Rz. 3

Verursacht ein Unternehmer durch eine nicht fachgerechte Leistung einen Baumangel und ist der bauleitende Architekt seinen Überwachungspflichten hinsichtlich der Leistung dieses Unternehmers nicht ordnungsgemäß nachgekommen, haften Architekt und Unternehmer als Gesamtschuldner.[9] Gleiches gilt, wenn der Unternehmer eine fehlerhafte und zu einem Baumangel führende Planung des planenden Architekten ausführt, ohne gegen die als fehlerhaft erkannte oder erkennbare Planung Bedenken bei dem Besteller anzumelden.[10] In beiden Fällen sind sowohl der Architekt als auch der Unternehmer ursächlich für den Mangel oder Schaden geworden und sie haften somit als Gesamtschuldner. Zwar haftet der Unternehmer auf Mangelbeseitigung und der Architekt auf Schadensersatz. Dieser Unterschied hindert jedoch nach der Rechtsprechung des BGH die Annahme eines Gesamtschuldverhältnisses nicht, da das Leistungsinteresse des Bestellers identisch ist.[11] Zu beachten ist jedoch, dass nach § 650t BGB ein Planer, den der Besteller wegen eines Überwachungsfehlers als Gesamtschuldner in Anspruch nimmt, die Leistung verweigern kann, wenn auch der bauausführende Unternehmer als Gesamtschuldner für die Mängel haftet und der Besteller dem bauausführenden Unternehmer noch nicht erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung bestimmt hat. Nimmt der Besteller den Architekten auf Schadensersatz in Anspruch, kann er vom Unternehmer nicht mehr Mängelbeseitigung verlangen. Entsprechendes gilt im umgekehrten Fall. Verlangt der Besteller Schadensersatz vom Architekten, kann der Unternehmer auf diese Weise sein Nachbesserungsrecht verlieren und muss im Rahmen des Ausgleichsanspruchs nach § 426 BGB sodann an den Architekten Geld leisten. Beruht ein Mangel oder Schaden allerdings ausschließlich auf Planungsfehlern des Architekten, die der Unternehmer nicht erkennen konnte, besteht keine gesamtschuldnerische Haftung zwischen planendem Architekten und Unternehmer. Der Architekt haftet in diesen Fällen dem Besteller allein. Nimmt bei einem Gesamtschuldverhältnis zwischen Unternehmer und planendem Architekten der Besteller den Unternehmer auf Mängelbeseitigung in Anspruch, kann dieser dem Besteller gegenüber regelmäßig Mitverschulden gem. § 254 BGB einwenden, da der planende Architekt Erfüllungsgehilfe des Bestellers ist im Hinblick auf dessen Pflicht, dem Unternehmer eine ordnungsgemäße Planung zur Verfügung zu stellen.[12] Der Unternehmer haftet in diesen Fällen dem Besteller nur in Höhe seiner Mitverantwortung und das Gesamtschuldverhältnis mit dem planenden Architekten besteht nur in dieser Höhe. Nimmt bei einem Gesamtschuldverhältnis zwischen planendem Architekten und Unternehmer der Besteller den planenden Architekten in Anspruch, kann dieser kein Mitverschulden des Unternehmers gem. § 254 BGB gegenüber dem Besteller einwenden, da der Unternehmer regelmäßig nicht Erfüllungsgehilfe des Bestellers gegenüber dem Architekten ist. Der Architekt haftet in diesem Fall somit in vollem Umfang. Da der Besteller dem Unternehmer keine Bauüberwachungsleistung durch den Architekten schuldet, kann der als Gesamtschuldner in Anspruch genommene Unternehmer kein Mitverschulden des Bestellers i.S.d. § 254 BGB hinsichtlich einer unzureichenden Leistung des bauüberwachenden Architekten einwenden.[13] Der Unternehmer haftet dem Besteller somit in vollem Umfang und muss seine Ansprüche gegen den bauleitenden Architekten wegen dessen Mitverantwortung an der Entstehung des Mangels oder Schadens im Wege des Gesamtschuldnerausgleichs gem. § 426 BGB geltend machen. Keine Gesamtschuldnerschaft besteht zwischen dem objektbetreuenden Architekten (Leistungsphase 9 HOAI) und dem Unternehmer, da es an der erforderlichen Gleichstufigkeit der Verpflichtungen fehlt (BGH v. 1.12.2022 – VII ZR 90/22).

[9] BGH v. 1.2.1965 – GSZ 1/64 – NJW 1965, 1175.
[10] BGH v. 1.12.1994 – VII ZR 232/92 – BauR 1995, 231.
[11] BGH, a.a.O.
[12] BGH v. 24.5.2005 – VII ZR 328/03 – BauR 2005,1016; hat der Ausführungsfehler unabhängig vom Planungsfehler zum vollen Schaden geführt, ist dem Unternehmer der Einwand des Mitverschuldens des Bauherrn wegen Planungsfehlers abgeschnitten nach OLG Frankfurt v. 10.10.2012 – 9 U 90/11 – NZBau 2013, 232 ff.

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