Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuständigkeit des Versicherungsträgers für die Entschädigung eines Unfalls

 

Normenkette

RVO § 539 Abs. 1 Nr. 5, § 776 Abs. 1 Nr. 4, § 658 Abs. 2 Nr. 1

 

Tenor

  1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 26.03.1999 aufgehoben.
  2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte den Unfall des Beigeladenen zu 1) vom 21.03.1992 zu entschädigen hat.
  3. Die Beklagte hat dem Beigeladenen zu 1) die außergerichtlichen Kosten zu erstatten; im Übrigen haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten.
  4. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, welcher Versicherungsträger für die Entschädigung des Unfalls des Beigeladenen zu 1) am 21.03.1992 zuständig ist.

Der am 1977 geborene Beigeladene zu 1) trug am 21.03.1992 Einladungsschreiben im Gebiet der Gemeinde G. aus. Auf einer regennassen Wiese rutschte er aus und zog sich eine Unterschenkelspiralfraktur zu. Am 22.05.1992 zeigte die Gemeinde G. diesen Unfall dem Kläger an. Dieser befragte die Gemeinde zu weiteren Einzelheiten. Sie gab an, im Gemeindegebiet sei eine Maßnahme der Dorferneuerung im Rahmen eines Flurbereinigungsverfahrens durchgeführt worden. Mit Beschluß vom 18.06.1991 bzw. 23.07.1991 sei eine Teilnehmergemeinschaft - nachfolgend TG - gegründet worden. Dem Vorstand habe neben anderen Personen der Landwirtschaftsrat a.D. R. S. angehört. Dieser habe der Kousine des Beigeladenen zu 1) den Auftrag erteilt, Einladungen zu verteilen. Der Beigeladene zu 1) habe auf Bitten seiner erkrankten Kousine den Auftrag übernommen. Die Einladungsschreiben wurden vorgelegt. Eingeladen wurde zu einer Teilnehmerversammlung am 24.03.1992 in einem Gasthaus am Ort. Die Gemeinde G. und die TG Flurbereinigung G. (Dorferneuerung) waren als Einladende genannt. Es war ein Dia-Vortrag des Architekten O. angekündigt, mit dem die TG und die an den Kosten beteiligte Gemeinde am 16.03.1992 einen Vertrag geschlossen hatten. Unter anderem enthielt dieser Vertrag die Verpflichtung des Architekten zur Öffentlichkeitsarbeit. Zudem sollte das Amt für Landwirtschaft und Bodenkultur Deggendorf Finanzierungsmöglichkeiten für Privatmaßnahmen nach den Dorferneuerungsrichtlinien erläutern.

Am 15.12.1992 wandte sich der Kläger erstmals an die Beklagte, weil er diese für den zur Entschädigung des Unfalls des Beigeladenen zu 1) zuständigen Versicherungsträger hielt. Die Beklagte vertrat dagegen die Auffassung, die Einladung habe sich an alle Gemeindebürger gerichtet, so dass die Veranstaltung Sache der Gemeinde gewesen sei. Bei der Beklagten seien im Rahmen eines Flurbereinigungsverfahrens nur solche Personen versichert, die direkt im Auftrag des Flurbereinigungsamtes tätig würden. Mit Bescheid vom 24.02.1993 zahlte der Kläger an den Beigeladenen zu 1) eine Gesamtvergütung für die Zeit vom 22.03.1992 bis 21.03.1993 in Höhe von 3.512,80 DM. Der Kläger und die Beklagte hielten ihre unterschiedlichen Auffassungen hinsichtlich der Zuständigkeit aufrecht.

Am 22.02.1994 hat der Kläger beim Sozialgericht München beantragt festzustellen, dass die Beklagte der für die Entschädigung des streitgegenständlichen Unfalls zuständige Versicherungsträger sei. Die Beteiligten haben ihre im Verwaltungsverfahren vertretenen Auffassungen wiederholt. Das Sozialgericht hat den Verletzten mit Beschluß vom 12.01.1999 beigeladen und ihn in der mündlichen Verhandlung am 26.03.1994 angehört. Er hat erklärt, die Einladungen seien an alle Haushalte im Gemeindegebiet verteilt worden. Ob Herr S. an ihn direkt mit der Bitte herangetreten sei, die Einladungen zu verteilen, sei ihm nicht erinnerlich. Seine Eltern hätten 1992 noch einen landwirtschaftlichen Betrieb gehabt. Mit Urteil vom 26.03.1999 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat die Auffassung vertreten, die Veranstaltung vom 24.03.1992 habe der Planung des "Unternehmens" Dorferneuerung, allenfalls im weitesten Sinne auch seiner Durchführung gedient. Demnach habe der Beigeladene zu 1) auch für dieses Unternehmen gehandelt. Es lasse sich nicht begründen, der Beigeladene zu 1) habe ausschließlich oder überwiegend für die TG Einladungsschreiben verteilt. Ein Versicherungsschutz nach § 777 Nr. 4 RVO scheide aus. Der Beigeladene zu 1) habe bei seiner Tätigkeiten am Unfalltag keiner öffentlich-rechtlichen Leistungspflicht unterlegen. Ebenso scheide ein Versicherungsschutz im Rahmen des § 776 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 RVO aus, obwohl Flurbereinigungsverbände und Teilnehmergenossenschaften zu den darin erfaßten Unternehmen gehörten. Denn eine Betätigung im Rahmen dieser Unternehmen werde nur dann geschützt, wenn sie als Ganzes gesehen ausschließlich oder doch überwiegend der Sicherung, Überwachung und Vermarktung der Erzeugnisse der landwirtschaftlichen Unternehmen unmittelbar diene. Die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) sei entweder in gleicher Weise dem "Unternehmen" Gemeinde G. , nämlich als Zustellung der Einladung an alle Haushalte, oder sogar ausschließlich dem "Gesamtunternehmen" Dorferneuer...

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