A. Einführung

 

Rz. 1

Eine Rechtsanwaltskanzlei besteht in aller Regel aus einer Vielzahl von einzelnen Mitarbeitern, die jeweils die unterschiedlichsten Tätigkeiten und Funktionen ausüben. Diese verschiedenen Menschen und Tätigkeiten zu koordinieren, sie zu einem sinnvollen Ganzen zusammenzufassen, ist Aufgabe der Kanzleiorganisation. Durch die Kanzleiorganisation werden also dem Einzelnen sein Platz und seine Aufgabenfelder in der Kanzlei zugewiesen. Ziel der Kanzleiorganisation ist es damit, einen reibungslosen Geschäftsablauf zur Erfüllung der einer Kanzlei obliegenden Aufgaben zu ermöglichen.

 

Rz. 2

Schlecht organisierte Kanzleien setzen sich nicht nur einem erheblichen Haftungsrisiko aus, weil sie permanent fürchten müssen, wichtige Fristen und Termine zu versäumen. Sie laufen auch Gefahr, dass Mandanten ihnen deshalb enttäuscht den Rücken zukehren, weil sie dringend benötigte Informationen nicht schnell genug erhalten, weil sie über den Fortgang ihrer Angelegenheiten keine Benachrichtigungen bekommen oder weil sie keinen festen Ansprechpartner in der Kanzlei finden. Solche Defizite lassen sich durch einen noch so guten, juristisch und menschlich kompetenten Rechtsanwalt nicht ausgleichen, sie führen vielmehr unweigerlich dazu, dass trotz erheblicher Arbeit, die sich aus der Korrektur der vorgekommenen Fehler ergibt, die Gewinne der Kanzlei reduzieren. Da der Mitarbeiter des Rechtsanwalts von den Gewinnen der Kanzlei über sein Gehalt lebt, sollte es daher sein besonderes Anliegen sein, dass im Rahmen einer vorgegebenen Kanzleiorganisation die übertragenen Aufgaben engagiert und konzentriert erledigt werden.

 

Rz. 3

Mängel in der Büroorganisation lassen sich durch regelmäßige Teambesprechungen, an denen auch der Rechtsanwalt teilnehmen sollte, in den Griff bekommen. Zu einer guten Büroorganisation gehört aber auch ein Risiko- und Beschwerdemanagement sowie eine ständige Anpassung der Abläufe an Vorgaben der aktuellen Rechtsprechung.

 

Rz. 4

Einige Kanzleien haben sich entschlossen, eine Zertifizierung nach der DIN EN ISO 9001:2015 vornehmen zu lassen, um eine Optimierung der Kanzleiabläufe zu erreichen und ein Qualitätsmanagement nachweisen zu können. Bis eine Zertifizierung jedoch erteilt wird, ist es ein langer Weg, der sich oft über Monate hinzieht und erhebliche Kosten mit sich bringt. Einige Mandanten – insbesondere aus dem Wirtschaftsbereich – legen bei der Auswahl ihrer Kanzlei jedoch großen Wert auf eine solche Zertifizierung. Auch viele Rechtsschutzversicherungen beauftragen nur noch zertifizierte Kanzleien, so dass manche Kanzleien hierdurch gezwungen sind, eine Zertifizierung vornehmen zu lassen. Die Zertifizierung kann der Kanzlei ganz erhebliche Vorteile bringen, weil durch die erforderliche Beschreibung der Arbeitsabläufe sehr schnell deutlich wird, wo die Schwächen der Kanzlei liegen und welche Verbesserungen notwendig und sinnvoll sind. Auf jeden Fall sollte man vor einer Zertifizierung Preis- und Leistungsangebote verschiedener Anbieter einholen. Die Preisunterschiede sind ganz erheblich.

 

Rz. 5

Auch wenn eine Kanzlei sich nicht zertifizieren lassen möchte, kann sie die Instrumente des Zertifizierungsvorgangs für sich nutzen. An erster Stelle steht dabei die Formulierung der Ziele. Ohne Zielvorstellung kein zielgerichtetes Arbeiten; ohne zielgerichtetes Arbeiten kein wirtschaftlicher Erfolg. Häufig wird in Kanzleien noch verkannt, dass Kanzleien moderne Dienstleistungsunternehmen sind, die in wirtschaftlicher Hinsicht auch wie Unternehmen geführt werden müssen. Es reicht nicht mehr aus, "ein Türschild anzubringen"; Mandanten fordern Qualität und sind in der heutigen Zeit auch anspruchsvoller als früher. Werden die Abläufe in einer Kanzlei gezielt und nicht nur zufällig gesteuert, können Fehler vermieden werden, was zu einer größeren Zufriedenheit der Mandanten führt. Zufriedene Mandanten werden die Kanzlei wieder beauftragen und sorgen durch Mundpropaganda für weiteren Mandantenzulauf.

 

Rz. 6

Durch eine Zertifizierung lassen sich auch Haftungsrisiken, gerade im Fristenbereich, minimieren, da die Arbeitsabläufe in einem Handbuch festgehalten werden und Mitarbeiter (neue wie alte) bei Fragen immer wieder auf das Handbuch zurückgreifen können. Eine Zertifizierung kann langfristig zu besseren Arbeitsergebnissen führen und damit den wirtschaftlichen Erfolg der Kanzlei sichern. Es erscheint sinnvoll, einen Zertifizierer auszuwählen und zu beauftragen, der insbesondere mit der Zertifizierung von Kanzleien Erfahrung hat; da die Vorschrift nach DIN EN ISO 9001:2015 nicht nur für Kanzleien gilt (sie ist im Übrigen daher oft nur schwer verständlich, da häufig technische Ausdrücke verwendet werden). Neben den Kosten, die für die Zertifizierungsgesellschaft anfallen, muss auch der Kostenfaktor in Betracht gezogen werden, der sich intern durch Personaleinsatz ergibt. Dieser dürfte nicht unbeträchtlich sein, sich aber durch die Verbesserungsmöglichkeiten, die das Bewusstwerden auch fehlerhafter, unnötiger oder aufwendiger Arbeits...

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