Rz. 58

An dieser Stelle soll noch ein Problem aufgezeigt werden. Nicht selten kann man beobachten, dass die Vergütungsrechnungen bei mehreren Auftraggebern so aufgestellt werden, dass zuerst die jeweilige Betriebsgebühr als "Grundgebühr" berechnet und dann eine weitere "Erhöhungsgebühr" oder "Zusatzgebühr" erhoben wird. So sollte man nicht verfahren, da diese Art der Berechnung häufig nur zu unnötigen Verwirrungen führt und auch nicht dem Wortlaut der Nr. 1008 VV RVG entspricht. Dort ist vorgeschrieben, dass sich die Betriebsgebühr für jeden weiteren Auftraggeber um 0,3 erhöht, was heißt, dass jeweils nur eine einzige erhöhte Betriebsgebühr erwächst. Deshalb sollte die Erhöhung nur gemäß dem nachstehenden Beispiel berechnet werden. Dies ist so, auch wenn manche Anwaltssoftware das anders zeigt.

 

Merke:

Bei mehreren Auftraggebern erhöht sich die jeweils entstandene Betriebsgebühr und es erwächst nur eine einzige erhöhte Gebühr. "Erhöhungsgebühren" kennt das RVG nicht.

 

Beispiel:

Eine Erbengemeinschaft von 3 Erben führt einen Prozess wegen einer Forderung von 1.000,00 EUR. An den 1.000,00 EUR sind alle Auftraggeber gemeinsam beteiligt. Nach einem Verhandlungstermin ergeht das Urteil. Es wird eine Verfahrensgebühr für insgesamt 3 Auftraggeber berechnet:

Gegenstandswert: 1.000,00 EUR

 
1,9

erhöhte Verfahrensgebühr gem. §§ 2, 13, 7 RVG, Nrn. 3100, 1008 Anm. Abs. 1 VV RVG

(Anm.: einschließlich Erhöhung für 2 weitere Auftraggeber: 2 x 0,3 = 0,6)
167,20 EUR
1,2 Terminsgebühr gem. §§ 2, 13 RVG, Nr. 3104 VV RVG 105,60 EUR
20 %

Pauschale für Post- und Telekommunikationsentgelte

gem. § 2 Abs. 2 S. 1 RVG, Nr. 7002 VV RVG
20,00 EUR
    292,80 EUR
19 % USt. gem. § 2 Abs. 2 S. 1 RVG, Nr. 7008 VV RVG 55,63 EUR
    348,43 EUR

In diesem Beispiel wird gemäß vorstehendem Berechnungsschema in fünf Schritten vorgegangen:

(1) Die Ausgangsgebühr ist in diesem Fall eine 1,3 Verfahrensgebühr.
(2) Die Anzahl der weiteren Auftraggeber beträgt 3 – 1 = 2.
(3) Für die 2 weiteren Auftraggeber wird die Erhöhung berechnet (2 x 0,3 = 0,6).
(4) Die berechnete Erhöhung ist nicht zu kürzen, da sie nicht mehr als 2,0 beträgt.
(5) Sodann wird die einheitliche erhöhte Verfahrensgebühr errechnet (1,3 + 0,6 = 1,9).

Die Terminsgebühr wird natürlich nicht erhöht, da sie keine Betriebsgebühr ist.

 

Beispiel:

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft von 8 Personen lässt den Hausverwalter als ihren Vertreter einen RA mit der Führung eines Prozesses in der Berufungsinstanz beauftragen. Gegenstandswert 4.400,00 EUR. Im Verfahren wird streitig verhandelt und ein Gutachten erstattet.

Es werden wieder Vorüberlegungen in fünf Schritten angestellt:

(1) Die Ausgangsgebühr ist in diesem Fall eine 1,6 Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3200 VV RVG.
(2) Die Anzahl der weiteren Auftraggeber beträgt 8 – 1 = 7.
(3) Für die 7 weiteren Auftraggeber wird die Erhöhung berechnet (7 x 0,3 = 2,1).
(4) Die berechnete Erhöhung ist auf 2,0 zu kürzen, da sie mehr als 2,0 beträgt.
(5) Sodann wird die einheitliche erhöhte Verfahrensgebühr errechnet (1,6 + 2,0 = 3,6).

Die Terminsgebühr wird natürlich nicht erhöht, da sie keine Betriebsgebühr ist.

Gegenstandswert: 4.400,00 EUR

 
3,6

erhöhte Verfahrensgebühr gem. §§ 2, 13, 7 RVG, Nrn. 3200, 1008 Anm. Abs. 1 VV RVG

(Anm.: einschließlich Erhöhung für 7 weitere Auftraggeber: 7 x 0,3 = 2,0 max.)
1.202,40 EUR
1,2 Terminsgebühr gem. §§ 2, 13 RVG, Nr. 3202 VV RVG 400,80 EUR
20 %

Pauschale für Post- und Telekommunikationsentgelte

gem. § 2 Abs. 2 S. 1 RVG, Nr. 7002 VV RVG
20,00 EUR
    1.623,20EUR
19 % USt. gem. § 2 Abs. 2 S. 1 RVG, Nr. 7008 VV RVG 308,41 EUR
    1.931,61 EUR

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