Zusammenfassung

 
Überblick

Recht kurz nach Inkrafttreten des deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) ist von europäischer Seite nunmehr bereits mit Änderungen zu rechnen. Die Verhandlungen über die Inhalte der sogenannten Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) auf EU-Ebene sind nahezu abgeschlossen. Nur die finale Billigung der Verhandlungsergebnisse durch den Rat steht noch aus. Es ist damit zu rechnen, dass sich die im deutschen Gesetz geregelten unternehmerischen Sorgfaltspflichten in der Lieferkette inhaltlich verschärfen werden. Auch wird sich der Anwendungsbereich im Sinne eines level playing field (in etwa: gleiche Wettbewerbsbedingungen) deutlich erweitern. Diese Erweiterung bezieht sich – anders als zunächst zu erwarten war – aber im Wesentlichen nicht auf in Deutschland ansässige Unternehmen, sondern auf die anderen EU-Unternehmen sowie in der Europäischen Union tätige Nicht-EU-Unternehmen. Mit der europäischen Regelung soll erstmals ein expliziter Tatbestand für die Haftung von Unternehmen für Menschenrechtsverletzungen und Umweltbeeinträchtigungen in der Lieferkette geschaffen werden.

1 Deutsches Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) und europäische Lieferkettenrichtlinie (CSDDD)

Am 1.1.2023 ist das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) in Kraft getreten; seit dem 1.1.2024 hat sich sein Anwendungsbereich (wie ursprünglich vorgesehen) erweitert. Viele Fragen, die sich bei seiner Anwendung und Umsetzung ergeben, sind auch über ein Jahr nach Inkrafttreten noch offen. Gleichzeitig ist schon jetzt absehbar, dass das LkSG in nicht allzu ferner Zukunft geändert werden muss, um es an die kommenden Vorgaben der sog. Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD), einem parallelen Regulierungsvorhaben auf EU-Ebene, anzupassen.

1.1 Aktueller Stand: Inkrafttreten der CSDDD voraussichtlich im Juni/Juli 2024

Der politische Meinungsbildungsprozess zur CSDDD hatte sich auf EU-Ebene durchaus schwierig gestaltet. Zwar hatten die Trilog-Verhandlungen Ende 2023 zu einer – zunächst noch informellen – politischen Einigung geführt, damals war von einem historischen Durchbruch die Rede. Allerdings enthielten die Pressemitteilungen einige Unklarheiten und auch Widersprüche. Zudem umfasste die erzielte vorläufige politische Einigung nur die wesentlichen Punkte; verschiedene Detailfragen waren noch zu klären. Im Vorfeld der geplanten Abstimmung im Rat formierte sich Anfang 2024 weiterer Widerstand gegen die bis dato erreichte politische Einigung. In Deutschland konnte sich die Ampel-Koalition nicht auf eine Zustimmung einigen, und insbesondere auch Frankreich und Italien wollten in der Folge zunächst nicht zustimmen. Eine erste Abstimmung im Ausschuss der ständigen Vertreter scheiterte dementsprechend. Nach weiteren Bemühungen der belgischen Ratspräsidentschaft und weiteren Zugeständnissen – insbesondere etwa im Hinblick auf die relevante Arbeitnehmerschwelle – stimmten in einer weiteren Ausschusssitzung im März 2024 schließlich auch Frankreich und Italien zu. Auch der Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments stimmte kurz darauf mehrheitlich zu.

 
Wichtig

Finale Billigung des Europäischen Rates ist für Ende Mai 2024 geplant

Nach den eingangs beschriebenen weiteren politischen Verhandlungen wurde der finale Regulierungsentwurf im März 2024 veröffentlicht.[1] Das Parlament hat den finalen Regulierungsentwurf in seiner Sitzung am 24.4.2024 gebilligt. Damit liegt nun u. a. auch die deutsche Übersetzung des Regulierungsentwurfs vor, die aber nicht an allen Stellen ganz optimal gelungen ist, sodass die englische Fassung ebenfalls im Blick behalten werden sollte.[2]

Nach der förmlichen Billigung durch den Europäischen Rat, die für Ende Mai 2024 geplant ist, wird die CSDDD unterzeichnet und 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft treten. Damit ist nach derzeitigem Stand im Juni/Juli 2024 zu rechnen. Im Anschluss müssen die EU-Mitgliedstaaten die CSDDD dann noch in nationales Recht umsetzen. Dafür hätten sie ab Inkrafttreten der CSDDD 2 Jahre Zeit, d. h. bis Juni/Juli 2026.

Für die Anwendbarkeit auf Unternehmen sind in der CSDDD aber Übergangsfristen von 3 bis 5 Jahren ab Inkrafttreten vorgesehen. Das bedeutet, dass die neuen Vorgaben für die ersten Unternehmen ab Juni/Juli 2027 zur Anwendung kommen müssen, und sich der Anwendungsbereich im Juni/Juli 2028 und Juni/Juli 2029 jeweils erweitern muss.[3]

Hintergrund: Langer Prozess bis zur politischen Einigung

Am 23.2.2022 legte die EU-Kommission nach mehrfacher Verschiebung ihren Vorschlag für eine Richtlinie "über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit" vor (die sog. CSDDD).[4] Der Richtlinienvorschlag der EU-Kommission zielt auf die Förderung nachhaltigen und verantwortungsbewussten unternehmerischen Handelns und die Verankerung von Menschenrechts- und Umweltaspekten in der Geschäftstätigkeit und Unternehmensführung ab. Die EU-Kommission will mithilfe der CSDDD sicherstellen, dass Unternehmen die negativen Auswirkungen ihres Handelns, auch in ihren Wertschöpfungsketten innerhalb und außerhalb Europas, berücksichtigen.

Am 30.11.2022 legte sodann der Eu...

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