Rz. 67

Dies betrifft Ansprüche des Streitverkünders gegen Dritte, die alternativ statt des im Vorprozess Verklagten als Schuldner der eingeklagten Leistung oder von Schadensersatz in Betracht kommen. Ein Beispiel ist die Streitverkündung des Bauherrn an den Baubetreuer im Prozess gegen den Bauunternehmer wegen behaupteter Baumängel.[96] Die alternativen Ansprüche brauchen weder auf derselben Rechtsgrundlage zu beruhen noch nach Inhalt und Umfang identisch zu sein. Erforderlich ist nur, dass sie im Ergebnis auf dasselbe Ziel gerichtet sind.[97] Von § 72 ZPO nicht erfasst werden die Fälle kumulativer Haftung. In dem Prozess des Bauherrn gegen einen Bauunternehmer wegen eines Mangels kann der Bauherr nicht dem Architekten deshalb den Streit verkünden, weil dieser als Gesamtschuldner wegen eines Fehlers der Bauüberwachung ebenfalls für den Mangel haften müsse. Die vollständige gesamtschuldnerische Haftung ist der typische Fall einer kumulativen Haftung, bei der die Streitverkündung ausscheidet. Allerdings kann der verklagte Bauunternehmer dem Architekten den Streit verkünden. Denn der Ausgleichsanspruch aus § 426 BGB ist im Verhältnis zwischen Unternehmer und Architekt ein auf Schadloshaltung gerichteter Anspruch.[98] Zulässig ist die Streitverkündung des Bauherrn bei möglicher gesamtschuldnerischer Haftung mehrerer jedoch dann, wenn die Haftung eines von mehreren Gesamtschuldnern begrenzt ist, weil dieser dem Berechtigten ein Mitverschulden entgegenhalten kann (Fall der teilweisen Alternativhaftung). Beruht ein Mangel auf einem Fehler des bauausführenden Unternehmers und auf einer fehlerhaften Planung des Architekten, muss sich der Bauherr das Mitverschulden des Architekten im Prozess gegen den Bauunternehmer anrechnen lassen. Der Bauherr kann dem Architekten wegen des Anteils, um den er wegen des Mitverschuldens unterliegt, in dem Prozess gegen den Unternehmer den Streit verkünden.

[96] BGH v. 22.12.1977 – VII ZR 94/96 – BGHZ 70, 187 = NJW 1978, 378 = BauR 1978, 148.
[97] BGH v. 9.10.1975 – VII ZR 130/73 – BGHZ 65, 127 = NJW 1976, 39.

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