1. Allgemeines
Rz. 30
Es gibt auch heute noch viele Anwälte, die als sog. "Einzelanwalt" tätig sind. Nach § 27 Abs. 1 BRAO muss der Rechtsanwalt im Bezirk der Rechtsanwaltskammer, deren Mitglied er ist, eine Kanzlei einrichten und unterhalten. Viele Anwälte schließen sich jedoch zur gemeinsamen Berufsausübung zusammen. Hier gibt es verschiedene Rechtsformen. Sie erhalten nachstehend einen Überblick. Teilweise wird im Verlauf des Lehrgangs auf einzelne Rechtsformen z.B. bei den Haftungsbeschränkungen nochmals gesondert eingegangen.
2. Sozietät – "GbR"
Rz. 31
Die Sozietät ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Ihr Zusammenschluss ist in den §§ 705 ff. BGB geregelt. Sie kann mit den in § 59a BRAO näher bezeichneten Berufsgruppen gebildet werden, so z.B. neben Rechtsanwälten unter anderem auch mit Steuerberatern oder Wirtschaftsprüfern. Die Sozietät ist die wohl häufigste Gesellschaftsform im Anwaltsbereich. Sie versteuert ihr Einkommen nach vereinnahmten Entgelten und ist sog. "4/3-Rechner" (Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG). Damit unterliegen nur solche Honorare der Einkommenssteuer, die auch tatsächlich gezahlt (vereinnahmt) wurden.
Rz. 32
Ein großer Nachteil der GbR besteht darin, dass jeder Gesellschafter der GbR für alle Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet. Dies bedeutet, dass alle Gesellschafter der GbR auch für Pflichtverletzungen der Kollegen gemeinsam haften, § 51a Abs. 2 BRAO. Die Haftung erstreckt sich auch auf Anwälte, die vielleicht "nur angestellt", aber auf dem Briefkopf erwähnt sind (sog. Außensozien). Hier darf der Rechtsverkehr von einer Gesellschafterstellung ausgehen.
3. Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)
Rz. 33
Eine Rechtsanwalts GmbH ist ebenfalls zulässig. Berufsrechtliche Bestimmungen, die die Anwalts GmbH treffen, sind in den §§ 59c bis 59m BRAO geregelt. Der große Vorteil ist bei dieser Gesellschaftsform, dass – von Ausnahmen abgesehen – nur das Gesellschaftsvermögen haftet. Die GmbH wird in das Handelsregister (Abt. B) eingetragen und muss eine notariell beurkundete Satzung mit einem Mindestinhalt, der sich aus § 3 GmbHG ergibt, haben. Die Rechtsanwalts GmbH (RA GmbH) muss eine gesonderte Zulassung bei der Rechtsanwaltskammer beantragen. In Deutschland gibt es zur Zeit etwa 750 Anwalts-GmbHs; eine Gesellschaftsform, die immer beliebter wird.
Rz. 34
Sobald die RA GmbH zugelassen ist, kann sie als Prozessbevollmächtigte beauftragt werden und hat dabei die Rechte und Pflichten eines Rechtsanwalts, § 59l BRAO.
Rz. 35
Der Firmenname muss mindestens den Namen eines Gesellschafters und den Zusatz "Rechtsanwaltsgesellschaft" enthalten, § 59k Abs. 1 BRAO.
Rz. 36
Wie auch der Einzelanwalt muss eine RA GmbH eine Berufshaftpflichtversicherung abschließen und das Bestehen der Versicherung nachweisen. Die Mindestversicherungssumme beträgt hier jedoch nicht 250.000,00 EUR, sondern 2,5 Mio. EUR für jeden Versicherungsfall.
Rz. 37
Als nachteilig könnte man steuerrechtlich die Bilanzierungspflicht sehen, die aufwendig und kostenintensiv ist. Auch muss die GmbH bereits in Rechnung gestellte aber noch nicht geleistete Honorare schon versteuern, § 4 Abs. 1 EStG.
4. Aktiengesellschaft (AG)
Rz. 38
Es war lange Zeit unklar, ob die Gründung einer Rechtsanwalts Aktiengesellschaft (AG) zulässig ist. Der BGH hat dies im Jahr 2005 positiv entschieden. Die Rechtsanwalts AG muss den wesentlichen Anforderungen, die in §§ 59c ff. BRAO genannt sind und an eine GmbH gestellt werden, genügen.
Rz. 39
Es gibt in Deutschland nur wenige Rechtsanwalts Aktiengesellschaften. Wie jede Aktiengesellschaft gilt für sie das Aktiengesetz. Die AG ist eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit, für deren Verbindlichkeiten nur das Gesellschaftsvermögen haftet, § 1 Abs. 1 AktG.
5. Limited Liability Partnership (LLP)
Rz. 40
Die Limited Liability Partnership ist eine Personengesellschaft nach englischem Recht und am ehesten mit der in Deutschland seit 2013 möglichen Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung zu vergleichen.
Rz. 41
Solche LLP haben den Sitz in einem europäischen Mitgliedsstaat (oft England); viele ausländische Gesellschaften haben in Deutschland Zweigniederlassungen gegründet.
Rz. 42
Wichtig ist, dass der Gesellschafterkreis sich auf sozietätsfähige Personen beschränkt und auch hier eine Haftpflichtversicherung in ausreichender Höhe abgeschlossen wird.
6. Partnerschaftsgesellschaft (PartG)
Rz. 43
Die Partnerschaftsgesellschaft ist im Gesetz über Partnerschaftsgesellschaften Angehöriger Freier Berufe (PartGG) geregelt. Sie ist eine besondere Gesellschaftsform für freie Berufe, § 1 Abs. 1 S 1 PartGG. Im Gegensatz zur Sozietät besteht hier ein beschränktes Haftungsrisiko der einzelnen Gesellschafter, die zwar als Gesamtschuldner für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haften, § 8 Abs. 1 PartG, und zwar auch für solche, die bereits vor Eintritt eines neuen Partners begründet wurden, § 8 Abs. 1 S. 2 PartG. Das gilt aber nicht für Pflichtverletzungen eines Partners. Bei einer Pflichtverletzung eines Partners bei Bearbeitung seines Auf...