Inga Leopold, Dr. iur. Jürgen Peter
Rz. 82
Bei der personenbedingten Kündigung hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat all diejenigen Umstände mitzuteilen, auf die er die Kündigung stützen will. Stimmen diese Gründe mit den Gründen überein, die zur sozialen Rechtfertigung einer personenbedingten Kündigung erforderlich sind, dann bezieht sich die Mitteilungspflicht auf all diejenigen Umstände, die sich nach den "kündigungsschutzrechtlichen Regeln" bei personenbedingten Kündigungen ergeben, also alle personenbedingt relevanten Umstände, die aus der Sicht des Arbeitgebers die soziale Rechtfertigung der Kündigung tragen. Bei der krankheitsbedingten Kündigung sind dies u.a.
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die bisherigen Fehlzeiten (Einzelauflistung, keine pauschale Mitteilung), |
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die daraus entstandenen und zu erwartenden Betriebsbeeinträchtigungen/-störungen und wirtschaftlichen Belastungen, |
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die zukünftige prognostizierte Gesundheitsentwicklung, |
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die konkret entstandenen und zu erwartenden Entgeltfortzahlungskosten. |
Rz. 83
Einschränkungen gelten insoweit natürlich, soweit der Betriebsrat die (betrieblichen) Folgen wiederholter Fehlzeiten kennt. Bei der Kündigung wegen langanhaltender Erkrankung genügt es grundsätzlich, wenn dem Betriebsrat mitgeteilt wird, seit wann der Arbeitnehmer ununterbrochen krankheitsbedingt arbeitsunfähig ist. Stützt der Arbeitgeber hierauf die negative Zukunftsprognose, bedarf es i.d.R. keiner weitergehenden Darlegung betrieblicher Beeinträchtigungen. Die Angabe der Art der Krankheit kann jedenfalls dann unterbleiben, wenn sich diese aus dem ärztlichen Attest ergibt, der Arbeitnehmer insoweit keine Angaben macht oder seinen Arzt nicht von der Schweigepflicht entbindet. Eine stufenweise Wiedereingliederung gem. § 74 SGB V ist ebenso anzugeben wie die Durchführung/Nichtdurchführung und das eventuelle Ergebnis eines betrieblichen Eingliederungsmanagements.
Rz. 84
Ggf. ist in der Anhörung zu unterscheiden, ob die Kündigung auf der Basis einer negativen Gesundheitsprognose oder einer feststehenden dauerhaften Arbeitsunfähigkeit erfolgen soll. Besonderes Augenmerk ist auf die Vollständigkeit der Darlegung der Beeinträchtigung betrieblicher Interessen zu legen. Der Arbeitgeber ist in diesem Zusammenhang gehalten, nicht nur die bisherigen Fehlzeiten und die Art der Erkrankungen mitzuteilen, sondern auch die wirtschaftlichen Belastungen und Betriebsbeeinträchtigungen, die entstanden sind und mit denen realistischerweise gerechnet werden kann.
Rz. 85
In diesen Zusammenhängen ist auch deutlich die Trennung von personenbedingten und verhaltensbedingten Gründen zu berücksichtigen. Sollte der Arbeitgeber den Fehler begehen, (entschuldigte) krankheitsbedingte sowie ggf. unzutreffend unentschuldigte Fehlzeiten miteinander zu vermischen, kann die Anhörung allein deshalb fehlerhaft sein. Der Arbeitgeber muss sich entscheiden, ob er den Betriebsrat nur zu einer krankheitsbedingten oder ggf. auch (vorsorglich) zu einer verhaltensbedingten Kündigung anhört. Dies sollte in der Anhörung deutlich gemacht werden. Liegen, wie oft bei alkoholbedingten Kündigungen oder Kündigungen wegen Schlechtleistung/krankheitsbedingter Leistungsminderung, Grenzfälle vor, ist dringend zu empfehlen, den Betriebsrat zu beiden in Betracht kommenden Alternativen anzuhören, da im Kündigungsschutzverfahren ansonsten ein Nachschieben des Kündigungsgrunds ausgeschlossen ist (vgl. unten Rdn 113 f.).
Rz. 86
Da insbesondere in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung teilweise strengere Anforderungen als in der höchstrichterlichen Rechtsprechung gestellt werden, sollte arbeitgeberseitig sehr sorgfältig zwischen "häufigen Kurzerkrankungen" einerseits und "Dauererkrankungen" mit der Folge prognostizierter dauernder Unmöglichkeit der Erbringung der Arbeitsleistung andererseits differenziert werden. Der Arbeitgeber sollte sich vor Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung darüber klar werden, ob für ihn ein Bezug zum allgemeinen Krankenstand im Betrieb für seinen Kündigungsentschluss tragend ist. Bejaht er dies, dann hat er den Betriebsrat auch über den allgemeinen Krankheitszustand im Betrieb zu informieren. Verneint er dies, ist eine entsprechende Information nicht erforderlich. Der Arbeitgeber ist ferner gut beraten, nicht nur die Zeit etwaiger häufiger Kurzerkrankungen konkret zu benennen, sondern in allen Fällen krankheitsbedingter Kündigungen die auf das Arbeitsverhältnis bezogenen Lohnfortzahlungskosten ebenfalls konkret zu beziffern.