BGM: Licht und Schatten beim Präventionsgesetz

Das Präventionsgesetz soll die Gesundheitsförderung auch in Unternehmen stärken. Doch bei dessen Vorstellung durch Unterabteilungsleiterin Maria Becker, Bundesministerium für Gesundheit (BMG), beim MCC Kongress BGM in Düsseldorf wurde die Wirkung in der Praxis kritisch hinterfragt.

Vier Kernpunkte für Betriebe enthalte das Präventionsgesetz in der Arbeitswelt, erklärte BMG-Unterabteilungsleiterin Becker anlässlich des MCC Kongresses "Betriebliches Gesundheitsmanagement" in Düsseldorf am 12.10.
Das sei zum einen die engere Verzahnung der betrieblichen Gesundheitsförderung mit dem Arbeitsschutz. In beiden Bereichen bestehen, so Becker, "im Moment ganz unterschiedliche Herangehensweisen an das Thema Gesundheitsförderung", sie könnten sich aber bei gelungener Verzahnung der Arbeit von Krankenkassen und Unfallversicherungsträger ideal ergänzen.

Netzwerkbildung soll Kooperation zwischen Krankenkassen und Betrieben stärken

Darüber hinaus sehe das Präventionsgesetz eine Stärkung der Kooperationen von Betrieben, Krankenkassen und Unternehmensorganisationen auf regionaler Ebene durch Netzwerkbildung vor. Diese werde vor allem durch die Einrichtung sogenannter regionaler BGF-Koordinierungsstellen befördert. Sie sollen Unternehmen, vor allem den KMU, den vereinfachten Zugang zu Unterstützungsleistungen der Krankenkassen ermöglichen, so Becker. Über die regionalen BGF-Koordinierungsstellen könnten insbesondere kleine und mittlere Unternehmen unter anderem auch die für Sie zuständige Kasse in Erfahrung bringen. Ein internetbasiertes Informationsportal, das die Betriebe mit diesen und weiteren praxisgerechten Informationen zur BGF versorgen kann, werde gerade von den Krankenkassen erstellt, berichtete Becker.

Finanzierungsmöglichkeiten des BGF durch Präventionsgesetz

Drittes Ziel sei die verbesserte Finanzierung der betrieblichen Gesundheitsförderung, den gesetzlichen Krankenkassen stehen dafür seit 1.1.2016 7,30 Euro für Präventionsleistungen pro Versichertem zur Verfügung. Zwei Euro davon sollen die Kassen für die Gesundheitsförderung in den Betrieben verwenden. So könnten die Krankenkassen für das Jahr 2016 140 Millionen Euro in BGF-Leistungen investieren.

Bonusmodelle für KMU

Viertes Ziel schließlich sei die verbesserte Anreizsetzung durch Boni für Unternehmen und Mitarbeiter, die sich besonders gesundheitsfördernd zeigen. Die Ausgestaltung und Vereinbarung der Boni erfolgt über Vereinbarungen der jeweiligen Krankenkassen mit dem Unternehmen. Hier sei allerdings, erklärt Uwe Dresel, Gesundheits- und Versorgungsmanagement, DAK-Gesundheit, erschwerend in der Praxis, dass die einzelnen Krankenkassen sehr unterschiedliche Vorgehensweisen hätten. Außerdem griffen die Bonusmodelle erst, wenn die mit der Kasse vereinbarten Maßnahmen laufen oder abgeschlossen sind. "In Summe sind diese Mittel nur Minibeträge im Verhältnis zu dem, was der Gesamtprozess das Unternehmen kostet", erklärt Dressel.

Auch Professor Doktor Bernhard Badura, Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Uni Bielefeld, sieht die Finanzierung kritisch: "Es stellt sich die Frage, inwieweit hier der Weg über Krankenkassen und über weitere Strukturen, die aufgebaut werden, wirklich zu einer effizienten Verbesserung in den Betrieben beiträgt."

Neue Aufgaben für Betriebsärzte

Kritik gab es in der Diskussion zu den vorgestellten Maßnahmen insbesondere am vom Gesetzgeber vorgesehenen Ablauf der Bedarfsanalyse. Nach der im Präventionsgesetz enthaltenen Neufassung des SGBV sollen die Betriebsärzte in Zusammenarbeit mit den Arbeitsschutzbeauftragten bei der Ermittlung der gesundheitlichen Situation in den Betrieben einbezogen werden und Vorschläge zur Verbesserung entwickeln und deren Umsetzung unterstützen. Badura wies in diesem Zusammenhang auf das hohe Misstrauen hin, dass seiner Ansicht nach bei vielen Arbeitnehmern gegenüber Betriebsärzten bestehe. Badura: "Eine Unternehmensdiagnostik durch Mitarbeiterbefragung könnte hier möglicherweise fundiertere Aussagen über den tatsächlichen Bedarf im Unternehmen geben." Auch von Kassenseite und von den Betriebsärzten selbst wird dieses Vorgehen für schwierig gehalten. Dressel: "Betriebsärzte selbst sagen, dass Sie das schon zeitlich gar nicht leisten können."