Normenkette

BGB § 1638 Abs. 1, §§ 1666, 1666a, 1680 Abs. 1

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Mutter wird der Beschluss des Amtsgericht Eisenhüttenstadt vom 08.10.2018 (Az. 37 F 37/18) aufgehoben.

Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben; eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten über die Anordnung einer Ergänzungspflegschaft.

L..., geboren am ... 2008, und Li..., geboren am ... 2009, sind die Kinder der Beteiligten zu 1. und des K... . Die Ehe der Kindeseltern wurde im Jahr 2012 geschieden.

Der Kindesvater ist am ... 2016 verstorben. Er hinterließ noch zwei weitere Kinder.

Mit handschriftlichem Testament vom ... 2012 hatte der Erblasser seine beiden Töchter L... und Li... als Erben zu je 1/2 eingesetzt und Testamentsvollstreckung angeordnet. Ferner bestimmte er, dass seine geschiedene Ehefrau N... den Minimalpflichtteil aus dem Nachlass erhält, und sie kein Wohnrecht an dem Haus (in M....) besitzt.

Zum Nachlass gehören zwei (verpachtete) Apotheken, Guthaben auf Privat- und Geschäfts-konten sowie Immobilien im In- und Ausland.

Mit Beschluss vom 19.03.2018 (Az. 10 VI 304/16) hat das Amtsgericht Eisenhüttenstadt den Testamentsvollstrecker wegen Untätigkeit entlassen. Die im Testament - für den Fall des Todes des Testamentsvollstreckers - weiter benannte Person lehnte die Übernahme des Amtes ab.

Im vorliegenden Verfahren hat das Amtsgericht Eisenhüttenstadt mit Beschluss vom 08.10.2018 für beide betroffene Kinder eine Ergänzungspflegschaft angeordnet und den Beteiligten zu 2. zum Ergänzungspfleger bestellt. Der Wirkungskreis umfasst die Verwaltung des ererbten Vermögens nach dem Erblasser K... . Wegen der Begründung wird auf den Inhalt des Beschlusses verwiesen.

Gegen diesen Beschluss hat die Mutter mit einem am 12.10.2018 beim Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt, mit der sie dessen Aufhebung erstrebt. Der Erblasser habe sie (die Mutter) nicht von der Verwaltung des ererbten Vermögens ausschließen wollen. Derartiges ergebe sich nicht aus seinem Testament.

Der Ergänzungspfleger verteidigt die angefochtene Entscheidung mit näherer Begründung.

II. Die Beschwerde ist gemäß §§ 11 Abs. 1 RPflG, 58 ff. FamFG zulässig. Insbesondere ist die Mutter gegen die Anordnung der Ergänzungspflegschaft nach § 59 Abs. 1 FamFG beschwerdeberechtigt, da durch den angefochtenen Beschluss in die elterliche Sorge als Bestandteil ihres Elternrechts nach Art. 6 Abs. 2 GG eingegriffen worden ist (BGH, FamRZ 2016, 1660; FamRZ 2008, 1156).

In der Sache führt das Rechtsmittel zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.

Das Amtsgericht hat zu Unrecht für die minderjährigen Kinder eine Ergänzungspflegschaft hinsichtlich der Verwaltung des Nachlasses ihres am ... 2016 verstorbenen Vaters angeordnet.

Nach § 1909 Abs. 1 S. 1 BGB erhält, wer unter elterlicher Sorge steht, für Angelegenheiten, an denen die Eltern verhindert sind, einen Pfleger. Er erhält insbesondere einen Pfleger zur Verwaltung des Vermögens, das er von Todes wegen erwirbt, wenn der Erblasser durch letztwillige Verfügung bestimmt hat, dass die Eltern das Vermögen nicht verwalten sollen (§ 1909 Abs. 1 S. 2 BGB). Das ist hier nicht der Fall.

Die Beteiligte zu 1. ist für die betroffenen Kinder allein sorgeberechtigt. Stirbt ein Elternteil und stand die elterliche Sorge bis zu diesem Zeitpunkt - wie hier - den Eltern gemeinsam zu, so steht nach § 1680 Abs. 1 BGB die elterliche Sorge dem überlebenden Elternteil zu. Bestandteil der elterlichen Sorge ist neben der Personensorge auch die Vermögenssorge (§ 1626 Abs. 1 BGB). Sie umfasst alle tatsächlichen und rechtlichen Maßnahmen, die darauf gerichtet sind, das Kindesvermögen zu erhalten, zu verwerten und zu vermehren (Palandt/Götz, BGB, 78. Aufl., § 1626 Rz. 20). Soweit die Vermögenssorge reicht, hat der überlebende Elternteil auch die Befugnis zur Vertretung des Kindes (§ 1629 Abs. 1 S. 1, 3 BGB).

Der Beteiligten zu 1. steht die Sorge für das gesamte Vermögen der Kinder zu. Dazu gehört auch der Nachlass des am ... .2016 verstorbenen Kindesvaters. Die Vermögenssorge der Mutter ist nicht aufgrund testamentarischer Anordnung ausgeschlossen; sie kann die Kinder bezüglich des ererbten Vermögens vertreten.

Nach § 1638 Abs. 1 BGB erstreckt sich die Vermögenssorge nicht auf das Vermögen, welches das Kind von Todes wegen erwirbt, wenn der Erblasser durch letztwillige Verfügung bestimmt hat, dass die Eltern das Vermögen nicht verwalten sollen.

In dem Testament vom ... 2012 hat der Erblasser die Mutter nicht von der Vermögenssorge hinsichtlich des Nachlasses ausgeschlossen. Die letztwillige Verfügung enthält keine ausdrückliche Bestimmung, wonach das Vermögensverwaltungsrecht der Mutter beschränkt sein soll. Dies steht außer Streit. Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts ergibt sich eine derartige Beschränkung auch nicht im Wege der Auslegung des Testaments.

Das Amt...

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