Sabine Jungbauer, Dipl.-Ing. Werner Jungbauer
Rz. 145
Auch eine eingescannte Unterschrift stellt eine einfache elektronische Signatur dar.
Rz. 146
Dabei hält das BSG die eingescannte handschriftliche Unterschrift als einfache elektronische Signatur nur dann für zulässig, wenn diese "entzifferbar" ist:
Rz. 147
Redaktionelle Leitsätze:
Zitat
"1. Rechtsanwälte und Behörden sind seit dem 1.1.2022 zur Übermittlung eines elektronischen Dokuments verpflichtet, sodass die Einreichung als Schriftstück oder Telefax von da an nicht mehr wirksam ist. (Rn 5)"
2. Ein elektronisches Dokument, das einem Gericht übermittelt wird, muss von der verantwortenden Person entweder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen sein oder von der verantwortenden Person (einfach) signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg, bei dem eine elektronische Signatur entbehrlich ist, eingereicht werden. (Rn 5)
3. Ein elektronisches Dokument, das über ein elektronisches Anwaltspostfach versandt wird und nicht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist, ist nur dann auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht, wenn die das Dokument einfach signierende und somit verantwortende Person mit der des tatsächlichen Versenders übereinstimmt. (Rn 7)
4. Eine eingescannte Unterschrift kann nur dann als einfache Signatur anzusehen sein, wenn die Unterschrift entzifferbar ist und damit von den Empfängern des Dokuments ohne Sonderwissen oder Beweisaufnahme einer bestimmten Person zugeordnet werden kann, die auch die inhaltliche Verantwortung für das Dokument übernimmt. (Rn 9 und 10)“
Rz. 148
Ist die einfache elektronische Signatur als eingescannte Unterschrift nicht lesbar, ist ihre Funktion, eine Überprüfung zu ermöglichen, ob der Versender mit der die Verantwortung für den Schriftsatz übernehmenden Person übereinstimmt, nicht erfüllt. Wie das BSG schreibt, bleibt dann nur "zu raten, zu vermuten oder zu glauben." Besonders tragisch war im vorliegenden Fall, dass der Urheber der schriftlichen Prozesshandlung, RA S, nicht identisch mit dem Postfachinhaber war. RA H hatte vielmehr aufgrund aufgetretener technischer Probleme handschriftlich den Zusatz "für den verhinderten RA S" sowie "nicht lesbare Handzeichen" und die Abkürzung RA angebracht und aus seinem (RA Hs) Postfach versendet. Da die handschriftliche Unterschrift von RA H nicht lesbar und eine qualifizierte elektronische Signatur auch nicht angebracht war, ist keine der Varianten aus § 130a Abs. 3 S. 1 ZPO erfüllt gewesen. Auf Rückfrage des Gerichts hatte man sich offenbar zudem im Verfahren auch noch um "Kopf und Kragen" geredet und sich letztendlich vom Inhalt des Schriftsatzes distanziert.
Rz. 149
Die Nichtzulassungsbeschwerde wurde daher auch in der Folge als unzulässig verworfen, Wiedereinsetzung mangels fehlenden Verschuldens nicht gewährt. Der Kläger musste sich das Verschulden seines Prozessbevollmächtigten gem. § 73 Abs. 6 S. 6 SGG i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen. Dass es am Ende auch an einer nach § 160a Abs. 2 S. 3 SGG formgerechten Begründung fehlte, kam hinzu. So führt das BSG aus:
Zitat
"Soweit in der Folgezeit vorgebracht wurde, Rechtsanwalt S habe Rechtsanwalt H eine Untervollmacht erteilt, ist nicht erkennbar, dass Rechtsanwalt H mit seiner Unterschrift auch für den Inhalt des von ihm übermittelten Schriftsatzes verantwortlich zeichnen wollte. Nach dem Vortrag des Klägerbevollmächtigten hatte dieser sich lediglich bereit erklärt, "die Beschwerdeschrift in Untervollmacht für mich von seinem beA-Postausgang an das Bundessozialgericht zu versenden", nachdem das beA-Postfach des Bevollmächtigten am Abend des 14.7.2021 nicht mehr aktiviert werden konnte. Rechtsanwalt H hat unter dem 10.9.2021 anwaltlich versichert, er sei von einer Kanzleimitarbeiterin des Rechtsanwalts S gebeten worden, die "Einreichung des gefertigten Nichtzulassungsbeschwerde-Schriftsatzes (…) über meinen beA-Anschluss vorzunehmen". Er habe sich hierzu bereit erklärt, doch sei ihm die Verwendung seiner eigenen Signatur hierfür nicht opportun erschienen, zumal eine inhaltliche Befassung mit dem Verfahren durch ihn nicht erfolgt sei. Mit seiner Unterschrift habe er lediglich die Verantwortung dafür übernommen, dass der von ihm übermittelte Text mit der vom Vollmachtgeber legitimierten Textfassung übereinstimme. Daraus wird nicht ersichtlich, dass Rechtsanwalt H mit der oben dargestellten Zeichnung des Schriftsatzes auch eine inhaltliche Verantwortung übernehmen wollte (zu den Anforderungen bei Übersendung eines elektronischen Dokuments durch einen Rechtsanwaltskollegen s auch Müller in Ory/Weth, jurisPK-ERV Bd. 3, § 65a SGG RdNr. 180, Stand der Einzelkommentierung 3.2.2022)."
Rz. 150
Eine eingescannte Unterschrift, so auch der BGH, ist eine "andere mögliche Form" der einfachen Signatur, jedoch fordert der BGH deren Lesbarkeit, vgl. dazu auch Rdn 24 oben.