Verfahrensgang

LG Potsdam (Aktenzeichen 13 O 237/18)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 18. Dezember 2019 - 13 O 237/18 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Der Kläger macht als ehemaliger Geschäftsführer der Beklagten einen Anspruch auf Zahlung der vertraglich vereinbarten Tantieme für das Jahr 2017 in Höhe von 106.935,28 EUR geltend, gegen den die Beklagte, die ein Callcenter betreibt, die Aufrechnung mit Schadensersatzforderungen wegen verschiedener Pflicht-verletzungen erklärt hat.

Der Kläger wurde mit Beschluss vom 7. Mai 2014 zum alleinigen Geschäftsführer der Beklagten bestellt, deren Gesellschafterversammlung am 24. Juni 2014 (B1, Bl. 128f.) einen Katalog zustimmungspflichtiger Geschäfte beschloss. Im Geschäftsführerdienstvertrag vom 17. Mai 2014 (Bl. 9 ff.) war die Zahlung einer gewinnabhängigen Tantieme vereinbart. Der Kläger hielt bis zum rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Potsdam vom 31. Januar 2020 (51 O 36/18, Bl. 624 ff.) 5% der Anteile der Beklagten, Mehrheitsgesellschafterin mit 95% der Anteile war die Gesellschafterin M... K.... Unter dem 3. Mai 2018 erklärte die Beklagte aufgrund des Gesellschafterbeschlusses vom 27. April 2018 (Bl. 302 f.) die - nicht streitgegenständliche - fristlose Kündigung des Dienstverhältnisses "wegen gravierender Pflichtverletzungen", die sie unter dem 18. September 2018 wiederholte und auf einen angeblich von dem Kläger zu ihrem Nachteil begangenen Spesenbetrug in Höhe von 240 EUR stützte.

Die Beklagte hat geltend gemacht, der Anspruch des Klägers auf die der Höhe nach unstreitige Tantieme sei wegen des zu ihrem Nachteil begangenen Spesenbetrugs verwirkt, hilfsweise hat sie die Aufrechnung mit Schadensersatzforderungen erklärt. Sie stützt die zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen auf nach ihrer Ansicht von dem Kläger zu verantwortende Vertragsstrafen, die sie im Zeitraum April 2017 bis April 2018 in Höhe von insgesamt 89.888,39 EUR an ihre Kunden zahlen musste, in Höhe von 145.950,56 EUR auf Kosten für den Umbau durch den Kläger ohne Kenntnis und Beschluss der Gesellschafterversammlung gemieteter Büroräume und in Höhe von 175.496 EUR auf die seitens des Klägers für 275.496 EUR veranlasste Anschaffung einer untauglichen und überteuerten Software für das Meldungscenter, für die sie nur ein Budget von 100.000 EUR freigegeben habe.

Mit Urteil vom 18. Dezember 2019 hat das Landgericht die Beklagte zur Zahlung von 106.935,28 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19. Juli 2018 verurteilt. Wegen der tatsächlichen Feststellungen und der Begründung wird auf die angefochtene Entscheidung (Bl. 564 ff.) Bezug genommen, soweit sich nicht aus der vorliegenden Entscheidung etwas anderes ergibt.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie macht geltend, der Kläger habe seinen Anspruch auf die Tantieme für das Jahr 2017 wegen treuwidrigen Verhaltens verwirkt, indem er in zwei Fällen private Bewirtungen gegenüber der Beklagten betrügerisch als Spesen abgerechnet habe, wie er in einer Parteivernehmung in dem vor dem Landgericht Potsdam geführten Verfahren 51 O 36/18 am 10. Januar 2020 eingeräumt habe (Sitzungsprotokoll des Landgerichts vom 10. Januar 2020, Bl. 620 ff).

Sie ist der Ansicht, ihr stünden die Klageforderung übersteigende aufrechenbare Gegenforderungen zu, denn der Kläger hafte für die unstreitig in Höhe von 89.888,39 EUR im Kundenservice angefallenen Vertragsstrafen, weil er es versäumt habe, die Abläufe und die Personaleinsatzplanung bei der Beklagten so zu organisieren, dass alle Kunden vertragsgemäß betreut würden. Da der Kläger die Gesamthöhe der durch die Kunden von den Rechnungsbeträgen in Abzug gebrachten Vertragsstrafen nie bestritten habe, habe sie - die Beklagte - entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht näher dazu vorzutragen, an wen sie aufgrund welcher Fehlhandlungen wann welche Summe gezahlt habe. Zudem habe sie die angefallenen Vertragsstrafen mit der Anlage B 4 (Bl. 141) ausreichend aufgeschlüsselt. Dem Kläger als Geschäftsführer seien diese Abzüge auch bekannt. Da ein Schaden der Beklagten unbestreitbar vorliege, müsse der Kläger darlegen und beweisen, dass er seinen Sorgfaltspflichten nach § 43 Abs. 1 GmbHG nachgekommen sei und ihn kein Verschulden treffe. Dies gelte umso mehr, als der Kläger Mitarbeiter vom Kundencenter abgezogen habe, um ausschließlich das Servicecenter des Kunden V... - seinen ehemaligen Arbeitgeber - zu bedienen. Wenn der Kläger für den Neukunden V... keine ausreichenden Mitarbeiterkapazitäten zur Verfügung gehabt hätte, hätte er mit dieser über eine Reduzierung vertraglicher Pflichten verhandeln oder über...

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