Rz. 27

Der Versicherungsfall, in der Bedingungssprache als "Rechtsschutzfall" bezeichnet, ist Grundvoraussetzung für die Entstehung des Rechtsschutzanspruchs.

Gem. § 4 Abs. 1 Buchst. c ARB 2010 (2.4.3. ARB 2012) tritt der Rechtsschutzfall für den Bereich des Arbeitsrechtsschutzes dann ein, wenn der Versicherungsnehmer oder ein anderer einen Verstoß gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften begangen hat oder begangen haben soll. Mit dem letzten Halbsatz ist klargestellt, dass der bloße Vorwurf eines solchen Verstoßes genügt. Nach der Rechtsprechung des BGH ist genauer maßgeblich, dass das Vorbringen des Versicherungsnehmers in der Hauptsache (erstens) einen objektiven Tatsachenkern – im Gegensatz zu einem bloßen Werturteil – enthält, mit dem er (zweitens) den Vorwurf eines Rechtsverstoßes verbindet, worauf er dann (drittens) seine Interessenverfolgung stützt (sog. "Dreisäulentheorie" oder "Drei-Säulen-Modell").[58] Auf die Schlüssigkeit, Substanziiertheit oder Entscheidungserheblichkeit des Vorwurfs kommt es nicht an. Dies ist vielmehr eine Frage der Erfolgsaussichten.

Nach der genannten Vorschrift ist weitere Voraussetzung für den Versicherungsschutz, dass der Rechtsschutzfall während der Laufzeit des Rechtsschutzversicherungsvertrags und erst nach Ablauf von drei Monaten ab Versicherungsbeginn (Wartezeit) eingetreten ist.

Mit dieser zeitlichen Abgrenzung soll nach Möglichkeit sichergestellt werden, dass vorvertragliche Geschehnisse[59] (ebenso wie nachvertragliche Ereignisse) vom Versicherungsschutz ferngehalten werden.

[58] Grundlegend BGH v. 19.11.2008 – IV ZR 305/07, NJW 2009, 365, Rn 20 ff.; Harbauer, § 4 Rn 49 ff., 67 ff.; Prölss/Martin, § 5 Rn 50 ff.; gilt auch im Passivprozess vgl. zusammenfassend dazu Karczewski, r+s 2022, 361.
[59] Zur Intransparenz der sog. Vorerstreckungsklausel BGH v. 4.7.2018 – IV ZR 200/16, NJW 2018, 2710.

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