Gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WEG haben alle Wohnungseigentümer dann die Kosten einer baulichen Veränderung zu tragen, wenn sich deren Kosten innerhalb eines angemessenen Zeitraums amortisieren. Die Kostentragungspflicht besteht für alle Kosten, die auf der baulichen Veränderung beruhen, also Baukosten und Folgekosten des Gebrauchs und der Erhaltung. Eine Kostenamortisation kann bei Maßnahmen der Modernisierung und der modernisierenden Erhaltung eintreten. Für die Kostenamortisation wurde im Bereich der modernisierenden Instandsetzung nach altem Recht seit Jahrzehnten auf einen 10-Jahres-Zeitraum abgestellt.[1]

Allerdings stellt der Gesetzgeber darauf ab, dass dieser Zeitraum nicht statisch im Sinne einer zeitlichen Höchstgrenze verstanden werden könne. Vielmehr könne der Zeitraum in Abhängigkeit von der konkreten Maßnahme auch überschritten werden, um im Einzelfall zu sachgerechten Ergebnissen zu gelangen. Für Maßnahmen der baulichen Veränderung auf Grundlage von § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WEG, deren Kosten sich innerhalb eines angemessenen Zeitraums amortisieren, stellt allerdings der 10-Jahreszeitraum einer Kostenamortisation ein wichtiges Kriterium für die Ordnungsmäßigkeit eines entsprechenden Beschlusses dar.[2]

Von vornherein müssen sich nur die Aufwendungen amortisieren, die andernfalls nicht anfallen würden. Tritt also eine bauliche Veränderung an die Stelle einer sonst notwendigen Erhaltungsmaßnahme, müssen sich nur die durch die bauliche Veränderung entstehenden Mehrkosten amortisieren.

 
Praxis-Beispiel

Fensteraustausch (überwiegender Instandsetzungsbedarf)

Die Holzfenster der Wohnanlage sind mittlerweile 30 Jahre alt. Sie sind überwiegend instandsetzungsbedürftig, wenn auch einige von ihnen noch nicht. Die Wohnungseigentümer beschließen den Austausch sämtlicher vorhandener Fenster gegen Kunststofffenster mit Isolierverglasung.

Der beschlossene generelle Austausch alter Holzfenster gegen Kunststofffenster stellt dann eine Maßnahme der modernisierenden Erhaltung dar, wenn eine so hohe Zahl von Fenstern austauschbedürftig ist, dass die verbleibenden Fenster nicht ins Gewicht fallen und zum Zeitpunkt der Notwendigkeit ihres Austauschs erheblich höhere Kosten anfallen würden, als dies bei einer Miterledigung im Rahmen des Großauftrags der Fall sein würde.[3] Da die Voraussetzungen einer Kostenamortisation erfüllt sind, kann sie wie jede andere bauliche Veränderung mit einfacher Mehrheit beschlossen werden und ihre Kosten sind unproblematisch von allen Wohnungseigentümern zu tragen.

 
Praxis-Beispiel

Fensteraustausch (überwiegend kein Instandsetzungsbedarf)

Die Holzfenster der Wohnanlage sind mittlerweile 30 Jahre alt. Einige von ihnen sind instandsetzungsbedürftig, die meisten nicht. Die Wohnungseigentümer beschließen den Austausch sämtlicher vorhandener Fenster gegen Kunststofffenster mit Isolierverglasung.

Bei der Erneuerung der Fenster im Wege des Austauschs alter Holzfenster durch solche aus Kunststoff handelt es sich zunächst zweifellos um eine Modernisierungsmaßnahme. Der Austausch stellt nämlich eine Maßnahme dar, die den Gebrauchswert der Wohnanlage nachhaltig erhöht. Kunststofffenster sind gegenüber Holzfenstern haltbarer, müssen nicht gestrichen werden, verursachen damit geringere Instandhaltungskosten und verhindern auch Schimmelbildung. Des Weiteren dürften sie wohl auch eine Maßnahme der energetischen Sanierung nach § 555b Nr. 1 BGB darstellen.[4] Sind nur wenige Fenster von ihnen instandsetzungsbedürftig, handelt es sich um eine bauliche Veränderung. Mit Blick auf eine Kostentragungspflicht aller Wohnungseigentümer, müssten sich die Kosten also innerhalb eines angemessenen Zeitraums amortisieren. Wäre dies nicht ohnehin mit Blick auf die Einsparung von Energiekosten der Fall, würde man berücksichtigen müssen, dass innerhalb eines gedachten Amortisationszeitraums wenigstens Erhaltungsmaßnahmen an den übrigen Fenstern erforderlich würden. Diese wären dann herauszurechnen. Auch in derartigen Fällen können sich also die Kosten der Austauschmaßnahme durchaus innerhalb eines Zeitraums von 10 Jahren amortisieren, womit wiederum eine Kostenverteilung unter sämtlichen Wohnungseigentümern die Folge wäre.

 

Zeitpunkt der Beschlussfassung maßgeblich

Stets ist der Erkenntnisstand der Wohnungseigentümer zum Zeitpunkt der Beschlussfassung maßgeblich. Insoweit ist den Wohnungseigentümern ein weiter Ermessensspielraum eingeräumt. Ist zum Zeitpunkt der Beschlussfassung jedenfalls absehbar, dass eine Kostenamortisation eintreten wird, genügt dies für die Ordnungsmäßigkeit des Beschlusses. Nicht erforderlich ist, dass eine Amortisation tatsächlich eintritt.[5]

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