[131] Das Gericht bestimmt hier den Verfahrensgegenstand eigenständig.[132] Antragsrücknahmen und Erledigungserklärungen beenden das Verfahren also nicht.[133]

Auch Vergleiche sind grundsätzlich nicht möglich, was § 36 Abs. 1 FamFG schon im Wortlaut mit dem Verweis auf die notwendig bestehende Verfügungsbefugnis über den Verfahrensgegenstand deutlich macht.[134] Auch hier finden sich aber im Gesetz Ausnahmen. Keine Ausnahme bildet insoweit aber der praxisrelevante Umgangsvergleich. So beendet in Umgangsverfahren ein Vergleich das Verfahren gerade nicht, sondern erst der gerichtliche Beschluss nach § 156 Abs. 2 FamFG, der den Vergleich gerichtlich billigt, wenn er dem Kindeswohl nicht widerspricht.[135] Weitere Wirksamkeitsanforderungen an einen Vergleich ergeben sich in Versorgungsausgleichssachen aus §§ 68 VersAusglG.[136]

Der Beitrag wird im nächsten Heft fortgeführt.

Autor: Rechtsanwalt Dr. Fritz Rolf Osthold, Pinneberg

FF 3/2024, S. 108 - 116

[129] Prütting/Helms/Ahn-Roth, FamFG, 5. Aufl. 2020, § 22 Rn 4; Sternal/Sternal, FamFG, 21. Aufl. 2023, FamFG § 23 Rn 9. Bsp. sind z.B. §§ 1666 ff. BGB (OLG FamRZ 2018, 1015; OLG Jena FamRZ 2019, 821).
[130] Sternal/Sternal, FamFG, 21. Aufl. 2023, § 24 Rn 4; OLG München FamRZ 2021, 1384. Die Entscheidung des Gerichts, ein Verfahren nicht einzuleiten, ist nicht anfechtbar, BGH FGPRrax 2012, 169.
[131] OLG Frankfurt FamRZ 2012, 570; OLG Hamm FamRZ 1982, 94; Sternal/Sternal, FamFG, 21. Aufl. 2023, FamFG § 23 Rn 8; MüKo-FamFG/Ulrici, 3. Aufl. 2018, FamFG § 23 Rn 6.
[132] MüKo-FamFG/Ulrici, 3. Aufl. 2018, § 23 Rn 11.
[133] Vgl. zum praxisrelevanten Umgangsverfahren der rechtlichen Eltern nach § 1684 BGB, OLG Frankfurt NZFam 2022, 225; OLG Köln FamRZ 2022, 369; OLG Braunschweig FamRZ 2020, 1189.
[134] Prütting/Helms/Abramenko, FamFG, 5. Aufl. 2020, § 36 Rn 8.
[135] BGH FamRZ 2019, 1616: "Erst durch die Billigung des Gerichts tritt eine Erledigung des Verfahrensgegenstands ein"; vgl. weiter BeckOK FamFG/Schlünder, 47. Ed. 1.8.2023, § 156 Rn 17; OLG Frankfurt, FamRZ 2014, 53 mit dem weiteren Hinweis, dass ohne einen Billigungsbeschluss nach § 156 Abs. 2 BGB auch keine Kostenentscheidung ergehen kann. Umstritten ist in Umgangssachen die Reichweite der materiellen Dispositionsbefugnis. Unklar ist dies bei Umgangspflegschaften (e.A. möglich, vgl. Prütting/Helms/Hammer, 5. Aufl. 2020, § 156 Rn 60a; a.A. nicht möglich: OLG Braunschweig FamRZ 2020, 1189) und Umgangsbegleitungen Umgangsausschlüsse, vgl. dazu insgesamt MüKo-FamFG/Schumann, 3. Aufl. 2018, § 156 Rn 17a; Prütting/Helms/Hammer, FamFG, 5. Aufl. 2020, § 156 Rn 60a.
[136] Sternal/Jokisch, 21. Aufl. 2023, FamFG § 36 Rn 3.

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