Rz. 43

Mit dem Anspruch auf die zum Stillen "erforderliche" Zeit trifft das Gesetz eine allgemeine Regelung, die im Einzelfall entsprechend den jeweiligen Gegebenheiten aufseiten von Mutter, Kind und Arbeitgeber konkretisiert werden muss. Die stillende Frau und der Arbeitgeber sind gehalten, die allgemeine Regelung unter wechselseitiger Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 2 BGB) gemeinsam zu konkretisieren. Soweit Unklarheiten oder Streitigkeiten entstehen, kann und muss die Aufsichtsbehörde im Einzelfall näher beistimmen, wie oft, wann und wie lange gestillt werden kann (§ 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 MuSchG). Sowohl die Arbeitnehmerin als auch der Arbeitgeber kann die Aufsichtsbehörde anrufen, damit diese vermittelt bzw. Regelungen trifft; die Behörde kann auch von sich aus tätig werden. Angesichts dieser Möglichkeit ist die stillende Frau nicht berechtigt, sich selbst zum Zwecke des Stillens von der Arbeit zu befreien.

 

Rz. 44

Die Bestimmung ist eine Ermessensentscheidung der Aufsichtsbehörde. Sie ist ein Verwaltungsakt, der im Widerspruchsverfahren[1] bzw. mit der Anfechtungsklage (§ 42 VwGO) vor dem Verwaltungsgericht auf seine Rechtmäßigkeit hin überprüft werden kann. Angesichts der Dringlichkeit der Entscheidung kann das Verwaltungsgericht auch einstweilige Anordnungen (§ 123 VwGO) erlassen bzw. die sofortige Vollziehung der Bestimmungen der Aufsichtsbehörde anordnen oder aufheben (§ 80 VwGO).

 

Rz. 45

Die stillende Frau wird in Konfliktfällen in der Regel die Aufsichtsbehörde einschalten. Denkbar ist aber auch, dass sie beim Arbeitsgericht Leistungsklage auf Gewährung bestimmter Stillzeiten erhebt bzw. – angesichts der Dringlichkeit – den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt (§§ 938, 940 ZPO).

 

Rz. 46

Der Betriebsrat bzw. Personalrat hat darüber zu wachen, dass die Stillzeiten gewährt werden (§ 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, § 68 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG). Die Arbeitnehmerin kann die Arbeitnehmervertretung zur Vermittlung oder Unterstützung hinzuziehen (§ 84 Abs. 1 Satz 2 BetrVG, § 68 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG). Hält das Vertretungsorgan eine Beschwerde der Arbeitnehmerin für berechtigt, so hat es beim Arbeitgeber auf Abhilfe zu dringen (§ 85 Abs. 1 BetrVG, § 68 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG).

 

Rz. 47

Der schuldhafte Verstoß gegen die Freistellungspflicht des § 7 Abs. 2 Satz 1 stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße bis zu 30.000 EUR geahndet werden kann (§ 32 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 MuSchG).

[1] Soweit nicht nach Landesrecht entbehrlich.

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