Leitsatz (amtlich)

„Uragano” ist als (weiterer) Vorname für ein Mädchen zulässig (Fortführung von BayObLGZ 1994, 191).

 

Normenkette

PStG § 45 Abs. 1, § 21 Abs. 1 Nr. 4; BGB § 1626

 

Verfahrensgang

LG Kempten (Beschluss vom 28.11.1996; Aktenzeichen 4 T 2506/96)

AG Kempten (Beschluss vom 05.11.1996; Aktenzeichen 5 UR III 66/96)

 

Tenor

I. Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 werden die Beschlüsse des Amtsgerichts Kempten (Allgäu) vom 5. November 1996 und des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 28. November 1996 aufgehoben.

II. Der Standesbeamte wird angewiesen, im Geburtenbuch für das Kind der Beteiligten zu 1 die Vornamen „Uragano-Mary Sarah” einzutragen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligte zu 1 hat in ihrer Geburtsanzeige gegenüber dem Standesamt (Beteiligter zu 2) die Vornamen ihres nichtehelich geborenen Mädchens mit „Uragano Mary Sarah” angegeben. Das Standesamt hat mit Bescheid vom 2.10.1996 die Eintragung des Vornamens „Uragano” abgelehnt, weil es sich hierbei um die italienische Bezeichnung für Sturmwind und Unwetter handle und nicht um einen gebräuchlichen oder bekannten Vornamen. Hingegen könnten die Namen „Mary Sarah” eingetragen werden.

Die Beteiligte zu 1 hat hierauf beim Amtsgericht beantragt zu entscheiden, daß die Standesbeamtin die Eintragung des gewählten Namens nicht ablehnen dürfe. Den Namen „Uragano-Mary” habe sie in dem Lied eines italienischen Sängers gehört, das ihr und dem Vater des Kindes gefallen habe. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 5.11.1996 den Antrag abgelehnt, die Standesbeamtin zur Eintragung der Vornamen „Uragano-Mary Sarah” anzuweisen. „Uragano” sei als Vorname für ein Mädchen schon deshalb nicht geeignet, weil die Endung „o” in der italienischen Sprache männlich sei. Die hiergegen eingelegte Beschwerde der Beteiligten zu 1 hat das Landgericht mit Beschluß vom 28.11.1996 zurückgewiesen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1. Sie beantragt, die Beschlüsse des Amtsgerichts und des Landgerichts aufzuheben und den Standesbeamten anzuweisen, die Vornamen „Uragano-Mary Sarah” einzutragen. Den Beteiligten zu 2 und 3 wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Der Beteiligte zu 2 tritt dem Rechtsmittel entgegen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Das zulässige Rechtsmittel der Beteiligten zu 1 führt zur Aufhebung der Vorentscheidungen und zur Anweisung des Standesbeamten, die von der Mutter des Kindes gewählten Vornamen im Geburtenbuch einzutragen.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

„Uragano” könne auch in Verbindung mit einem Zusatz nicht als zulässiger Vorname angesehen werden. Daß es sich hierbei weder um einen deutschen noch einen ausländischen Vornamen handle, führe zwar nicht zur Unzulässigkeit der von der Mutter getroffenen Wahl, denn unter bestimmten Voraussetzungen könnten auch solche Wörter als Vornamen gewählt werden, die bisher nicht als solche verwendet worden sind. Das sei aber bei dem Wort „Uragano” nicht der Fall. Nach Auskunft des italienischen Generalkonsulats in München handle es sich bei diesem Wort um die italienische Bezeichnung für Sturmwind (Unwetter), also um einen Begriff, der „negativ besetzt” sei und sich schon deshalb nicht als Vorname eigne. Es fänden sich auch keine Anklänge an ähnlich klingende Vornamen. Die gewählte Bezeichnung widerspreche daher auch dem am herkömmlichen Vornamensgut gemessenen Sprachempfinden. Da der Namensteil „Uragano” als Vorname ungeeignet sei, könne auch für die von der Mutter gewählte Vornamenskombination nichts anderes gelten.

2. Die Beschwerdeentscheidung kann nicht aufrechterhalten bleiben, weil das Landgericht die Grenzen des der allein sorgeberechtigten Mutter (§ 1705 Satz 1 BGB) zustehenden Namenserteilungsrechts zu eng gezogen (vgl. BayObLGZ 1983, 305; OLG Köln StAZ 1997, 37) und damit zugleich die Schwelle für ein staatliches Eingreifen in dieses Recht zu niedrig angesetzt hat (BayObLGZ 1994, 191/192 m.w.N.).

a) Im Ausgangspunkt zutreffend führt das Landgericht aus, daß der Sorgeberechtigte bei der Namenswahl als Teil der Personensorge (§ 1626 Abs. 1 Satz 2 BGB) grundsätzlich frei und nur insoweit beschränkt ist, als diese nicht die allgemeine Sitte und Ordnung verletzen und nicht dem Kindeswohl widersprechen darf (BayObLG a.a.O. S. 193 m.w.N.).

b) Gemessen an diesen Grundsätzen sieht der Senat im Gegensatz zu den Vorinstanzen keinen hinreichenden Anlaß, den von der Beteiligten zu 1 für ihre Tochter als Vornamen gewählten Namen „Uragano-Mary Sarah” als rechtlich unstatthaft zu beanstanden.

aa) Zutreffend geht das Landgericht davon aus, daß unter bestimmten Voraussetzungen auch solche Wörter als Vornamen gewählt werden können, die bisher nicht als solche verwendet worden sind (vgl. BayObLG a.a.O. S. 194 m.w.N.). Entgegen der Meinung des Standesamts ist daher nicht entscheidend, daß „Uragano” weder im Internationalen Handbuch der Vornamen noch in anderen Namensbüchern als Vorname erwähnt ist. Es kann auch dahinstehen, ob der Begriff Sturmwind oder Unwetter „negativ besetzt” ist, wie das Landgericht...

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