Rz. 60
Abrechnungsbeispiel
Der Auszubildende wird fristlos gekündigt. Er beauftragt einen Rechtsanwalt, welcher zunächst vergeblich versucht, außergerichtlich den Arbeitgeber zur Rücknahme der Kündigung zu bewegen. Danach ruft er den zuständigen Schlichtungsausschuss bei der Kreishandwerkerschaft an. Nach erfolglosem Schlichtungstermin erhebt der Rechtsanwalt Klage vor dem ArbG. In der mündlichen Verhandlung wird ein Vergleich geschlossen.
Rz. 61
Anm: Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit ergibt sich aus § 42 Abs. 2 GKG (ehemals § 12 Abs. 7 ArbG). Der Auszubildende hat ein Vierteljahreseinkommen von 2.400 EUR.
Gem. § 17 Nr. 7 RVG liegen drei verschiedene Angelegenheiten vor:
▪ | außergerichtliche Tätigkeit (Nr. 2300 VV RVG), |
▪ | Tätigkeit im Güte- oder Schlichtungsverfahren (Nr. 2303 VV RVG) und |
▪ | Tätigkeit im Rechtsstreit (Nr. 3100 ff. VV RVG). |
Für die Abwehr der Kündigung erhält der Rechtsanwalt eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG zuzüglich Auslagen nach Nr. 7000 ff. VV RVG sowie Postentgeltpauschale nach Nr. 7002 VV RVG.
Für die Tätigkeit vor dem Ausschuss fällt eine weitere Geschäftsgebühr nach Nr. 2303 Nr. 2 VV RVG i.H.v. 1,5 an. Es gibt hier keinen Ermessensspielraum. Diese Gebühr steht der Höhe nach fest. Werden weitere streitigen Punkte mit einbezogen, verbleibt es gleichfalls bei einer 1,5 Geschäftsgebühr nach Nr. 2303 Nr. 2 VV RVG. Eine anteilige Geschäftsgebühr für einen sog. Mehrvergleich (in Anlehnung an Nr. 2101 Nr. 2 VV RVG) gibt es bei der Geschäftsgebühr Nr. 2303 Nr. 2 VV RVG nicht, so dass sich die Gebühr bei miteinbezogenen streitigen Punkten insgesamt nach einer 1,5-Gebühr nach Nr. 2303 Nr. 2 VV RVG richtet. Eine Reduzierung der 1,5 Geschäftsgebühr bei beispielsweise vorzeitiger Erledigung kommt gleichfalls nicht in Betracht. Auf diese Gebühr ist die Hälfte der vorangegangenen Geschäftsgebühr anzurechnen, höchstens jedoch mit dem Gebührensatz von 0,75 (Anm. zu Nr. 2303 VV RVG). Auch hier dürfen erneut Auslagen und Postentgeltpauschale nicht vergessen werden. Kommt es zu einem Gütetermin im Schlichtungsverfahren, fällt keine Terminsgebühr an. Hierfür kann keine gesonderte Vergütung abgerechnet werden. Hinzu kommt allenfalls eine Einigungsgebühr, wenn in dem Schlichtungsverfahren eine vergleichsweise Einigung getroffen wird. Diese richtet sich nach Nr. 1000 VV RVG.
Das Klageverfahren ist eine eigene Angelegenheit. Der Rechtsanwalt erhält die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG. Die Geschäftsgebühr für das Ausschussverfahren wird zur Hälfte angerechnet (Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 VV RVG). Angerechnet wird in diesen Fällen nur die letzte Geschäftsgebühr (Vorbem. 3 Abs. 4 S. 2 VV RVG).
Abrechnung:
Außergerichtliche Tätigkeit (Streitwert: 2.400,00 EUR)
1,3 Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG | 288,60 EUR |
Postentgeltpauschale Nr. 7002 VV RVG | 20,00 EUR |
Summe netto: | 308,60 EUR |
Schlichtungsverfahren (Streitwert: 2.400,00 EUR)
1,5 Geschäftsgebühr, Nr. 2303 Nr. 1 VV RVG | 333,00 EUR |
gem. Anm. zu Nr. 2303 VV RVG anzurechnen 0,65 Geschäftsgebühr zu I.1. | – 144,30 EUR |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG | 20,00 EUR |
Summe netto: | 208,70 EUR |
Rechtsstreit (Streitwert: 2.400,00 EUR)
1,3 Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG | 288,60 EUR |
gem. Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 VV RVG anzurechnen 0,75 Geschäftsgebühr zu II.1. | – 166,50 EUR |
1,2 Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG | 266,40 EUR |
1,0 Einigungsgebühr, Nr. 1003 VV RVG | 222,00 EUR |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG | 20,00 EUR |
Summe: | 610,50 EUR |
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