Digitale Rentenübersicht im Test

Die digitale Rentenübersicht, so ist es im Rentenübersichtsgesetz festgehalten, soll jedem Auskunft über seine individuellen Ansprüche in der gesetzlichen, betrieblichen und privaten Altersvorsorge geben. Was das Portal bringt und wo Optimierungsbedarf besteht, hat eine bAV-Expertin getestet.

Nachdem Mitte des Jahres 2023 das Online-Portal der Digitalen Rentenübersicht für die breite Öffentlichkeit startete, gibt es nun weitere Bewegungen. Das Portal hat als Pilotphase mit öffentlichem Testbetrieb begonnen und weitere Entwicklungsstufen werden in den nächsten Jahren folgen. Ziel ist es, einen individuellen Überblick über alle drei Säulen des Rentensystems zu erhalten, sowohl zu den erworbenen Ansprüchen als auch für künftig zu erwerbende Altersvorsorgeansprüche.

Der Anfang einer digitalen Rentenübersicht ist gemacht

Seit Beschluss des Bundeskabinetts Ende Januar 2024 ist nun amtlich: Alle Versorgungseinrichtungen mit mehr als 1.000 Versorgungsansprüchen, die mindestens einmal im Jahr zu Standmitteilungen verpflichtet sind, müssen sich bis Ende 2024 an das Portal anschließen. Die freiwillige Anbindung bleibt für alle anderen Versorgungseinrichtungen, wie Unterstützungskassen oder Arbeitgeber mit Direktzusagen, weiterhin jederzeit möglich. Eine nahezu vollständige Anbindung wird auf freiwilliger Basis jedoch nie erreicht werden, da die Altersvorsorgelandschaft in Deutschland sehr weitläufig und facettenreich ist. Die Anzahl der angebundenen Versorgungseinrichtungen wächst täglich und liegt aktuell im dreistelligen Bereich. Bis Ende des Jahres werden schätzungsweise 5.000 Anbieter an die Plattform angebunden sein, da auch sämtliche Anbieter von Riester-Sparplänen in Banken und Fondsgesellschaften betroffen sind.

Nach fast drei Jahren Entwicklungszeit, also seit Verabschiedung des Regierungsentwurfs, ist unter Einbindung relevanter Stakeholder, unter anderem der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung e.V. (aba), dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) und Vertretern des Bundesfinanzministeriums (BMF), des BMAS und der gesetzlichen Rentenversicherung, ein guter Anfang gemacht worden. Die Informationen sind sehr übersichtlich gestaltet, klar strukturiert und intuitiv aufgebaut. Sucht man weitere Details, steigt man tiefer ein. Unterstützt wird das Ganze durch Erklärfilme und Videos.

Schlüsselfaktoren der digitalen Rentenübersicht: Einfacher Zugang und Übersichtlichkeit 

Die Plattform wird konsequent an die Informationsbedürfnisse der Nutzenden angepasst. Damit das erreicht wird, ist jeder Nutzer und jede Nutzerin aufgerufen, Feedback zu geben. Dass bei einem so großen Digitalisierungsvorhaben der Bundesregierung alle Anwender mit einbezogen werden, ist bisher einmalig.

Ein Schlüsselfaktor für die Akzeptanz ist ein einfacher Zugang zu dem Portal. Die Anmeldung im Online-Portal ist ausschließlich mit einer Identitätsprüfung durch den elektronischen Personalausweis (eID) möglich. Dafür muss die Online-Ausweisfunktion zunächst durch die AusweisApp2 freigeschaltet werden und der Nutzende seine alte PIN, die er bei der Ausstellung des Ausweises (seit 2017) erhalten hat, kennen oder sich eine neue freischalten lassen. Hat die Freischaltung der Online-Ausweisfunktion funktioniert, wird man Schritt für Schritt, klar und verständlich durch die weitere Registrierung geführt. Um die breite Bevölkerung für die Altersvorsorge zu sensibilisieren und sie auch zu erreichen, wäre die Öffnung des Portals für weitere Authentifizierungsmöglichkeiten wünschenswert. Perspektivisch soll der Zugang auch über das Kundenportal der Deutschen Rentenversicherung Bund möglich sein. Weitere Optionen bieten auch bestehende Lösungen wie das Online-Banking.

Weitere Schlüsselfaktoren für die Akzeptanz sind Verständlichkeit und Übersichtlichkeit. Das ist leichter gesagt als getan. Das Spektrum an Fachbegriffen bei der Vielzahl an Formen und Arten von Versicherungsprodukten bei Lebensversicherern, Pensionskassen und Pensionsfonds ist bereits enorm. In der betrieblichen Altersversorgung kommen weitere Facetten dazu.

Auf der Startseite der Digitalen Rentenübersicht erhält man zunächst die individuellen Ansprüche als erste Übersicht, getrennt nach lebenslanger Rente, Zeitrente und Einmalzahlungen. Dargestellt werden die Höhen der bei Ablauf möglichen geschätzten  Ansprüche, die sogenannten prognostizierten erreichbaren Ansprüche, die sich aus einer realistischen wirtschaftlichen Entwicklung inklusiver garantierter Ansprüche ergeben. Diese sind identisch mit den Werten der Standmitteilungen.

In der Gesamtübersicht erhält man dann einen genaueren Blick, von welchen Versorgungseinrichtungen – von der gesetzlichen über die private bis hin zur betrieblichen Altersversorgung – diese Ansprüche stammen. Um Nutzenden schnell einen Rückschluss auf ihre Absicherung im Alter zu ermöglichen, ist die Digitale Rentenübersicht der erste Zugang. Darauf basierend stellt sich gerade bei Beschäftigten mit Blick auf die bAV die Frage, ob noch weiterer Handlungsbedarf besteht.

