Rz. 1

Nach dem E-Government-Gesetz[1] sollen die Behörden des Bundes ihre Akten elektronisch führen, § 6 EGovG.[2] Die Länder haben eigene E-Government-Gesetze, so z.B. Bayern.[3] Mit dem Onlinezugangsgesetz (OZG)[4] regelt der Gesetzgeber in wenigen Bestimmungen die Verpflichtung des Bundes und der Länder, bis spätestens zum 31.12.2022 ihre Verwaltungsleistungen auch elektronisch über Verwaltungsportale anzubieten, § 1 Abs. 1 OZG. Dabei sind Bund und Länder verpflichtet, ihre Verwaltungsportale miteinander zu einem Portalverbund zu verknüpfen, § 1 Abs. 2 OZG. Das OZG nutzt viele neue Begrifflichkeiten, die in § 2 OZG definiert werden. Der Portalverbund stellt dabei die technische Verknüpfung der Verwaltungsportale von Bund und Ländern, über den der Zugang zu Verwaltungsleistungen auf unterschiedlichen Portalen angeboten wird, dar, § 2 Abs. 1 OZG. Ein Verwaltungsportal wiederum bezeichnet ein bereits gebündeltes elektronisches Verwaltungsangebot eines Landes oder des Bundes mit entsprechenden Angeboten einzelner Behörden, § 2 Abs. 2 OZG. Definiert werden in § 2 Abs. 3 bis 7 OZG zudem die Begriffe "Verwaltungsleistungen"; "Nutzer" (natürliche und juristische Personen, Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann, und Behörden); "Nutzerkonto"; "IT-Komponenten" sowie der Begriff "Postfach". Sowohl die Verwendung von Nutzerkonten als auch eines Postfachs ist für die Nutzer freiwillig. 575 Leistungen sollen bis Ende 2022 online umgesetzt werden.[5] All dies setzt natürlich auch die Bearbeitung über eine E-Akte voraus. Der "Druck zu Digitalisierung" ist dabei vom Gesetzgeber durch Pflichtenkataloge für die Behörden vorangetrieben worden.

 

Rz. 2

Die verpflichtende Einführung der elektronischen Akte in der Justiz tritt in zahlreichen Gesetzen zum 1.1.2026 in Kraft.[6] Spätestens ab diesem Datum muss jede neu anzulegende Akte als E-Akte angelegt werden. Sicherlich wird es aufgrund der in mancher Hinsicht zwingenden materiell-rechtlichen Schriftform auch weiterhin hier und da bei Rest-Papierakten bleiben; im Großen und Ganzen ist aber die Reise hin zur zeitnahen Digitalisierung auf den Weg gebracht.

 

Rz. 3

Für die Anwälte gibt es bisher keine gesetzliche Pflicht, auf E-Akten umzustellen. Allerdings ist aus Nachweisgründen dringend zu empfehlen, alle ein- und ausgegangenen beA-Nachrichten "als solche" zu archivieren. Da macht es natürlich Sinn, diese auch gleich in der dazugehörigen E-Akte zu speichern. Der reine Ausdruck enthaltener Anhänge einer Nachricht wird nicht für ausreichend erachtet. Schließlich sind auch Eingangsbestätigungen und Prüfprotokolle aus Nachweiszwecken zwingend zu archivieren. So wird man unseres Erachtens auch in der Anwaltschaft über kurz oder lang nicht um die E-Akte herumkommen.

 

Rz. 4

Dass grundsätzlich eine Pflicht zur Handaktenführung besteht, ergibt sich aus dem anwaltlichen Berufsrecht. Gem. § 50 Abs. 1 S. 1 BRAO muss ein Rechtsanwalt durch das Führen von Handakten ein geordnetes und zutreffendes Bild über die Bearbeitung seiner Aufträge geben können. § 50 Abs. 4 BRAO regelt ergänzend, dass die Abs. 1 bis 3 des § 50 BRAO entsprechend gelten, sofern sich der Rechtsanwalt zum Führen von Handakten oder zur Verwahrung von Dokumenten der elektronischen Datenverarbeitung bedient. Darüber hinaus bleiben getroffene Regelungen zu Aufbewahrungs- und Herausgabepflichten in anderen Vorschriften unberührt, § 50 Abs. 5 BRAO. Jede Art der Aktenführung hat sich dabei aber u.a. auch an § 203 StGB, dem BDSG und der DSGVO zu orientieren.

 

Rz. 5

In vielen Kanzleien wird schon heute mit E-Akten gearbeitet. Spätestens, seit die elektronische Einreichverpflichtung, siehe § 3 dieses Werks, zum 1.1.2022 in Kraft getreten ist, stellen sich viele Kanzleien um. Es handelt sich natürlich nicht um eine wissenschaftliche Studie, aber die regelmäßige Befragung zahlreicher Seminarteilnehmer ergibt in etwa das folgende Bild: Während ein Teil (ca. ¼) bereits mit "reiner E-Akte" arbeitet, hängen manche noch an einer vollständigen Papierakte (ebenfalls ca. ¼). Der Großteil (etwa ½) arbeitet mit einer "Hybridakte", das bedeutet, neben einer E-Akte (z.B. über die Anwaltssoftware) werden wichtige Unterlagen wie z.B. Schriftsätze in der Papierakte geführt. Bei solchen Hybrid-Akten kann es dann geschehen, dass weder die Papierakte noch die E-Akte ein vollständiges Bild abgeben, die "Akte" jeweils also nur unvollständig ist und erst eine Zusammenführung zu einem vollständigen Aktenbild führt. Zudem kommt es auch nicht selten vor, dass wiederum manche Dokumente doppelt zu finden sind. Dass dieser permanente Medienbruch mit Datenverlusten und Verlusten der Versandinformationen (z.B. elektronischer Signaturen oder Eingangsbestätigungen) verbunden sein kann und ein nicht unerhebliches Haftungsrisiko darstellt, haben viele Kanzleien noch nicht entdeckt. Dabei würde doch gerade die zwingende elektronische Einreichpflicht die Gelegenheit bieten, die eigenen Organisationsstrukturen einmal gründlich zu überdenken und auf "moderne Füße" zu...

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