I. Einführung

 

Rz. 49

In einer Rechtsanwaltskanzlei arbeiten meistens nicht nur Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen sondern auch Rechtsanwaltsfachangestellte. Daneben gibt es in Kanzleien mit mehr als einem oder zwei Anwälten oft Bürovorsteher bzw. Rechtsfachwirte. Darüber hinaus bilden viele Kanzleien auch Auszubildende aus. Aufgrund des immer größer werdenden Fachkräftemangels werden heute auch oft Quereinsteiger, wie Europasekretärinnen oder Fremdsprachenkorrespondentinnen eingestellt.

 

Rz. 50

Für alle Mitarbeiter und auch für den Rechtsanwalt selbst gilt das Gebot der Verschwiegenheit. Kein Mitarbeiter darf Dinge, die er im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit, die sowohl private als auch geschäftliche Informationen des Mandanten betreffen und die er beim Anwalt erfahren hat, weiter erzählen, da das Verhältnis von Anwalt und Mandant in besonderer Weise geschützt ist. Aus diesem Grund hat jeder Kanzleimitarbeiter eine Verschwiegenheitsverpflichtungserklärung zu unterschreiben. Dies gilt auch für vorübergehende Mitarbeiter oder externe Dienstleister wie z.B. EDV-Fachleute etc. Ein Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht ist strafbar. Man sollte daher als Mitarbeiter auch dann sehr zurückhaltend mit Äußerungen z.B. gegenüber Freunden oder Verwandten sein, wenn man einen sehr interessanten Fall in der Kanzlei bearbeitet, auch wenn er vielleicht sogar öffentlichkeitswirksam ist.

 

Rz. 51

Die folgende Aufstellung gibt einen Überblick über die verschiedenen in der Kanzlei tätigen Menschen und ihre Tätigkeitsfelder. Bitte beachten Sie: Zum Zeitpunkt der Drucklegung dieses Werks war ein Gesetz der Bundesregierung in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht, das bereits zum 1.10.2020 in Kraft treten soll. Dadurch sollen für alle Ausbildungsberufe (somit auch für Rechtsanwaltsfachangestellte) und die bisherigen Aufstiegsfortbildungen (hier: Rechtsfachwirte) künftig weitere Aufstiegsfortbildungen möglich sein. Sofern das Gesetz wie beabsichtigt in Kraft tritt, wird es dann künftig zusätzlich den geprüften Berufsspezialisten, Bachelor Professional und Master Professional geben. Diese Änderungen sollen eine bessere Vergleichbarkeit mit universitären Abschlüssen und auf Europaebene im Bereich des DQR (Deutschen Qualifikationsrahmens) ermöglichen.

II. Rechtsanwaltsfachangestellte

 

Rz. 52

Rechtsanwaltsfachangestellte sind qualifizierte Mitarbeiter in einer Rechtsanwaltskanzlei, die i.d.R. eine dreijährige Ausbildung nach dem dualen Ausbildungssystem durchlaufen haben. Bei besonderer schulischer Vorbildung (z.B. Abitur) ist eine Verkürzung der Ausbildungszeit möglich.

 

Rz. 53

Die Ausbildung von Rechtsanwaltsfachangestellten ist in der Verordnung über die Berufsausbildung zur/zum Rechtsanwaltsfachangestellten, zur/zum Notarfachangestellten und zur/zum Patentanwaltsfachangestellten (ReNoPat-Ausbildungsverordnung) geregelt. Diese wurde zum 1.8.2015 nochmals erheblich überarbeitet. Es handelt sich um eine kaufmännische Ausbildung, in deren Verlauf auch erhebliches Fachwissen u.a. zu den Themen Vollstreckungsrecht, Kostenrecht und Prozessrecht vermittelt wird.

 

Rz. 54

Die Ausbildung selbst wird im Hinblick auf die schulische Ausbildung in einem Rahmenlehrplan und im Hinblick auf die praktische Ausbildung in der Kanzlei in einem Ausbildungsrahmenplan regelt.

 

Rz. 55

Rechtsanwaltsfachangestellte sind aufgrund ihrer sehr qualifizierten Ausbildung auch in anderen Branchen sehr gefragt. Versicherungen, Banken, Rechtsabteilungen und auch die Justiz stellen sehr gerne Rechtsanwaltsfachangestellte ein. Das Betätigungsfeld beschränkt sich nicht auf Kanzleien. Auch ist zu beobachten, dass in den vergangenen Jahren erfreulicherweise vermehrt nicht mehr nur weibliche Personen diesen Beruf erlernen.

 

Rz. 56

Rechtsanwaltsfachangestellte sind speziell und umfassend ausgebildete Mitarbeiter, deren Aufgabe es ist, dem Rechtsanwalt in seiner juristischen Tätigkeit zuzuarbeiten. Die Qualität einer Rechtsanwaltskanzlei steht und fällt mit den dort beschäftigten Mitarbeitern, da diese die juristische Tätigkeit des Anwalts nach außen hin umsetzen. Arbeiten Rechtsanwaltsfachangestellte konzentriert und mit Sachkenntnis, ist dies ein wesentlicher Grund für den wirtschaftlichen und juristischen Erfolg einer Kanzlei.

 

Rz. 57

Rechtsanwaltsfachangestellte helfen dem Anwalt von Anfang an bei der Betreuung des Mandatsverhältnisses. Weil sie auf diese Art und Weise in die Verhältnisse des Mandanten einen ähnlich tiefen Einblick erhalten wie der Rechtsanwalt selbst, sind sie ebenso wie dieser im Interesse des Mandanten zur Verschwiegenheit verpflichtet. Dies schließt auch ein, dass sie Strafverfolgungsbehörden und Gerichten gegenüber ein Zeugnisverweigerungsrecht haben, solange der Mandant sie oder den Anwalt nicht von der Schweigepflicht entbindet, da das Zeugnisverweigerungsrecht aus § 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO (Zeugnisverweigerungsrecht aus beruflichen Gründen), das sich auf den Rechtsanwalt bezieht, in § 53a StPO auf den Berufshelfer (hier: RA-Fachangestellte, alle Mitarbeiter des RA) erweitert wird mit der Maßgabe, dass der ...

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