Rz. 10

Selbstverständlich wirkt sich der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit auf die Einordnung der Tätigkeit innerhalb des Gebührenrahmens aus. Um die 1,3 Regelgebühr der Geschäftsgebühr überschreiten zu können, muss der übliche Umfang eines anwaltlichen Mandates überschritten worden sein.

Besonders die zeitliche Komponente ist hier ausschlaggebend. Dabei zählen sämtliche Zeitaufwendungen im Zusammenhang mit dem Mandat, insbesondere auch die Besprechung mit Mandanten, Gegnern oder Dritten und deren Vorbereitung,[6] Literaturrecherchen,[7] Verfassen und Prüfen von Anschreiben, der Umfang der Schriftsätze[8] und anderer Aktenbestandteile, zusätzlicher Aufwand für den Kontakt mit bestimmten Mandanten und auch die Prüfung von Gutachten,[9] die Wahrnehmung von Besichtigungsterminen nebst Anreise, Stellung eines Befangenheitsantrages gegen den Richter oder Erhebung einer Dienstaufsichtsbeschwerde[10] und anderes. Nicht berücksichtigt werden darf der besondere Aufwand im Umgang mit dem Rechtsschutzversicherer.[11]

 

Praxistipp:

Je größer der Zeitaufwand ist, desto größer ist auch die Rechtfertigung für eine Abweichung von der Regelgebühr nach oben. Es ist daher dringend zu empfehlen, sich anzugewöhnen, den zeitlichen Aufwand mit jedem Mandat zu dokumentieren.

Gerade der Mietrechtler weiß, dass der zeitliche Aufwand für die Prüfung von Betriebskostenabrechnungen in keinem Verhältnis zu der zu erwartenden Vergütung steht. Dies gilt umso mehr, als der BGH das Recht auf Zusendung von Belegkopien bis auf wenige Ausnahmen abgelehnt hat.[12] Dem Rechtsanwalt, der also nach der ohnehin umfangreichen Prüfung auch noch Einsicht in die Abrechnungsunterlagen beim Vermieter vornimmt, kann also durchaus die maximale 2,5-Gebühr aus diesem Gebührenrahmen zustehen.

 

Rz. 11

Zur späteren Darlegung des Aufwandes empfiehlt es sich, konsequent und für jede Akte eine Stundenaufstellung zu führen. Hier sollten alle wesentlichen Umstände der Tätigkeit dokumentiert werden. Datum, minutengenauer Beginn und Ende der Handlungen, sowie eine aussagefähige Beschreibung der Tätigkeit sollten dokumentiert werden. Hilfreich ist es hier, wenn man die entsprechenden Funktionen der Anwaltssoftware oder entsprechende kleinere Tools aus dem Internet nutzt. Aus Datenschutzgesichtspunkten sollte man jedoch darauf achten, dass die Aufzeichnungen im eigenen Netzwerk verbleiben und ebenso gut geschützt sind, wie die übrigen Daten aus dem Mandat.

Als Anhaltspunkt für den erhöhten Zeitaufwand kann auch der Umfang der Akte herangezogen werden. Im Strafrecht ist diese Vorgehensweise durchaus üblich.[13] Auch wenn der Umfang der Akte keinen direkten Aufschluss auf den Arbeitsaufwand zulässt, ist die Wirkung als Argumentationshilfe nicht von der Hand zu weisen.

[6] Enders, RVG für Anfänger, Rn 176.
[7] LG Wuppertal, AnwBl 1985, 160.
[8] M.w.N. Baumgärtel in Baumgärtel/Hergenröder/Houben, RVG, § 14 Rn 9.
[9] Onderka/N. Schneider in Schneider/Wolf, RVG, § 14 Rn 31.
[10] LG Köln BRAGOreport 2001, 74.
[12] BGH, Urt. v. 8.3.2006 – VIII ZR 78/05, www. bundesgerichtshof.de.
[13] OLG Hamm NJW-RR 1998, 356; OLG Dresden AGS 2000, 109; OLG Nürnberg AnwBl 2000, 56.

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