rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

örtliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichts. vorübergehender Auslandseinsatz, Arbeitsverhältnis, vorübergehende Versetzung, Entsendung in das Ausland, gewöhnlicher Arbeitsort

 

Leitsatz (amtlich)

1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit ist grundsätzlich die Zustellung der Klageschrift (Klageerhebung), § 261 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 ZPO.

2. Gewöhnlicher Arbeitsort iSd. § 48 Abs. 1a ArbGG ist derjenige Ort, an dem der Arbeitnehmer auf Dauer tatsächlich tätig wird. Mit dem Tatbestandsmerkmal „gewöhnlich” sollen Veränderungen des Arbeitsorts, die gleichsam zufällig und kurzfristig im Zeitpunkt der Klageerhebung vorliegen, ausgeglichen werden.

3. Wurde der Arbeitnehmer kurz vor Zustellung der Klage vorübergehend an einen anderen Arbeitsort versetzt und soll er in absehbarer Zeit an den bisherigen Arbeitsort zurückkehren, so steht ihm der Gerichtsstand des Arbeitsorts nach § 48 Abs. 1a ArbGG an seinem bisherigen (und künftigen) Einsatzort durchgängig offen, wenn die Versetzung nicht wesentlich länger als einen Monat andauert. Dieser Interimszeitraum muss kurz bemessen sein, weil währenddessen zugleich der Gerichtsstand des Arbeitsorts an dem nur vorübergehenden Einsatzort gerade nicht eröffnet ist, was der gesetzgeberischen Zielsetzung an sich widersprechen würde, wonach der Arbeitnehmer an seinem jeweiligen tatsächlichen Arbeitsort Klage erheben kann.

4. In den übrigen Fällen, in denen der Arbeitnehmer nicht nur kurzfristig seinen bisherigen Arbeitsort verlässt, verbleibt es dabei, dass § 48 Abs. 1a ArbGG im Zeitpunkt der Klageerhebung lediglich am tatsächlichen Arbeitsort einen Gerichtsstand eröffnet, denn die Norm will neben dem Gerichtsstand des Erfüllungsorts nach § 29 ZPO lediglich einen unkompliziert zu ermittelnden zusätzlichen besonderen Gerichtsstand eröffnen. Hierfür ist allein auf den Zeitpunkt der Klageerhebung abzustellen, nicht auf die Lebens- und Arbeitsumstände des Arbeitnehmers lange davor oder lange danach.

5. Die Tatbestandsvariante „zuletzt gewöhnlich verrichtet hat” in § 48 Abs. 1a ArbGG bezieht sich auf beendete Arbeitsverhältnisse, nicht auf die Verlagerung des Arbeitsorts in das Ausland.

6. Ist ein Nebensitz entsprechend § 17 Abs. 3 iVm. § 17 Abs. 1 Satz 2 ZPO weder vorgetragen noch ersichtlich, so ist der maßgebliche Gerichtsstand des Fiskus gemäß § 18 ZPO am Sitz der zuständigen Behörde auch dann, wenn einzelne Abteilungen dieser Behörde in einen anderen Gerichtsbezirk ausgelagert sind.

 

Normenkette

ArbGG § 48 Abs. 1a; ZPO § 261 Abs. 1; Zpo § 261 Abs. 3 Nr. 2; ZPO § 18

 

Tenor

1. Das Arbeitsgericht Koblenz ist örtlich nicht zuständig

2. Der Rechtsstreit wird an das örtlich zuständige Arbeitsgericht Köln verwiesen.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin war bei der Beklagten auf der Grundlage des Arbeitsvertrags vom 1. April 2011 und der Ergänzungsvereinbarung vom 18. März 2013 als Sozialarbeiterin beschäftigt. Die Beklagte ist die ….

Bis in das Jahr 2015 war die Klägerin am Dienststandort der Beklagten in Montabaur tätig (Bl. 17 d.A).

Das … hat seinen Hauptsitz in Köln (…str., 50737 Köln). Innerhalb des … ist das Referat V 1.2 mit der Prozessführung im Bereich der Arbeitsgerichtsprozesse zentral befasst. Die Abteilung V – Personalführung Zivilpersonal – hat ihren „Sitz” in Sankt Augustin (…str., 53757 St. Augustin).

Gemäß Ziffer 101 Buchst. a) der Zentralen Dienstvorschrift A-2170/24 Übertragung der Vertretungsbefugnis der … auf ressorteigene Behörden in gerichtlichen Prozessen und anderen Verfahren (Vertretungsanordnung …) idF vom 22. Oktober 2015 (GMBl. S. 1335) wird dem … für das Personalmanagement der … vorbehaltlich anderer Regelungen (Zentrale Dienstvorschrift A-1430/2 „Durchführung von Verfahren vor den Arbeitsgerichten”) für ihren Zuständigkeitsbereich die Vertretung der … in Verfahren vor Gerichten übertragen (vgl. dazu auch Zöller/Vollkommer 31. Aufl. ZPO § 18 Rn. 12).

Gemäß Ziffer 201 der Zentralen Dienstvorschrift A-1430/2 (Bl. 149 ff. d.A) gilt für die behördeninterne Zuständigkeit in Ermangelung einer gesonderten Regelung die Zentrale Dienstvorschrift A-2170/24 „Übertragung der Vertretungsbefugnis der … auf ressorteigene Behörden in gerichtlichen Prozessen und anderen Verfahren (Vertretungsanordnung …)”.

Die Beklagte sah für die Klägerin eine Versetzung für die Dauer von 5 Jahren an den Dienstort Reston (USA) vor (Bl. 148 d.A), weshalb die Klägerin ab dem 24. August 2015 als Sozialarbeiterin entsprechend in Reston für die …verwaltungsstelle USA und Kanada eingesetzt wurde (Bl. 4 d.A).

Mit Schreiben vom 9. Juni 2017 ordnete die Beklagte die vorzeitige Rückversetzung der Klägerin vom bisherigen Dienstort in Reston (USA) nach Deutschland an und zwar mit Wirkung vom 1. Oktober 2017 beim …dienstleistungszentrum Aachen, Nörvenich (Bl. 5 d.A).

Mit der am 13. September 2017 beim ArbG Koblenz eingereichten Klage (Hauptanträge), die am 21. September 2017 zugestellt wurde, wendet sich die Klägerin insbesondere gegen diese Weisung und ferner verlan...

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