Rz. 29

Im Formular für den Gerichtsvollzieherauftrag kann der Gläubiger die Zustellung z.B. des Titels oder eines Schriftstücks in Auftrag geben. Die Nutzung des Formulars ist allerdings nicht vorgeschrieben, wenn der Gläubiger ausschließlich einen Zustellungsauftrag erteilen will, § 1 Abs. 2 GVFV.

 

Rz. 30

Bisher ist der Zustellungsauftrag in Modul D des Formulars für einen Gerichtsvollzieherauftrag aufgenommen. Zum Zeitpunkt der Drucklegung befinden sich neu strukturierte Formulare im Verordnungsverfahren, die lt. Auskunft des BMJ im September 2022 noch in diesem Jahr den Bundesrat passieren sollen. Die bisherige GVFV und ZVFV sollen aufgehoben werden; es wird nur noch eine einheitliche ZVFV geben. Die nicht verpflichtende Nutzungsmöglichkeit des Formulars bei reinen Zustellungsaufträgen soll beibehalten werden. Die Formulare werden nicht nur – wie bisher – als ausfüllbare PDF-Formulare zur Verfügung gestellt. Beabsichtigt ist zudem, diese Formulare zu einem etwas späteren Zeitpunkt als xml-Datei (Strukturdatensätze) zur Verfügung zu stellen (geplant bisher neun Monate nach dem ersten Tag, der auf die Verkündung folgt, somit voraussichtlich frühestens ab dem 3. Quartal 2023).

 

Rz. 31

In der Vergangenheit kam es immer wieder zu unterschiedlicher Rechtsprechung über die Frage, ob dem Gerichtsvollzieher zur Zustellung Dokumente auch in elektronischer Form übergeben werden dürfen.[24] Der Gesetzgeber hat zum 1.1.2022[25] erhebliche Änderungen im Bereich des Zustellungsrechts in § 193 ZPO vorgenommen und einen neuen § 193a ZPO eingeführt, siehe dazu auch § 15 Rdn 252 in diesem Werk sowie Rdn 15 in diesem Kapitel.

 

Rz. 32

Bei § 193 ZPO ist das Ziel die Zustellung eines Schriftstücks durch den Gerichtsvollzieher, welches durch die Partei entweder in Papierform oder aber als elektronisches Dokument an den Gerichtsvollzieher übermittelt wird. Bei dieser Zustellungsform erhält der Zustellungsadressat somit "Papier". Übermittelt die Partei dem Gerichtsvollzieher das zuzustellende Dokument in Papierform, so erfolgt dies zusammen mit den erforderlichen Abschriften, die von der Partei bzw. ihrem anwaltlichen Vertreter jedoch nicht zu beglaubigen sind. Vielmehr fertigt der Gerichtsvollzieher gem. § 193 Abs. 1 S. 2 ZPO die Beglaubigungen für die von der Partei vorgelegten Abschriften. Fehlende Abschriften kann der Gerichtsvollzieher selbst herstellen. "Kann" bedeutet jedoch nicht "Muss". Der Gerichtsvollzieher könnte somit hier auch von der Partei die Übermittlung der fehlenden Abschriften verlangen. Dabei ist davon auszugehen, dass bei Anfertigung der erforderlichen Abschriften eine entsprechende Dokumentenpauschale gem. Nr. 700 KV GVKostG i.H.v. 0,50 EUR für die ersten 50 Seiten je Seite berechnet wird (jede weitere Seite 0,15 EUR).

 

Rz. 33

Übermittelt die Partei ein elektronisches Dokument, das durch den Gerichtsvollzieher als Schriftstück zugestellt werden soll, muss dies auf einem sicheren Übermittlungsweg geschehen. Rechtsanwälte können hierfür ihr besonderes elektronisches Anwaltspostfach (beA) gem. § 130a Abs. 4 Nr. 2 ZPO nutzen und den Zustellungsauftrag an das elektronische Bürger- und Organisationenpostfach (eBO) des Gerichtsvollziehers übermitteln. In diesem Fall fertigt der Gerichtsvollzieher die erforderlichen Abschriften als Ausdrucke selbst und beglaubigt diese.

 

Rz. 34

 

Praxistipp

Die Beglaubigung eines Schriftstücks durch den Gerichtsvollzieher zum Zweck der Zustellung löst die Gebühr in Höhe der Dokumentenpauschale nach Nr. 700 KV GVKostG pro Seite aus, siehe dazu Nr. 102 KV GVKostG! Sofern also der Gerichtsvollzieher erforderliche Abschriften sowohl herstellt als auch diese beglaubigt, fallen pro Seite Kosten i.H.v. 1,00 EUR an.

 

Rz. 35

§ 193a ZPO regelt die Zustellung von elektronischen Dokumenten. Auch hier übermittelt die Partei dem Gerichtsvollzieher das zuzustellende Dokument. Hat die Partei das zuzustellende Dokument bereits, z.B. vom Gericht, als elektronisches Dokument auf einem sicheren Übermittlungsweg erhalten, so kann sie dies "1:1" als "bitgleiche Kopie" an den Gerichtsvollzieher via beA an dessen eBO ­weiterleiten, damit der Gerichtsvollzieher dies an den Zustellungsadressaten zustellen kann. Sofern die Partei jedoch das zuzustellende Dokument lediglich als Schriftstück erhalten hat, muss, damit die Zustellung als elektronisches Dokument an den Zustellungsadressaten erfolgen kann, der Ge­richtsvollzieher das Schriftstück in ein elektronisches Dokument übertragen, siehe dazu § 193a Abs. 1 S. 2 ZPO.

 

Rz. 36

 

Praxishinweis

Bei der Zustellung von elektronischen Dokumenten gem. § 193a ZPO dient die automatisierte Eingangsbestätigung als Nachweis der Zustellung. Zustellungsdatum ist dann der in der automatisierten Eingangsbestätigung ausgewiesene Zeitpunkt des Eingangs in dem vom Empfänger eröffneten elektronischen Postfach.

 

Rz. 37

Große Relevanz dürfte § 193a ZPO künftig in der Praxis in folgenden Fällen haben:

Zustellung von Titeln im Parteibetrieb, z.B. Vergleiche zur Vorbereitung der Zwangsvollstreckung.
Z...

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