Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen. Begriff ‚Umgangsrecht’. Umgangsrecht der Großeltern

 

Normenkette

Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 Art. 1 Abs. 2 Buchst. a, Art. 2 Nrn. 7, Art. 2 Nrn. 10

 

Beteiligte

Valcheva

Neli Valcheva

Georgios Babanarakis

 

Tenor

Der Begriff „Umgangsrecht” nach Art. 1 Abs. 2 Buchst. a sowie nach Art. 2 Nrn. 7 und 10 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 ist dahin auszulegen, dass er das Umgangsrecht der Großeltern mit ihren Enkelkindern umfasst.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Varhoven kasatsionen sad (Oberstes Kassationsgericht, Bulgarien) mit Entscheidung vom 29. Mai 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 6. Juni 2017, in dem Verfahren

Neli Valcheva

gegen

Georgios Babanarakis

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter C. G. Fernlund (Berichterstatter), J.-C. Bonichot, A. Arabadjiev und S. Rodin,

Generalanwalt: M. Szpunar,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek, J. Vláčil und A. Kasalická als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch Y. G. Marinova und M. Wilderspin als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 12. April 2018

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 (ABl. 2003, L 338, S. 1).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Neli Valcheva, wohnhaft in Bulgarien, und ihrem früheren Schwiegersohn, Herrn Georgios Babanarakis, wohnhaft in Griechenland, wegen eines Umgangsrechts von Frau Valcheva mit ihrem Enkelkind.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

In den Erwägungsgründen 2, 5 und 12 der Verordnung Nr. 2201/2003 heißt es:

„(2) Auf seiner Tagung in Tampere hat der Europäische Rat den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen, der für die Schaffung eines echten europäischen Rechtsraums unabdingbar ist, anerkannt und die Besuchsrechte als Priorität eingestuft.

(5) Um die Gleichbehandlung aller Kinder sicherzustellen, gilt diese Verordnung für alle Entscheidungen über die elterliche Verantwortung, einschließlich der Maßnahmen zum Schutz des Kindes, ohne Rücksicht darauf, ob eine Verbindung zu einem Verfahren in Ehesachen besteht.

(12) Die in dieser Verordnung für die elterliche Verantwortung festgelegten Zuständigkeitsvorschriften wurden dem Wohle des Kindes entsprechend und insbesondere nach dem Kriterium der räumlichen Nähe ausgestaltet. …”

Rz. 4

Art. 1 „Anwendungsbereich”) der Verordnung bestimmt:

„(1) Diese Verordnung gilt, ungeachtet der Art der Gerichtsbarkeit, für Zivilsachen mit folgendem Gegenstand:

  1. die Ehescheidung, die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes und die Ungültigerklärung einer Ehe,
  2. die Zuweisung, die Ausübung, die Übertragung sowie die vollständige oder teilweise Entziehung der elterlichen Verantwortung.

(2) Die in Absatz 1 Buchstabe b) genannten Zivilsachen betreffen insbesondere:

a) das Sorgerecht und das Umgangsrecht,

…”

Rz. 5

Art. 2 „Begriffsbestimmungen”) der Verordnung sieht in den Nrn. 1 und 7 bis 10 vor:

„Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

1. ‚Gericht’ alle Behörden der Mitgliedstaaten, die für Rechtssachen zuständig sind, die gemäß Artikel 1 in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fallen;

7. ‚elterliche Verantwortung’ die gesamten Rechte und Pflichten, die einer natürlichen oder juristischen Person durch Entscheidung oder kraft Gesetzes oder durch eine rechtlich verbindliche Vereinbarung betreffend die Person oder das Vermögen eines Kindes übertragen wurden. Elterliche Verantwortung umfasst insbesondere das Sorge- und das Umgangsrecht;

8. ‚Träger der elterlichen Verantwortung’ jede Person, die die elterliche Verantwortung für ein Kind ausübt;

9. ‚Sorgerecht’ die Rechte und Pflichten, die mit der Sorge für die Person eines Kindes verbunden sind, insbesondere das Recht auf die Bestimmung des Aufenthaltsortes des Kindes;

10. ‚Umgangsrecht’ insbesondere auch das Recht, das Kind für eine begrenzte Zeit an einen anderen Ort als seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort zu bringen”.

Rz. 6

Art. 8 „Allgemeine Zuständigkeit”) der Verordnung bestimmt in Abs. 1:

„Für Entscheidungen, die die elterliche Verantwortung betreffen, sind die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig, in dem das Kind zum Zeitpunkt der Antrags...

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