Rz. 3

Jeder, der nach § 154 BewG am Feststellungsverfahren beteiligt ist, kann gegen ihn betreffende Bescheide Einspruch einlegen. Als Faustformel gilt, dass jeder, der zu Recht oder zu Unrecht einen Bescheid erhalten hat, diesen durch Einspruch angreifen kann. Eine zur Einlegung des Einspruches geltend zu machende Beschwer, § 350 AO, ist auch dann anzuerkennen, wenn die begehrte Änderung im Feststellungsbescheid für den Steuerbescheid folgenlos bleibt. Dies gilt auch für Bescheide, die nach Eintritt der Verjährung erlassen wurden, oder die nach § 125 AO nichtig sind und daher grundsätzlich ohne Wirkung bleiben. Der Einspruch gegen einen mit null EUR festgestellten Vermögenswert mit dem Ziel, einen negativen Wert zur Verrechnung mit positiven Vermögenswerten feststellen zu lassen, ist ebenfalls denkbar. Auf eine inhaltliche Beschwer i.S.d. § 350 AO ist bei Beteiligten nach § 154 Abs. 1 Nr. 2 AO, die von den Folgen des Bescheides nicht unmittelbar betroffen sind, zu verzichten, da § 155 BewG ausdrücklich die Rechtsbehelfsbefugnis aller nach § 154 BewG Beteiligten anerkennt. Nicht erforderlich ist weiter, dass der Vermögenswert dem Einspruchsführer gegenüber ausdrücklich zugerechnet wurde. Hinreichend für die Rechtsbehelfsbefugnis ist die tatsächliche Beschwer, die stets zu bejahen ist, wenn der Einspruchsführer zum Kreis der Beteiligten nach § 154 Abs. 1 BewG gehört oder der Feststellungsbescheid für den Erlass eines Steuerbescheides von Bedeutung ist, der zu seinen Lasten ergeht. Dritte, im Feststellungsbescheid nicht genannte Personen sind ausnahmsweise ebenfalls zur Einlegung des Einspruchs befugt, wenn sie geltend machen, dass sie hierdurch in ihren Rechten verletzt werden (sog. negative Feststellungsbescheide).

 

Rz. 4

Vor Einführung des § 154 Abs. 1 Nr. 3 BewG war zweifelhaft, ob der Steuerschuldner selbst dann rechtsbehelfsbefugt ist, wenn der Feststellungsbescheid sich für seine Steuerfestsetzung nur mittelbar über den Wert eines Anteils an einer Personengesellschaft auswirkt. Die Rechtsprechung[4] hat anerkannt, dass der Schuldner in diesen Fällen ebenfalls beschwert ist und die Regelung des § 350 AO nicht durch den § 155 BewG eingeschränkt wird.

 

Beispiel

A schenkt B ein Grundstück. B gibt eine Feststellungserklärung für den Grundstückswert und die Steuererklärung ab. Die Erbschaftsteuerstelle erlässt nur gegenüber B einen Feststellungs- und einen Steuerbescheid. Mit Einspruch rügt A die Unrichtigkeit des festgestellten Wertes.[5]

Die Beschwer der A ergibt sich daraus, dass A Schuldnerin der Schenkungssteuer ist. § 179 Abs. 2 S. 1 AO ist dahingehend zu verstehen, dass die Feststellung der Zurechnung für denjenigen bestimmt ist, der als Steuerschuldner in Anspruch genommen werden kann.[6]

 

Rz. 5

Mit der Neuregelung des § 154 Abs. 1 Nr. 3 AO[7] hat der Gesetzgeber zudem klargestellt, dass die Rechtsbehelfsbefugnis nicht von der Frage abhängt, welcher der in Frage kommenden Gesamtschuldner tatsächlich für die Entrichtung der Schuld in Anspruch genommen wird. Zu Recht wird eine Beschwer immer schon im Falle einer möglichen späteren Inanspruchnahme anzunehmen sein.

Aus dem Umstand, dass der Steuerschuldner Inhaltsadressat des Feststellungsbescheids ist, folgert die Rechtsprechung[8] dann zu weitgehend, dass eine Beschwer bei der Personengesellschaft, deren betriebliches Grundstück Gegenstand des Feststellungsverfahrens ist, zu verneinen ist. Eine Beschwer der Personengesellschaft ist jedenfalls unter dem Aspekt anzuerkennen, dass der festgestellte Wert nach § 151 Abs. 3 BewG als Basiswert einer Folgefeststellung herangezogen werden kann und die Personengesellschaft die Interessen seiner Anteilseigner jedenfalls auch insoweit wahrzunehmen im Stande sein muss.

 

Beispiel

A verschenkt seinen KG-Anteil an B. Zum Betriebsvermögen der KG gehört ein Grundstück. Die Erbschaftsteuerstelle erließ einen Feststellungsbescheid und rechnete das Grundstück der KG zu. A und B legten Einsprüche gegen den Feststellungsbescheid ein. Die KG beantragte die Aussetzung der Vollziehung des Feststellungsbescheides nach § 361 Abs. 3 AO.

Der BFH lehnte den Antrag mit dem Hinweis ab, dass die Zurechnung des festgestellten Grundbesitzwertes bei der KG weder steuerliche noch sonstige Belastungen auslöst.[9]

[6] Loose, EFG 2010, 1774, 1775.
[7] Steueränderungsgesetz 2015, BGBl I 2015, 1834.
[9] Beispiel nach BFH v. 29.1.2010 – II B 143/09. Das Verfahren betraf die alte Rechtslage nach § 138 Abs. 5 BewG. Der BFH hat ausdrücklich offen gelassen, ob er bei Bewertungsstichtagen nach dem 1.1.2007 ebenso entscheiden würde.

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