Rz. 563

Verfahrenskostenvorschuss stellt eine besondere Form des Sonderbedarfs dar.[600] Hierfür ist eine gesonderte gesetzliche Regelung geschaffen worden.

Eine Kostenvorschusspflicht besteht gegenüber nicht getrenntlebenden Ehegatten nach § 1360a Abs. 4 BGB und zwischen Lebenspartnern nach § 12 S. 2 LPartG.

Getrenntlebende Ehegatten sind einander ebenfalls, und zwar "nach Billigkeit" verfahrenskostenvorschusspflichtig, §§ 1361 Abs. 4 S. 4, 1360 a Abs. 4 BGB.[601]

Geschiedene Ehegatten sind einander ebenso wenig kostenvoschusspflichtig wie Lebenspartner nach Aufhebung ihrer Partnerschaft. Eine entsprechende Anwendung des § 1361 Abs. 4 BGB auf geschiedene Ehegatten oder frühere Lebenspartner kommt nicht in Betracht.[602] Solche Kosten sind nicht Teil des Lebensbedarfs i.S.v. § 1578 Abs. 1 S. 2 BGB. Auch die sonstigen Vorschriften über Sonderbedarf sind nicht anwendbar. Der Gesetzgeber hat ausdrücklich durch gesetzliche Normierung Ansprüche auf Verfahrenskostenvorschuss auf miteinander zusammenlebende oder getrennt voneinander lebende, jedoch noch im Ehestand lebende Partner beschränkt sowie parallel auf die entsprechende Situation von Lebenspartnern.[603]

Danach ist ein Ehegatte bzw. Lebenspartner verpflichtet, die Kosten eines Rechtsstreits des anderen Ehegatten vorzuschießen, soweit dieser Rechtsstreit

eine persönliche Angelegenheit des anderen Ehegatten oder Lebenspartner betrifft und
soweit die vorläufige Kostentragung der Billigkeit entspricht.
 

Rz. 564

Der Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss geht dem Anspruch auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe vor, weil es nicht vertretbar ist, die Allgemeinheit im Wege der Verfahrenskostenhilfe zur Finanzierung von persönlichen Streitigkeiten zwischen Ehegatten auch dann in Anspruch zu nehmen, wenn das Familieneinkommen zur Verfahrensfinanzierung ausreicht.[604]

 

Rz. 565

Voraussetzungen für eine Verfahrenskostenvorschusspflicht sind:

Rechtsstreit über eine persönliche Angelegenheit, wozu auch bestimmte Strafverfahren gehören, § 1360a Abs. 4 S. 2 BGB;
Erfolgsaussicht und fehlende Mutwilligkeit;
Bedürftigkeit des Berechtigten;
Leistungsfähigkeit des Verpflichteten.
 

Rz. 566

Im Einzelnen:

Persönliche Angelegenheiten sind alle Rechtsstreitigkeiten, bei denen eine Verbindung zur betroffenen Person besteht. Damit sind alle Familiensachen nach § 111 FamFG erfasst, insbesondere Verbund verfahren einschließlich der Folgesachen, aber auch isolierte Familiensachen, insgesamt

1. Ehesachen,[605]
2. Kindschaftssachen,
3. Abstammungssachen,
4. Adoptionssachen,
5. Wohnungszuweisungs-und Hausratssachen,
6. Gewaltschutzsachen,
7. Versorgungsausgleichssachen,
8. Unterhaltssachen,
9. Güterrechtssachen,
10. Sonstige Familiensachen,
11. Lebenspartnerschaftssachen.

Ebenso sind alle familienrechtlichen Streitigkeiten erfasst, vermögensrechtliche Ansprüche mit personenbezogener Funktion (z.B. Unterhalt, Schmerzensgeld) und insgesamt alle Ansprüche aus § 266 FamFG.

Nicht erfasst sind rein vermögensrechtliche Streitigkeiten, z.B. aus Gesellschaftsrecht, aus Miet- und Pachtzinsforderungen.[606]

 

Rz. 567

Erfolgsaussicht und fehlende Mutwilligkeit sind erforderlich, weil Vorschuss nur soweit geschuldet wird, als dies der Billigkeit entspricht. Es kommt daher auf eine positive Erfolgswahrscheinlichkeit an. Die Billigkeit entfällt sowohl bei aussichtslosen Verfahren, die als mutwillig anzusehen sind, z.B. weil keinerlei Vollstreckungsaussichten bestehen. Darüber hinaus muss hinreichende Erfolgsaussicht für das Verfahren bestehen. Insoweit gilt derselbe Maßstab für die Verfahrenskostenvorschusspflicht wie auch für die Verfahrenskostenhilfe.[607] Dieser Maßstab erscheint auch richtig, da eine vernünftige Partei den Vorschusspflichtigen auch nur in Anspruch nehmen wird, wenn hinreichende Erfolgsaussicht für ein Verfahren besteht.

 

Rz. 568

Der Berechtigte muss auch bedürftig sein. Nicht bedürftig ist er, wenn er die Mittel bei einem lange voraussehbaren Prozess rechtzeitig hätte ansparen können. Der Berechtigte kann sich allerdings – wie auch der Verpflichtet – auf die Wahrung seines angemessenen Bedarfs berufen und ist nicht auf seinen notwendigen Bedarf zu verweisen. Dabei muss der Berechtigte allerdings nur bereite Mittel einsetzen. Soweit dies möglich ist, kann aber auch verlangt werden, dass der Berechtigte nicht liquides Vermögen, z.B. Grundstücke, beleiht.

Der Anspruch muss auch rechtzeitig vor Beginn des Rechtsstreits geltend gemacht worden sein.[608]

 

Rz. 569

Der Verpflichtete muss leistungsfähig sein. Er kann sich – wie der Berechtigte – auf seinen angemessenen Selbstbehalt berufen, da es sich nur um einen Billigkeitsanspruch handelt.[609] Den Vermögensstamm muss der Verpflichtete – wie der Berechtigte – zur Finanzierung nicht angreifen, soweit dies zu erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen führen würde.

 

Rz. 570

 

Hinweis

Sowohl für den Berechtigten als auch für den Verpflichteten ist der Gesichtspunkt der Billigkeit maßgebend; deshalb gilt der Grundsatz, dass in die Bedürftigkeit geringere...

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