Rz. 25

Dem Berechtigten steht ein Pflichtteilsanspruch grundsätzlich nur dann zu, wenn er im Falle des Eintritts der gesetzlichen Erbfolge Erbe geworden wäre, er aber durch eine Verfügung von Todes wegen seitens des Erblassers enterbt wurde.

 

Rz. 26

Hat der Berechtigte selbst den Verlust des gesetzlichen Erbrechts herbeigeführt, z.B. durch Ausschlagung der Erbschaft nach § 1953 BGB oder bereits vor Eintritt des Erbfalls durch Erklärung eines Erbverzichts, dann führt dies i.d.R. auch zum Verlust seines Pflichtteilsrechts. Allerdings gibt es hiervon auch Ausnahmen. In den Fällen der "taktischen Ausschlagung"[45] kann der Pflichtteilsberechtigte unter den Voraussetzungen des § 2306 Abs. 1 BGB die Erbschaft ausschlagen und seinen Pflichtteilsanspruch geltend machen. Durch die Neufassung des § 2306 BGB im Rahmen der Reform des Erb- und Verjährungsrechts kommt es aber nicht mehr darauf an, ob der Pflichtteilsberechtigte eine Erbquote über oder unter seiner Pflichtteilsquote erhalten hat. Vielmehr kann jeder Pflichtteilsberechtigte, der mit Beschränkungen und Beschwerungen i.S.v. § 2306 BGB belastet ist, die Erbschaft ausschlagen und seinen Pflichtteilsanspruch verlangen. Für den überlebenden Ehepartner ergibt sich des Weiteren die Besonderheit, dass er im Fall des § 1371 Abs. 3 BGB grundsätzlich die Möglichkeit hat, die Erbschaft auszuschlagen und neben dem konkreten Zugewinnausgleichsanspruch seinen "kleinen" Pflichtteil geltend zu machen.

 

Rz. 27

Ist der Pflichtteilsberechtigte aufschiebend bedingt oder auflösend bedingt zum Nacherben eingesetzt (bspw. auch im Falle einer einer Wiederverheiratungsklausel zugrunde liegenden konstruktiven Vor- und Nacherbschaft), kann er einen Pflichtteilsanspruch nur geltend machen, wenn er die Nacherbeneinsetzung fristgerecht ausgeschlagen hat.[46]

 

Rz. 28

Nicht pflichtteilsberechtigt ist daher:

wer sein Erbe ausgeschlagen hat, mit Ausnahme der §§ 2306, 1371 Abs. 3 BGB,
wer auf sein Erb- und Pflichtteilsrecht verzichtet hat (§ 2346 BGB),
derjenige, auf den sich der Verzicht auswirkt (§ 2349 BGB),
derjenige, dem ein Pflichtteilsrecht wirksam entzogen wurde (§§ 2333 ff. BGB),
wer für erb- und pflichtteilsunwürdig[47] erklärt wurde (§§ 2345 ff. BGB) oder
wer einen vorzeitigen Erbausgleich vereinbart hat (§ 1934a BGB a.F.).
[45] Vgl. Kerscher/Tanck, ZAP 1997, 689.
[46] Vgl. hierzu Bonefeld, ZErb 2015, 216; OLG Köln ZEV 2015, 280; Schindler, ZEV 2015, 316.
[47] Vgl. zur Erb- und Pflichtteilsunwürdigkeit bei Sterbehilfe de Leve, ZEV 2015, 682.

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