Inhalte der Digitalen Rentenübersicht

Nach § 5 des Rentenübersichtsgesetzes (RentÜG) übermitteln die angebundenen Vorsorgeeinrichtungen übermitteln die angebundenen Vorsorgeeinrichtungen die folgenden Informationen:

  • die letzte verfügbare Standmitteilung,
  • allgemeine Angaben zur Vorsorgeeinrichtung, für Rückfragen zum jeweiligen Altersvorsorgeanspruch,
  • allgemeine Angaben zum Altersvorsorgeprodukt, insbesondere Angaben zur Bezeichnung, zur Art, zur Zuordnung zur gesetzlichen, betrieblichen oder privaten Altersvorsorge, zur Art der Auszahlung der Leistung sowie zum Zeitpunkt der Leistungsgewährung sowie den Stichtag der Angaben,
  • wertmäßige Angaben zu den erreichten und erreichbaren Altersvorsorgeansprüchen, differenziert nach der Art der Auszahlung als Einmalbetrag oder laufende Rente sowie differenziert nach garantierten und prognostizierten Werten, soweit diese in den Standmitteilungen ausgewiesen werden,
  • weitere Angaben zum Leistungsumfang, insbesondere, ob das Altersvorsorgeprodukt eine Invaliditäts- oder  Hinterbliebenenabsicherung oder beides umfasst, ob auf die Leistungen nach jeweils geltender Rechtslage Steuern oder Sozialabgaben oder beides zu entrichten sind und ob die Leistungen in der Rentenbezugsphase angepasst werden.

Einbindung von HR in die betriebliche Altersversorgung

Die Personalabteilungen in den Unternehmen haben eine bedeutende und wichtige Funktion, wenn es darum geht, den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in allen Belangen des Arbeitsalltags beratend zur Seite zu stehen. Beim komplexen Thema der individuellen Altersvorsorge von Mitarbeitenden wird von den HR-Abteilungen viel erwartet. Da kann der Hinweis auf die Anmeldung und Nutzung der Digitalen Rentenübersicht ein Schritt sein, um Arbeitnehmern Hilfe zur Selbsthilfe zu geben. Mit Einverständnis des Nutzenden können sich auch beide gemeinsam einen Überblick über die individuellen Ansprüche verschaffen.

Zukünftig ist auch das Herunterladen der Daten über eine Exportfunktionalität als separate Datei aus dem Portal möglich. Diese Daten können dann selbstbestimmt durch den Nutzenden weitergegeben werden. Ohne die digitale Rentenübersicht mussten die Informationen zur individuellen Altersvorsorge aus unzähligen Standmitteilungen von unterschiedlichen Anbietern mühsam herausgesucht werden. Hatte der Nutzende in seiner Lebensarbeitszeit auch noch mehrere Arbeitgeber mit unterschiedlichsten bAV-Versorgungsregelungen, war Frustration bei der Abklärung beispielsweise folgender Fragen fast schon vorprogrammiert: Wie hoch sind die individuellen, tatsächlich erworbenen Ansprüche und wie sehen die Hochrechnungen für den Rentenbeginn aus?

Durch eine qualifizierte Beratung können Handlungsempfehlungen bedarfsgerechter und zielgerichteter abgeleitet werden. Voraussetzung dafür ist, dass die Anbindung der Versorgungseinrichtungen weitestgehend lückenlos ist und über die verpflichtende Anbindung hinaus auch eine Motivation zur freiwilligen Anbindung insbesondere bei unmittelbaren Zusagen durch den Arbeitgeber erwächst.

Digitale Rentenübersicht: Wie geht es weiter?

Im ersten Quartal 2024 wird der Evaluierungsbericht des wissenschaftlichen Fachbeirats der Zentrale für die Digitale Rentenübersicht ZfDR erwartet. Dieser fasst die Rückmeldungen der Anwender und Anwenderinnen, der mitwirkenden Verbände in der Pilotphase zusammen und wird die Grundlage für die weiteren Entwicklungen – sowohl im Frontend als auch im Backend –  bilden. Was aus den Ergebnissen dann noch an Weiterentwicklungen entstehen wird, gilt es abzuwarten.

Es lohnt sich, einen Blick auf das europäische Ausland zu werfen, um sich einen Eindruck zu verschaffen, wie eine digitale säulenübergreifende Plattform zur Renteninformation auch aussehen kann. In Ländern wie Schweden und Dänemark wurde nach mehrjähriger Entwicklungsphase eine vollständige und verständliche Lösung etabliert.

Zurzeit wird auf europäischer Ebene ein European Tracking Service on Pensions (ETS) durch die Europäische Kommission geplant und mit der europäischen Aufsichtsbehörde beraten. Die Idee des ETS ist es, alle nationalen Rentensysteme und Plattformen übergreifend zusammenzuführen und den europäischen Bürgern einen zentralen Zugang zu verschaffen. Die nationalen Systeme werden dadurch nicht ersetzt, sondern integriert, zumal die Länder sich in unterschiedlichen Entwicklungsstadien befinden.


Dieser Beitrag ist erschienen in Personalmagazin 5/2024. Als Abonnent haben Sie Zugang zu diesem Beitrag und allen Artikeln dieser Ausgabe in unserem Digitalmagazin als Desktop-Applikation oder in der Personalmagazin-App.


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