Da die Bildung einer Erhaltungsrücklage stets ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, hat auch ein jeder Wohnungseigentümer nach § 19 Abs. 2 Nr. 4 WEG hierauf einen Anspruch.[1] Ist eine Rücklage nicht gebildet, kann er deren Bildung grundsätzlich gerichtlich durchsetzen. Zwingend erforderlich ist allerdings, dass der Wohnungseigentümer zunächst die übrigen Wohnungseigentümer mit seinem Begehren konfrontiert und eine entsprechende Beschlussfassung initiiert hat. Ausnahmsweise wird dies dann nicht erforderlich sein, wenn von vornherein feststeht, dass die Mehrheit eine Rücklagenbildung nicht wünscht. Dann kann der Wohnungseigentümer das Gericht unmittelbar bemühen.

Will ein Wohnungseigentümer die Bildung einer Erhaltungsrücklage gerichtlich durchsetzen, muss er eine Beschlussersetzungsklage nach § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG erheben. Hierbei handelt es sich um ein Verfahren nach § 43 Abs. 2 Nr. 4 WEG. Zuständig ist streitwertunabhängig die Abteilung für Wohnungseigentumssachen des Amtsgerichts des Belegenheitsorts der Wohnanlage. Das Gericht übt dann das den Wohnungseigentümern eingeräumte Ermessen aus. Wurde der vom (klagenden) Wohnungseigentümer initiierte Beschlussantrag mehrheitlich abgelehnt, kann er den entsprechenden Negativbeschluss nach § 44 Abs. 1 Satz 1 WEG anfechten und seine Klage mit einem Antrag auf Beschlussersetzung nach § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG verbinden, er muss dies jedoch nicht, sondern kann isoliert Klage auf Beschlussersetzung erheben.

 

Bestandskraft eines Negativbeschlusses

Auch wenn sich die Wohnungseigentümer mehrheitlich gegen die Bildung einer Erhaltungsrücklage ausgesprochen haben und ein entsprechender Negativbeschluss nicht innerhalb der Anfechtungsfrist des § 45 Satz 1 WEG einer richterlichen Überprüfung unterzogen wurde, entfaltet ein derart "bestandskräftiger" Negativbeschluss keine Sperrwirkung, gerichtet auf eine künftige Beschlussfassung über die Bildung einer Erhaltungsrücklage. Stets kann zu jedem Zeitpunkt erneut über die Bildung einer Erhaltungsrücklage Beschluss gefasst werden. Aus diesem Grund bedarf es auch nicht einer Anfechtung des Negativbeschlusses, vielmehr kann unmittelbar eine Beschlussersetzungsklage nach § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG erhoben werden.

Grundlage der richterlichen Ermessensentscheidung sind dabei – ebenso wie bei Ermessensentscheidungen der Wohnungseigentümer – geeignete Informationen und Unterlagen. Diese hat der Wohnungseigentümer dem Gericht zu unterbreiten. Regelmäßig werden hier Angaben zu

  • Alter,
  • Größe,
  • Zustand,
  • besonderen Ausstattungsmerkmalen,
  • in der Vergangenheit durchgeführten Erhaltungsmaßnahmen

der Anlage erforderlich sein. Im Rahmen der Bemessung einer klageweise durchgesetzten Bildung bzw. Anpassung der Erhaltungsrücklage kann sich das Gericht an den Ansätzen von § 28 Abs. 2 II. BV orientieren.[2] Eine solche Orientierung kann der klagende Wohnungseigentümer auch anregen, allein dies wird ihn aber nicht vom Erfordernis detaillierter Angaben zu Alter, Ausstattung und Erhaltungsbedürftigkeit der Wohnanlage befreien. Zu berücksichtigen ist jedenfalls, dass die aktuellen gesetzlichen Werte lediglich eine Rücklage von knapp 1 EUR/m2 monatlich vorsehen, was abhängig von Alter und Ausstattung der konkreten Wohnanlage wesentlich zu gering sein kann.

Da im erstinstanzlichen Verfahren vor dem Wohnungseigentumsgericht kein Anwaltszwang herrscht, kann ein jeder Wohnungseigentümer auch ohne Beauftragung eines Rechtsanwalts Klage gegen die übrigen Wohnungseigentümer erheben. Freilich empfiehlt sich stets die Beauftragung eines Rechtsanwalts, da ggf. im Laufe des gerichtlichen Verfahrens prozessuale Hürden zu meistern sein werden, mit denen ein Wohnungseigentümer überfordert sein kann.

 

Musterklage: Klage eines Wohnungseigentümers auf Bildung einer Rücklage

An das

Amtsgericht ________________

– Abteilung für Wohnungseigentumssachen –

_________________ (Anschrift)

 
Klage

In der Wohnungseigentumssache

des/der ______________ (Name), ______________ (Anschrift)

– Kläger/in –

gegen

die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer _______________ (Straße mit Hausnummer) in ______________ (Postleitzahl und Ort), vertreten durch den Verwalter, _____________ (Name, Vertretungsverhältnisse), ____________ (Anschrift)

– Beklagte –

wegen: Beschlussersetzung; Bildung einer Erhaltungsrücklage

vorläufiger Gegenstandswert: _______ EUR

Hiermit   b e a n t r a g e   ich, gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG folgenden Beschluss zu ersetzen:

 
 

Es wird eine jährliche Erhaltungsrücklage von 11,91 EUR pro Quadratmeter Wohnfläche gebildet. Die Verteilung unter den Sondereigentumseinheiten erfolgt nach dem geltenden Verteilungsschlüssel nach Miteigentumsanteilen.

Hilfsweise   b e a n t r a g e   ich im Wege der Beschlussersetzung gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG eine richterliche Ermessensentscheidung über die Bildung einer angemessenen Erhaltungsrücklage, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird.
 
Begründung

Die Wohnungseigentümergemeinschaft verfügt über keine Erhaltungsrücklage. Weder Teilungserklärung noch Gemei...

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