Führung: Finanzchefs sollten Neues wagen

Großes Selbstbewusstsein bei überschaubarem Erfolg: Eine neue Studie kritisiert Führungskräfte aus dem Finanzbereich. Demnach müsste die Branche vor allem in den Bereichen Führung, Kundenorientierung und Veränderungsfähigkeit nachholen und schon bei der Personalbeschaffung ansetzen.

Diese Erkenntnisse stammen aus der Hay-Group-Studie "World Most Admired Companies". Sie zeigt eine deutliche Diskrepanz zwischen dem Erfolg der Branche und dem Selbstbild ihrer Führungskräfte: "Seit Frühjahr 2011 hat sich die Marktkapitalisierung der Finanzdienstleistungsbranche um bis zu 40 Prozent schlechter entwickelt als in anderen Sektoren. Dennoch schätzen Führungskräfte bei Finanzdienstleistern ihre Führungsfähigkeiten durchgängig besser ein, als Kollegen anderer Branchen", sagt Klaus D. Mittorp von der Hay Group.

Perfektionistischer Führungsstil demotiviert langfristig

Des Weiteren resümieren die Studienautoren, dass die Branche sich nach wie vor stärker auf Produktqualität als auf Kundenwünsche fokussiere. Als Grund dafür vermuten sie, dass die Finanzbranche es nach den Krisenjahren verpasst habe, neues Vertrauen zu bilden und  Geschäftsmodelle anzupassen. In dieser Situation klammerten sich die Führungskräfte an Altbewährtes wie den perfektionistischen Führungsstil. Diesen praktizieren der Umfrage zufolge immer noch fast die Hälfte (43 Prozent) der Manager weltweit. Dieser sei zwar in Krisenzeiten kurzfristig erfolgreich, führe aber auf Dauer zu einem demotivierenden Arbeitsklima, so die Autoren.

Erst kürzlich hatte die Hay Group in einer anderen Studie herausgefunden, dass weltweit über die Hälfte aller Vorgesetzten einen demotivierenden Führungsstil praktizierten. Auch dies erklärten sich die Autoren damit, dass es den Führungskräften nicht gelänge, situativ den richtigen Führungsstil zu finden. Vielmehr hielten sie sich an einer Art zu führen fest.

Die Kritik dürfte aber den Erkenntnissen der Studie zufolge an den Finanzchefs eher ungehört vorbeigehen: Die Hay Group fand heraus, dass diese im Vergleich zu Managern anderer Branchen mit einem überdurchschnittlich großen Selbstbewusstsein ausgestattet sind.

Soziale Kompetenzen spielen im Recruiting eine untergeordnete Rolle

Weitere Gründe für die schwierige Situation in der Finanzbranche sehen die Studienautoren auch in der Personalbeschaffung. Hier werde wenig Wert auf soziale und emotionale Kompetenzen gelegt: "Finanzdienstleistungsunternehmen schauen beim Rekrutieren immer noch mehr auf den IQ als auf die emotionale Intelligenz", sagt Mittorp. Dies beeinträchtige auch die Fähigkeit zur Kundenorientierung. Von den befragten Mitarbeitern gaben aber immerhin 61 Prozent an, dass ihr Unternehmen einen qualitativ hochwertigen Service für Kunden anbiete; 72 Prozent sagten, dass ihre Firma versuche, die Bedürfnisse der Kunden zu verstehen.

Auch beim Thema "Veränderungsfähigkeit" konnten die Finanzdienstleister laut Studie nicht überzeugen: Nur gut die Hälfte (53 Prozent) der Finanzdienstleistungsunternehmen konnte in diesem Bereich punkten. Dieses Manko stelle Führungskräfte vor große Herausforderungen: "Manager in Finanzdienstleistern müssen endlich so führen, dass ihre Mitarbeiter zu genau den Verhaltensweisen motiviert und befähigt werden, die ein kundenzentriertes und innovatives Unternehmen ausmachen", fordert Mittorp.

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