Rz. 170

Jede Rechtsanwaltskanzlei erhält tagtäglich erhebliche Mengen an Post, die im Rahmen des Kanzleibetriebes zu bearbeiten sind.

I. Posteingänge

 

Rz. 171

Post kann eine Kanzlei über verschiedene Quellen erreichen. Zu nennen sind hier:

Briefträger
Briefpostfach
Hausbriefkasten
Telefax
E-Mail
Kurier/Bote
Zustellung über Gerichtsvollzieher
in Einzelfällen noch Gerichtspostfächer, die allerdings aufgrund der Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs sicherlich in wenigen Jahren aufgegeben werden
besonderes elektronisches Anwaltspostfach (beA)
zulässige Drittprodukte für den elektronischen Rechtsverkehr, wie z.B. Governikus-Communicator (siehe hierzu: www.egvp.de)

Daneben geben Mandanten und Verfahrensgegner hin und wieder Unterlagen oder Briefe persönlich ab. Die so eingegangenen Schriftstücke sollten umgehend mit einem Eingangsstempel oder -vermerk versehen werden.

 

Rz. 172

Anwälte sind verpflichtet, ihre Posteingänge bzw. die Posteingangskanäle regelmäßig auf Posteingänge zu überprüfen. Gibt eine Kanzlei z.B. auf ihrem Briefkopf eine E-Mail-Adresse an, so darf davon ausgegangen werden, dass dieses Postfach auch regelmäßig auf Posteingänge kontrolliert wird. Hier ist insbesondere auch der SPAM-Filter regelmäßig zu kontrollieren. Einem Anwalt war es so ergangen, dass er ein vom Gegenanwalt übermitteltes befristetes Vergleichsangebot übersehen hatte mit der Folge, dass der Vergleich nicht zu Stande kam. Im Haftungsprozess mit dem Mandanten unterlag der Anwalt, da das Landgericht Bonn hier davon ausgegangen war, dass der Anwalt seine entsprechenden Pflichten zur Kontrolle der Posteingänge verletzt hatte, indem er den SPAM-Filter nicht ebenfalls regelmäßig auf versehentlich automatisiert verschobene Nachrichteneingänge kontrolliert hatte. Das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) ist darüber hinaus vom Postfachinhaber bzw. der Postfachinhaberin (Rechtsanwalt bzw. Rechtsanwältin) regelmäßig auf Zustellungen und Posteingänge zu prüfen. § 31a Abs. 6 BRAO regelt die Pflicht, derartige Zustellungen und den Zugang von Mitteilungen zur Kenntnis zu nehmen.

II. Besonderes elektronisches Anwaltspostfach (beA)

 

Rz. 173

Im Oktober 2013 hat der Gesetzgeber das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten (e-Justice-Gesetz I) verkündet.[5] Mit diesem Gesetz sollte die bereits vor Jahren begonnene Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs gefördert werden. Für folgende Rechtswege ist der elektronische Rechtsverkehr flächendeckend seit 1.1.2018 durch das e-Justice-Gesetz I vorgesehen:

Zivilgerichtsbarkeit (hierzu gehören auch die Familiengerichte und andere Gerichte der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 13 GVG)
Arbeitsgerichtsbarkeit
Finanzgerichtsbarkeit
Sozialgerichtsbarkeit und
Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Für die Strafgerichtsbarkeit und OWi-Sachen ist das "Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderungen des elektronischen Rechtsverkehrs" am 12.7.2017 verkündet worden[6] (e-Justice-Gesetz II).

 

Rz. 174

Im Zuge der Umsetzung des e-Justice-Gesetz I haben alle Rechtsanwälte in Deutschland darüber hinaus ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach (beA) erhalten. Für die empfangsbereite Einrichtung ist die Bundesrechtsanwaltskammer verantwortlich, § 31c BRAO. Damit sind alle Anwälte in Deutschland für den Empfang von elektronischen Nachrichten von Justizbehörden, Anwaltskollegen und Kolleginnen, den Rechtsanwaltskammern und dem Schutzschriftenregister seit der Freischaltung dieses beA bereit. Rund um dieses beA gab es in der Vergangenheit sowohl technische als auch rechtliche Probleme. Tatsächlich erfolgte die bundesweite Freischaltung der empfangsbereiten Anwalts-beAs am 3.9.2018. Zum Ende September 2016 trat dann auch die Verordnung über die Rechtsanwaltsverzeichnisse und die besonderen elektronischen Anwaltspostfächer (RAVPV), die in den §§ 19–32 wichtige Regelungen zum besonderen elektronischen Anwaltspostfach enthält.

 

Rz. 175

Zur Zeit ist eine Mandantenkommunikation via beA nicht möglich. Ob sich hier in naher Zukunft noch etwas ändert, bleibt abzuwarten.

 

Rz. 176

Der Zugang zum beA ist über alle gängigen Internet-Browser möglich sein, z.B.:

Firefox,
Internetexplorer,
Safari,
Chrome

oder alternativ über eine Kanzleisoftware. Zur Zeit nicht möglich ist das Aufrufen der Seite über EDGE. Die Software-Hersteller haben Schnittstellendaten zur Einbindung des beA zur Verfügung gestellt und entsprechende Schnittstellen für die Postbearbeitung via beA entwickelt.

 

Rz. 177

Der Zugang zum beA wird durch zwei Sicherungsmittel (Besitz und Wissen; Zwei-Faktor-Authentifizierung), d.h. eine Sicherheitskarte und eine PIN möglich sein. Die BRAK stellt für den Zugang eine eigene beA-Karte, die bei Bedarf auch mit Signierfunktion ausgestaltet wird, bereit. Insbesondere wird diese eigene beA-Karte dann für den Zugriff auf Posteingänge auf dem beA-Konto Voraussetzung sein.

 

Rz. 178

Aktuelle Informationen über das beA erhalten Interessierte auf den Internetseiten https://bea.brak.de sowie https://bea.bnotk...

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