Leitsatz (amtlich)

›1. § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG gilt auch für die Versagung rechtlichen Gehörs in dem Zwischenverfahren über die Ablehnung eines Richters, wenn ein Urteil auf der ungerechtfertigten Verwerfung eines Ablehnungsantrags als unzulässig oder unbegründet beruht.

2. Die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs setzt voraus, daß der Betroffene bereits im Zulassungsverfahren darlegt, was er im Falle seiner Anhörung geltend gemacht hätte.

3. Zur Zulässigkeit der Rüge der Verletzung des § 338 Nr. 3 StPO gehört die wenn nicht schon wörtliche, so doch vollständige und in sich geschlossene Mitteilung des Ablehnungsgesuches und des dieses Gesuch ablehnenden Beschlusses.

4. Der Tatrichter allein hat ohne Bindung an gesetzliche Beweisregeln und nur seinem Gewissen verantwortlich zu prüfen, ob und wie er an sich mögliche Zweifel überwinden und sich von einem bestimmten Sachverhalt überzeugen kann oder nicht. Es bestehen daher grundsätzlich keine Bedenken dagegen, daß der Tatrichter auch bei einem Bußgeld von 200 DM trotz weiten Anreiseweges zum Gerichtsort das persönliche Erscheinen eines Betroffenen zum Zwecke der Identifizierung anhand des bei einem Verkehrsverstoß gefertigten Lichtbildes für erforderlich hält.‹

 

Tatbestand

Das Amtsgericht verwarf den Einspruch des Betroffenen gegen den Bescheid der Zentralen Bußgeldstelle im Bayerischen Polizeiverwaltungsamt vom 29.7.1997, mit dem gegen den Betroffenen wegen Nichteinhaltens eines genügenden Sicherheitsabstandes eine Geldbuße von 200 DM festgesetzt worden war, ohne Verhandlung zur Sache, weil der Betroffene trotz Anordnung des persönlichen Erscheinens unentschuldigt nicht zur Hauptverhandlung erschienen sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, deren Zulassung er beantragte. Er rügte vor allem die Verletzung rechtlichen Gehörs, die er darin sieht, daß ihm vor der Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch gegen den erkennenden Richter keine Gelegenheit gegeben worden sei, zu dessen dienstlicher Äußerung Stellung zu nehmen, sowie darin, daß der Richter das persönliche Erscheinen zum Zwecke der Identifizierung anhand des gefertigten Frontfotos angeordnet habe, statt - wie beantragt - diese Identifizierung durch den ersuchten Richter durchführen zu lassen. Das Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

1. Nach § 80 Abs. 1 OWiG, Art. 1 Nr. 27 b Abs. 2 ÄndGOWiG darf die Rechtsbeschwerde nur zugelassen werden, wenn es geboten ist, die Nachprüfung des angefochtenen Urteils zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen oder das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben. Ein solcher Fall liegt hier, wie die Staatsanwaltschaft bei dem Rechtsbeschwerdegericht in ihrer Stellungnahme vom 29.5.1998 im Ergebnis zu Recht festgestellt hat, nicht vor.

2. Die Rüge des Betroffenen, sein Antrag auf Ablehnung des erkennenden Richters wegen Besorgnis der Befangenheit sei abgelehnt worden, ohne daß ihm vorher die dienstliche Äußerung des Richters zu dem Ablehnungsantrag zur Stellungnahme zugeleitet worden sei, ist unzulässig. § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG gilt zwar, wie seine Auslegung ergibt, auch für die Versagung rechtlichen Gehörs in dem Zwischenverfahren über die Ablehnung eines Richters, wenn ein Urteil auf der ungerechtfertigten Verwerfung eines Ablehnungsantrags als unzulässig oder unbegründet beruht (OLG Düsseldorf NStZ-RR 1997, 210). Die Verfahrensrüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist aber jedenfalls deshalb unzulässig, weil der Betroffene nicht dargelegt hat, was er im Falle seiner Anhörung geltend gemacht hätte. Diese Darlegung ist erforderlich, weil bereits im Zulassungsverfahren abschließend geprüft wird, ob das rechtliche Gehör verletzt worden ist (vgl. Göhler OWiG 12. Aufl. § 80 Rn. 16 c mit weiteren Nachweisen der Rechtsprechung).

3. Soweit in der Begründung der Rechtsbeschwerde auch eine Rüge der Verletzung des § 338 Nr. 3 StPO gesehen werden kann, ist diese ebenfalls unzulässig.

Eine derartige Verfahrensrüge muß die den Mangel enthaltenden Tatsachen so vollständig und genau angeben, daß das Rechtsbeschwerdegericht allein aufgrund der Rechtfertigungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensverstoß vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen erwiesen werden (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 43. Aufl. § 344 Rn. 21 m.w.N.). Zur Zulässigkeit der Rüge der Verletzung des § 338 Nr. 3 StPO gehört insbesondere die wenn schon nicht wörtliche, so doch vollständige und in sich geschlossene Mitteilung des Ablehnungsgesuches und des dieses Gesuch ablehnenden Beschlusses (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner § 338 Rn. 29 m.w.N.). An diesen Voraussetzungen fehlt es im vorliegenden Fall.

4. Die Verfahrensrüge der unzulässigen Entscheidung gemäß § 74 Abs. 2 OWiG ist zwar zulässig, aber nicht begründet. Nach § 73 Abs. 1 OWiG in der im vorliegenden Fall gültigen Fassung (§ 133 Abs. 1 OWiG i.d.F. des Gesetzes vom 26.1.1998 [BGBl I S. 156]) ist ein Betroffener zum Erscheinen in der Haupt...

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