Rz. 216

Bereits ein kurzer Blick auf seinen Inhalt zeigt, dass das RVG ganz überwiegend die herkömmlichen Tätigkeiten eines Rechtsanwalts als Prozessvertreter und Strafverteidiger regelt. Das RVG räumt der Vergütung der forensischen Tätigkeit breiten Raum ein. Der Anwalt, der vor allem rechtsberatend, wie etwa bei der Gestaltung von Stiftungen, tätig ist,[239] findet nur wenige Vorschriften, die seinen Vergütungsanspruch betreffen (z.B. Nr. 2300 VV RVG).[240]

 

Rz. 217

Eine wesentliche Besonderheit der Tätigkeit des beratenden Anwalts ist, dass er häufig im Rahmen von Dauermandaten tätig ist, d.h., er betreut für diese Mandanten mehr oder weniger intensiv zur gleichen Zeit verschiedene Angelegenheiten oder eben auf Dauer eine Stiftung. Ein aussagekräftiger Gegenstandswert lässt sich dabei regelmäßig nur schwer feststellen. Auch der Tätigkeitsumfang für eine konkrete Angelegenheit ist häufig schwierig abzugrenzen. Wie soll z.B. ein Besprechungstermin zwischen einem Stiftungsvorstand und dem Anwalt der Stiftung, bei dem zahlreiche Angelegenheiten einer unternehmensverbundenen Stiftung unterschiedlich intensiv angesprochen werden, honorartechnisch auf die einzelnen Angelegenheiten aufgeteilt werden? Hier hilft das im Wesentlichen streitwertorientierte RVG kaum weiter. Das Honorar nach RVG ist regelmäßig nicht angemessen. Typischerweise ist es zu niedrig, weil es dem Aufwand in keiner Weise entspricht (Beispiel: Gründung einer kleinen privaten Stiftung), oder aus demselben Grund zu hoch (Beispiel: Unternehmensnachfolgegestaltung unter Einsatz einer Stiftung). Dementsprechend ist für den Anwalt die Abrechnung nach RVG in außergerichtlichen Angelegenheiten nicht die Regel, sondern eher die Ausnahme. Der Normalfall ist das Stunden- oder das Pauschalhonorar. Letzteres trägt allerdings für beide Seiten das Risiko der Fehlkalkulation in sich.

 

Rz. 218

Honorare und Konditionen der Beratung sind heute auch Marketinginstrumente des Anwalts. Der Anwalt wird die Honorarfrage im Gespräch mit seinem Mandanten jedenfalls sinnvollerweise zu einem frühen Zeitpunkt offensiv und mit größter Selbstverständlichkeit sowie Offenheit angehen und eine schriftliche Honorarvereinbarung treffen. Beide Seiten sollten frühzeitig wissen, woran sie sind, was unangenehme Missverständnisse ausschließt.

 

Rz. 219

Zur Höhe von echten und angeblichen Rechtsanwaltsstundenhonoraren hört man die unterschiedlichsten Angaben. Es werden in kollegialen Gesprächen durchaus Stundenhonorare bis 800 EUR (netto) für die Beratung großer Unternehmen in Spezialfragen genannt. Für die Beratung von KMU (Stichwort: Unternehmensnachfolge) und von Privatpersonen (Stichwort: Stiftungen als Erben) erscheint das als eher utopisch. Für Stiftungsangelegenheiten sollte aktuell ein Stundenhonorar auch bei gemeinnützigen Stiftungen jedoch nicht unter 300 EUR (netto) liegen. Das Stiftungswesen ist eine Spezialmaterie, die regelmäßig besonderes Querschnittswissen und besondere Erfahrung erfordert.

 

Rz. 220

Der Anwalt sollte, um nicht zu hohe Honorarsummen auflaufen zu lassen, sein Honorar spätestens vierteljährlich abrechnen. Eine monatliche Abrechnung ist grundsätzlich noch sinnvoller. Unerlässlich für ein Erfolg versprechendes Gebührenmanagement ist es, dass der Anwalt das Honorar für die von ihm erbrachte Tätigkeit seinen Mandanten nachvollziehbar verdeutlicht. "Leistungstransparenz" heißt das Stichwort. Der Anwalt wird also für erbrachte Stunden z.B. einen Tätigkeitsnachweis ("Stundenzettel") vorlegen, es sei denn, der Mandant verzichtet ausdrücklich darauf. Zudem wird er jeweils eine Gelegenheit finden, seinem Mandanten in geeigneter, zurückhaltender Form den "Mehrwert" seiner Tätigkeit zu verdeutlichen.

[239] Ausf. dazu Schiffer, in: Schiffer, § 14 Rn 1 ff.
[240] Siehe Mayer, in: Gerold/Schmidt, VV 2300 Rn 1 ff.

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