Sabine Jungbauer, Dipl.-Ing. Werner Jungbauer
Rz. 123
Wichtiger Hinweis
Mit "Eigenversand" ist Folgendes gemeint:
Nur wenn ein Postfachinhaber im beA-System mit seinem eigenen Zugangsmittel (beA-Karte oder Software-Zertifikat) angemeldet ist und aus seinem eigenen Postfach heraus (und nicht aus einem "fremden Postfach", für das er vielleicht Berechtigungen hat) eine Nachricht versendet, wird ein vertrauenswürdiger Herkunftsnachweis (VHN) erzeugt, der im Prüfprotokoll erkennbar ist.
Rz. 124
Sendet ein Mitarbeiter oder ein Kollege aus einem fremden beA, wird kein VHN erzeugt.
Rz. 125
Abb. 12: VHN im Prüfprotokoll
Bei diesem Prüfprotokoll kann man sehr gut sehen, dass die Nachricht aus dem Postfach der Rechtsanwältin Anna Achtsam versendet wurde (siehe Absender-Zeile). Da RAin Anna Achtsam mit ihrem eigenen Zugangsmittel im beA angemeldet war und den Eigenversand vorgenommen hat, taucht unter ihrem Postfachnamen in der Zeile Absender Transportsignatur auf: VHN – besonderes elektronisches Anwaltspostfach. Diese Zeile würde fehlen, wenn z.B. die Mitarbeiterin Rita Süß oder der Kollege RA Fritz Roth aus dem Postfach der RAin Anna Achtsam einen Versand vornehmen würde. Dann würde das Absenderpostfach wieder "Anna Achtsam" anzeigen, es fehlte aber die Zeile mit dem VHN (vertrauenswürdiger Herkunftsnachweis). Der Richter, der einen Posteingang erhält, sieht diesen VHN – sofern einer vorhanden ist – in seinem Transfer- bzw. Übermittlungsprotokoll auch. Er weiß dann, wenn ein VHN vorhanden ist, dass er nun noch prüfen muss, ob auch der Name der Anna Achtsam unter dem Schriftsatz eingetippt ist (einfache elektronische Signatur plus Eigenversand aus dem beA, § 130a Abs. 3 S. 1 Alt. 2 ZPO). Fehlt der VHN, prüft das Gericht, ob eine qeS (qualifizierte elektronische Signatur) angebracht ist (z.B. wenn der Mitarbeiter sendet, ist diese erforderlich). Fehlt auch die qeS, wäre nicht wirksam eingereicht.
Rz. 126
Nur die Kombi von einfacher elektronischer Signatur und VHN (namensgleich!) erfüllt die Voraussetzungen des § 130a Abs. 3 S. 1 Alt. 2 ZPO, siehe Rdn 117 oben. Vereinfacht gesagt erfolgt die Verantwortungsübernahme für einen Schriftsatz entweder durch Anbringung einer qualifizierten elektronischen Signatur des verantwortenden Anwalts, § 130a Abs. 3 S. 1 Alt. 1 ZPO, oder aber durch Anbringung einer einfachen elektronischen Signatur in Kombination mit dem einen VHN erzeugenden Eigenversand, § 130a Abs. 3 S. 1 Alt. 2 ZPO. Das Vorhandensein einer beA-Karte Signatur (nur beA-Karte der 1. Generation) oder einer Fernsignatur ist bei Nutzung der Variante gem. § 130a Abs. 3 S. 1 Alt. 2 ZPO nicht notwendig.
Rz. 127
Tipp
Maßgeblich für die Erzeugung des VHN ist dabei nicht, dass der Anwalt den "Sendenbutton" allein klickt. Nur wenn er mit seinem Zugangsmittel im beA angemeldet ist, erfolgt über die erste PIN-Eingabe die Authentifizierung, die die Erzeugung des VHN zulässt. Würde daher z.B. ein Postfachinhaber aus dem eigenen Postfach vom Schreibtisch der angemeldeten Mitarbeiterin aus den Sendenbutton klicken, was nur funktioniert, wenn diese den falschen Anhangstyp ausgewählt hätte, siehe § 13 Rdn 49 in diesem Werk, wird der VHN nicht erzeugt.
Rz. 128
Gerichte haben zudem eine Prüfpflicht, wobei die Prüfung dabei nach Ansicht des BAG keine nennenswerte Belastung eines Richters darstellt. D. h. erfolgt der Eingang eines elektronischen Dokuments ohne qualifizierte elektronische Signatur, wird das Vorhandensein des VHN geprüft:
Zitat
"1. Ein elektronisches Dokument, das aus einem besonderen elektronischen Anwaltspostfach versandt wird und nicht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist, ist nur dann auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht, wenn die das Dokument signierende und damit verantwortende Person mit der des tatsächlichen Versenders übereinstimmt."
2. Die von den Gerichten von Amts wegen vorzunehmende Prüfung, ob ein Rechtsmittel oder Antrag formgerecht eingereicht wurde, kann bei einem elektronisch übermittelten Dokument, das nicht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist, nur anhand des vertrauenswürdigen Herkunftsnachweises vorgenommen werden“ (Leitsätze der Redaktion).“
Rz. 129
Fraglich ist, ob das Gericht eine Pflicht zum rechtzeitigen Hinweis auf "Signaturfehler" hat, damit ein solcher ggf. noch fristgerecht behoben werden kann. Das OVG Bautzen hat diese Frage offengelassen, da der Zulassungsantrag im vorliegenden Fall ohnehin unbegründet war. Es ist aber davon auszugehen, dass Gerichte eine solche Pflicht allenfalls im Rahmen des "normalen Geschäftsgangs" haben; wird am letzten Tag der Frist eingereicht, wird man sich hier kaum Hoffnung machen können, entsprechende Hinweise rechtzeitig zu erhalten. Das BAG bejaht eine Pflicht des Gerichts:
Zitat
"1. Die aus dem verfassungsrechtlichen Gebot eines fairen Verfahrens folgende gerichtliche Fürsorgepflicht gebietet es, eine Prozesspartei auf einen leicht erkennbaren Formmangel – wie die fehlende Unterschrift in einem bestimmenden Schriftsatz – hinzuweisen und ihr Gele...