1.1 EU-Hinweisgeberschutzrichtlinie

Am 16.12.2019 ist die Hinweisgeberschutzrichtlinie[1] in Kraft getreten. Diese verpflichtet die EU-Mitgliedstaaten, die darin enthaltenen Vorgaben, insbesondere den Schutz von hinweisgebenden Personen und die Einrichtung von Hinweisgeberstellen, bis zum 17.12.2021 in nationales Recht umzusetzen.

Diese Umsetzung erfolgte in Deutschland nicht rechtzeitig. Grundsätzlich können Richtlinien, die durch die Mitgliedstaaten nicht rechtzeitig umgesetzt werden, unmittelbare Wirkung entfalten. Diese unmittelbare Wirkung muss jedoch bezüglich jeder einzelnen Richtlinienbestimmung gesondert geprüft werden. In Bezug auf die HinSch-RL ist davon auszugehen, dass lediglich einzelne Vorschriften, insbesondere in Hinblick auf die Pflichten der Kommunen und juristischen Personen des öffentlichen Sektors, seit dem 18.12.2021 unmittelbare Wirkung entfalten können.

1.2 Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG)

Eine rechtliche Verpflichtung zur Einführung von Meldestellen und Whistleblowing-Verfahren bestand in Deutschland in speziellen Branchen bereits in der Vergangenheit, im Übrigen aber erst seit dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Hinweisgeberschutzrichtlinie im Jahr 2019 (vgl. zuvor) bzw. des HinSchG am 2.7.2023. Zu diesem Zeitpunkt mussten private Beschäftigungsgeber mit 250 oder mehr Beschäftigen interne Meldestellen eingerichtet haben. Für Unternehmen mit i. d. R. 50 bis 249 Beschäftigten galt eine längere Frist bis zum 17.12.2023, die nun ausgelaufen ist. Seit dem 1.12.2023 gelten diesbezüglich auch die Bußgeldregelungen, wenn keine interne Meldestelle eingerichtet/betrieben wird.

Ziel des Gesetzes

Insgesamt ist Ziel des Gesetzes, den Hinweisgeberschutz in Deutschland in Einklang mit den europäischen Vorgaben, insbesondere gemäß den Anforderungen der HinSch-RL, wirksam und nachhaltig auszubauen und zu verbessern. Wer im Zusammenhang mit seiner (zukünftigen) beruflichen Tätigkeit Informationen über Verstöße erlangt hat und diese an die vorgesehenen Meldestellen meldet oder offenlegt, soll in Zukunft besser geschützt werden. Benachteiligungen von Hinweisgebern sollen ausgeschlossen und betroffenen Personen (sowohl hinweisgebenden Personen als auch Mitarbeitern von Hinweisgeberstellen und von Hinweisen betroffenen Personen) Schutz und Rechtssicherheit gegeben werden.

Einrichtung von internen Meldestellen

Vor diesem Hintergrund verpflichtet das HinSchG auch die Mehrzahl der Unternehmen und Behörden in Deutschland zur Einrichtung von sog. internen Meldestellen: Alle Beschäftigungsgeber (das heißt natürliche und juristische Personen des privaten Rechts, rechtsfähige Personengesellschaften und sonstige rechtsfähige Personenvereinigungen, die regelmäßig mindestens 50 Beschäftigte beschäftigen) sind danach verpflichtet, eigene Meldestellen einzurichten und zu betreiben, an die sich (zumindest) Beschäftigte mit Informationen über Verstöße wenden können.

Einrichtung von externen Meldestellen

Des Weiteren sieht das Gesetz externe, behördliche (unabhängige) Meldestellen vor. Dies sind beispielsweise die externe Meldestelle des Bundes beim Bundesamt für Justiz bzw. die weitere Meldestelle des Bundes (für Meldungen, die die externe Meldestelle des Bundes betreffen), ggf. externe Meldestellen des jeweiligen Bundeslandes oder ggf. speziell zuständige externe Meldestellen (beispielsweise beim Bundeskartellamt oder der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht). Auch sind externe Meldestellen auf Unionsebene vorgesehen, beispielsweise die externen Meldekanäle der Kommission sowie des Europäischen Amts für Betrugsbekämpfung (OLAF).

Meldeverfahren

Das HinSchG sieht das folgende Meldeverfahren vor:

Hinweisgebende Personen sollen die Meldung an die interne Meldestelle gegenüber der externen behördlichen Meldestelle bevorzugen, wenn intern wirksam gegen Verstöße vorgegangen werden kann. Beschäftigungsgeber sollen auch Anreize dafür schaffen, dass sich Hinweisgeber zuerst an die internen Meldestellen wenden, da der Gesetzgeber sonst einen großen Ansturm auf die externen Meldestellen befürchtet.

Der Gang von hinweisgebenden Personen an die Öffentlichkeit, die sog. "Offenlegung", soll hinweisgebenden Personen gemäß den Regelungen des Gesetzes in Einklang mit der Rechtsprechung des EGMR indes nur ausnahmsweise, z. B. bei drohenden Gefahren oder Untätigkeit der externen Meldestelle, erlaubt sein; nur in diesen bestimmten Fällen werden die hinweisgebenden Personen gesetzlich geschützt.

1.3 Spezielle Verpflichtungen

Zusätzlich gelten in besonderen Bereichen und Branchen spezielle Regelungen[1]:

  • Aktiengesellschaften[2],
  • Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute sowie Wertpapierdienstleistungsunternehmen[3],

    Banken, Versicherungen und Wertpapierhandel.[4]

Weitere Vorschriften mit Bezug zu Hinweisgebermeldungen

  • Sowohl § 84 Abs. 1 BetrVG als auch § 13 AGG sehen das Recht des Arbeitnehmers vor, sich in bestimmten Fällen bei den zuständigen Stellen des Betriebs zu beschweren.
  • Gemäß § 17 Abs. 2 ArbSchG können Beschäftigte die zuständige Behörde informieren, wenn sie konkrete Anhaltspunkte dafür haben, dass die vom...

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