Grundsätzlich ist im Rahmen der Beschlussfassung über Maßnahmen der baulichen Veränderung zu beachten, dass inhaltliche Mängel des Beschlusses durch die Veränderungssperre des § 20 Abs. 4 WEG nicht ausgeschlossen werden. Beschlüsse über bauliche Veränderungen verstoßen also nicht nur dann gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn sie zu einer grundlegenden Umgestaltung der Wohnanlage führen oder einzelne Wohnungseigentümer gegenüber anderen Wohnungseigentümern unbillig benachteiligen, sie müssen auch im Übrigen eine Ermessensentscheidung der Wohnungseigentümer ermöglichen. Insoweit entspricht auch ein Beschluss über eine gemeinschaftliche Maßnahme der baulichen Veränderung lediglich dann ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn im Vorfeld der Beschlussfassung Vergleichsangebote eingeholt wurden.[1]

Angesichts der meist hohen Kosten bei privilegierten Maßnahmen des § 20 Abs. 2 WEG oder auch sonstigen Maßnahmen der energetischen Modernisierung, werden die Grenzen der bei Maßnahmen der Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums allgemein für erforderlich gehaltenen Vergleichsangebote ohnehin regelmäßig überschritten sein.[2]

Wenn bereits bei Erhaltungsmaßnahmen mindestens 3 Angebote eingeholt werden müssen[3], gilt dies erst recht bei Maßnahmen der baulichen Veränderung. Die Angebote müssen selbstverständlich vergleichbar sein. Zu berücksichtigen ist auch, dass nicht jedes kontaktierte Unternehmen ein Angebot abgibt, weshalb ohnehin stets mehr als 3 Unternehmen angeschrieben werden sollten. Auf der anderen Seite ist es aber auch möglich, dass auf dem Anbietermarkt keine 3 Fachunternehmen zu finden sind, was insbesondere bei Maßnahmen der energetischen Modernisierung oder auch hinsichtlich des Maßnahmenkatalogs des § 20 Abs. 2 WEG der Fall sein kann.

 

Vergleichsangebote auch vor Beauftragung von Sonderfachleuten einholen

Ob Vergleichsangebote zur Beschlussfassung über eine Beauftragung von Sachverständigen eingeholt werden müssen, richtet sich nach dem voraussichtlichen Gesamtkostenvolumen der durchzuführenden Maßnahme. So müssen Vergleichsangebote vor Vergabe eines Gutachtenauftrags nicht eingeholt werden, wenn dies nur geringe Kosten auslöst, was allerdings voraussetzt, dass der voraussichtliche Gesamtkostenrahmen ungefähr geklärt ist.[4] Steht jedenfalls fest, dass die zur Durchführung kommende Maßnahme ein Kostenvolumen von mehreren 100.000 EUR haben wird, wurde es nicht beanstandet, dass ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger auch ohne Vorliegen von Vergleichsangeboten beauftragt werden konnte, da die Kosten des Gutachtens – vor dem Hintergrund der Gesamtsumme der Sanierungskosten – relativ betrachtet unerheblich seien.[5]

Im Übrigen genügt es nicht, dass die Angebote erst zum Zeitpunkt der Beschlussfassung vorliegen. Sie sind den Wohnungseigentümern vielmehr vor der Beschlussfassung mit dem Ladungsschreiben zu übermitteln. Die Wohnungseigentümer müssen nämlich in der Lage sein, die Angebote im Vorfeld der Versammlung ausreichend zu prüfen. Ggf. kann bei großen Modernisierungsmaßnahmen mit umfangreichen Angeboten auch die Übersendung eines entsprechenden Preisspiegels genügen.[6] Nach Auffassung des LG Düsseldorf[7] kann auch eine entsprechende Information mit dem Hinweis auf eine Einsichtsmöglichkeit beim Verwalter genügen.

[1] AG Hamburg-St. Georg, Urteil v. 1.7.2022, 980a C 41/21, ZMR 2022, 833.
[4] AG Marl, Urteil v. 3.11.2022, 34 C 21/21; AG Ahrensburg, Urteil v. 20.7.2021, 37a C 1/21, ZMR 2022, 408; AG Berlin-Schöneberg, Urteil v. 14.6.2018, 772 C 73/17, ZMR 2018, 870.
[7] LG Düsseldorf, Urteil v. 22.10.2014, 25 S 34/14, ZMR 2016, 795.

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