Rz. 43

Art. 5 GG hat im Hinblick auf das Recht des geistigen Schaffens mehrfache Bedeutung. Dieses Grundrecht postuliert die Meinungsfreiheit, die Informationsfreiheit und die Pressefreiheit, Letztere als Institutsgarantie. Sodann ist noch ausdrücklich die Rundfunkfreiheit erfasst. Aktuelle Bedeutung hat dieser Gesichtspunkt in der Verfassungsgerichtsrechtsprechung zur dualen Ordnung des Rundfunks (öffentlich-rechtliche und private Veranstalter).[61] Eine besondere Stellung nimmt Art. 5 Abs. 3 GG im Hinblick auf die Kunstfreiheit ein, die nicht nur die künstlerische Betätigung, sondern auch die Darbietung und Verbreitung des Kunstwerkes schützt.[62]

 

Rz. 44

Aus urheberrechtlicher Sicht ist das Verhältnis des urheberrechtlichen Werkprozesses gem. § 2 Abs. 2 UrhG zur grundrechtlich gewährten Kunst- und Wissenschaftsfreiheit gem. Art. 5 Abs. 3 GG zu klären. Die Rechtsprechung geht davon aus, dass die Kunstfreiheit einen größeren Schutzbereich einnimmt als die urheberrechtliche Schutzfähigkeit eines Werkes.[63]

 

Rz. 45

Inhaltlich umfasst die Kommunikationsfreiheit die Meinungsfreiheit, Informationsfreiheit und die Freiheit von Presse, Rundfunk und Film.[64] Gegenstand der Meinungsfreiheit ist das Äußern und Verbreiten der eigenen Meinung, wozu auch die Weitergabe von Informationen zählt.[65] Die Informationsfreiheit beinhaltet das Recht, sich ungehindert aus allgemein zugänglichen Quellen zu unterrichten.[66] Allgemein zugänglich sind alle Quellen, aus denen ein individuell nicht bestimmbarer Personenkreis Informationen schöpfen kann, also in erster Linie die Massenkommunikationsmittel.[67]

 

Rz. 46

Presse-, Rundfunk- und Filmfreiheit sind im Gegensatz zu Meinungs- und Informationsfreiheit nur sekundär, also als dienende Grundrechte, geschützt. Durch sie soll sichergestellt werden, dass die Massenmedien ihre Rolle als "Medium" und "Faktor" im Prozess der öffentlichen Meinungs- und Willensbildung wahrnehmen können.[68]

 

Rz. 47

Zur "Presse" im Sinne der Pressefreiheit gehören alle Produkte "mit geistigem Sinngehalt", die in einem Vervielfältigungsverfahren hergestellt werden und für die Öffentlichkeit, d.h. für einen unbestimmten Personenkreis, bestimmt sind.[69] Als institutionelles Grundrecht schützt die Pressefreiheit sämtliche Zeitungen und Zeitschriften, Boulevard- und Alternativzeitungen, Anzeigenblätter ebenso wie die Blätter der "Regenbogenpresse", schließlich auch Bücher, Broschüren, Flugblätter und Plakate. In jüngerer Zeit erlangen zudem die neuen medialen Datenträger wie etwa DVD, CD und Disketten (allerdings mit "geistigem Sinngehalt") an Bedeutung. Erfasst wird der gesamte Herstellungsprozess, von der Beschaffung der Information bis zum Verbreiten der Nachrichten.[70] Mit der Rundfunkfreiheit ist hier die Übermittlung von Gedankeninhalten in Form physikalischer, insbesondere elektromagnetischer Wellen, an die Öffentlichkeit gemeint.[71] Der Schutzbereich schließt die gesamte Programmgestaltung, nicht nur die "Berichterstattung" im engeren Sinne, ebenso mit ein wie Kommentare, Hörspiele, kabarettistische Programme und Musiksendungen.

 

Rz. 48

Sämtlichen Grundrechten sind Grenzziehungen zur Wahrung der Interessen der anderen Grundrechtssubjekte immanent und können daher auch nicht als "Recht gegen das geistige Schaffen"[72] angesehen werden. Es wird im Folgenden aus dem Zusammenspiel der unterschiedlichen Subjekte der Kultur- und Medienwirtschaft ein System von Schutzrechten dargestellt, welches die aus dem geistigen Schaffen folgenden Rechtspositionen funktionalisiert, also den Interessenausgleich zwischen den Beteiligten verdeutlicht.

[61] Vgl. im Einzelnen BVerfG v. 5.6.1973 – 1 BvR 536/72, BVerfGE 35, 202; BVerfG v. 4.11.1986 – 1 BvF 1/84, BVerfGE 73, 196; BVerfG v. 12.12.2000 – 1 BvR 1762/95 und 1787/95, BVerfGE 102, 347; zum Schutz von Informanten BVerfG v. 10.12.2010 – 1 BvR 2020/04, NJW-Spezial 2011, 57 Rn 23 (Durchsuchung von Redaktionsräumen I); BVerfG v. 10.12.2010 – 1 BvR 1739/04, NJW-Spezial 2011 57 Rn 14 (Durchsuchung von Redaktionsräumen II).
[62] BVerfG v. 24.2.1971 – 1 BvR 435/68, BVerfGE 30, 188 f.; BVerfG v. 17.7.1984 – 1 BvR 816/82, BVerfGE 67, 224; BVerfG v. 7.3.1990 – 1 BvR 1215/87, BVerfGE 81, 305.
[63] BVerfG v. 13.6.2007 – 1 BvR 1783/05, BVerfGE 119, 1 (Esra); Fahse, GRUR 1996, 331.
[64] Vgl. BeckOK InfoMedienR/Kühling, GG, Art. 5 Rn 5.
[65] Dürig/Herzog/Scholz/Grabenwarter, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 GG Rn 87 ; zur Informationsfreiheit, insbesondere auch als Schranken des Urheberrechts siehe Kröger, Informationsfreiheit und Urheberrecht, S. 147 ff.; zur Meinungsfreiheit siehe dazu BVerfG ZUM 2002, 131, wonach sich diese auch auf kommerzielle Meinungsäußerung sowie auf reine Wirtschaftswerbung erstreckt.
[66] Dürig/Herzog/Scholz/Grabenwarter, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 GG Rn 1006 ; Roßnagel, MMR 2007, 16; siehe auch BGH MMR 2007, 237 (Online-Durchsuchung), wonach § 102 StPO keine Rechtsgrundlage zur heimlichen Ausforschung eines Computers bildet; Golla, NJW 2021, 667.
[67] Zum Infor...

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