Verfahrensgang

LG Potsdam (Urteil vom 06.12.2022; Aktenzeichen 8 O 297/20)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 06.12.2022, Az. 8 O 297/20, unter Zurückweisung der weiter gehenden Berufung teilweise abgeändert:

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 70.000 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.11.2020 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 10/17 und der Beklagte 7/17.

5. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Jede Partei darf die Vollstreckung der jeweils gegnerischen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung der Pflichten des Beklagten als Geschäftsführer der Klägerin wegen der Auszahlung von Einmalzahlungen in Höhe von insgesamt 170.000 EUR an sich im Zeitraum zwischen November 2015 und Dezember 2019.

Die Parteien schlossen am 31.03.2000 einen Geschäftsführeranstellungsvertrag, wonach der Beklagte mit Wirkung zum 01.04.2000 als Geschäftsführer der Klägerin eingestellt wurde und ein Jahresgehalt von 60.000,00 DM bezog. Nach § 4 des Vertrages sollte jährlich ein Gespräch über die Anpassung der Vergütung stattfinden; Änderungen der Bezüge sollten einer schriftlichen Vereinbarung vorbehalten sein. Zusätzlich sollte eine Tantieme von mindestens 12.000 DM im Jahr garantiert sein. Bezüglich der Einzelheiten der Vereinbarung wird auf deren zur Akte gereichte Kopie Bezug genommen (Anlage K 2, Bl. 180 ff. der Akte).

Die Klägerin betrieb bis zum 30. April 2020 ein Unternehmen auf dem Geschäftsfeld des Kabelbaus und der Kabelmessung, plante elektrotechnische Anlagen, stellte sie her und installierte sie. Dabei erbrachte sie erforderlichenfalls auch Tiefbauleistungen. Sie befindet sich aktuell in Liquidation.

Der Beklagte war seit mindestens 2009 auch Gesellschafter der Klägerin zu 40 %. Neben ihm waren die ("Firma 01") zu 40 % und Herr ("Name 01") zu 20 % Gesellschafter der Klägerin.

Im November 2015 wies der Beklagte die Mitarbeiterin ("Name 02") an, ihm eine Einmalzahlung in Höhe von 30.000,00 Euro mit dem Gehalt für November Mitte Dezember 2015 abzurechnen und auszuzahlen. Im Jahr 2016 wies der Beklagte Frau ("Name 02") an, eine Einmalzahlung in Höhe von 35.000,00 Euro mit dem Gehalt für November Mitte Dezember 2016 abzurechnen und an ihn auszuzahlen. In den Jahren 2017 bis 2019 erfolgten in gleicher Weise Einmalzahlungen in Höhe von jeweils 35.000,00 Euro, so dass sich die hier streitgegenständlichen Einmalzahlungen auf insgesamt 170.000,00 Euro belaufen.

Die Jahresabschlüsse der Gesellschaft für 2015 und 2016 wurden festgestellt, wobei dem Geschäftsführer Entlastung erteilt wurde (Anlage B 3 und B 4, Bl. 157 ff. d.A.). Auch für das Jahr 2017 wurde dem Geschäftsführer Entlastung erteilt.

Bis zum 20.01.2020 war der Beklagte alleiniger Geschäftsführer der Klägerin. Mit Beschluss vom 26.03.2020 berief die Gesellschafterversammlung der Klägerin den Beklagten als Geschäftsführer ab und kündigte den Geschäftsführervertrag außerordentlich.

Die Gesellschaftsversammlung beschloss ausweislich des Gesellschafterbeschlusses vom 26.03.2020 die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegenüber dem Beklagten gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB.

Die Klägerin hat behauptet, der Beklagte habe als Geschäftsführer im Widerspruch zu den Vermögensinteressen der Gesellschaft auf der Grundlage einer sich selbst gewährten vertraglichen Zusage die Einmalzahlungen in Höhe von 170.000,00 Euro erhalten und dadurch die sich aus seiner Organstellung ergebenden Treuepflichten verletzt. Sie hat die Ansicht vertreten, ihr stehe ein Anspruch gegen den Beklagten nach § 43 Abs. 2 GmbHG auf Ersatz der Vermögensschäden, die aus der unbefugten Gewährung und Auszahlung der Einmalzahlungen in den Jahren 2015 - 2019 resultierten, zu. Für alle Fragen des Anstellungsverhältnisses und somit auch der Höhe der Vergütung des Geschäftsführers habe nach § 46 Nr. 5 GmbHG die Gesellschafterversammlung die umfassende und primäre Zuständigkeit. Der Beklagte habe pflichtwidrig die Gesellschafterversammlung weder eingebunden noch informiert. Bei derartigen Kompetenzüberschreitungen des Geschäftsführers habe dieser die von der Gesellschaft zur Vertragserfüllung aufgebrachten Mittel zu ersetzen, hier also den Gesamtbetrag von 170.000,00 Euro. Der Beklagte habe im gegenseitigen Einverständnis neben einer monatlichen Absicherung auch gewinnbezogenen Einkommensbestandteile erhalten, sowie die Möglichkeit am Unternehmenserfolg durch den Erhalt von Gewinnausschüttungen zu profitieren. Dementsprechend sei die vereinbarte Vergütung auch nicht unangemessen niedrig gewesen. Zu keinem Zeitpunkt sei mit ...

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