Rz. 91

Der Inhalt der Kündigungsschutzklage hängt maßgeblich von den konkreten Umständen ab, die nach Auffassung des Arbeitnehmers zur Unwirksamkeit der Kündigung führen. Aus dem KSchG sowie dem ArbGG und der ZPO ergeben sich jedoch formelle Mindestanforderungen, die stets zu beachten sind.

6.3.1 Kläger

 

Rz. 92

Die Parteien, mithin auch der Kläger, sind in der Klageschrift zutreffend zu bezeichnen, § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Das BAG hat entschieden, dass eine Kündigungsschutzklage die Frist des § 4 Satz 1 KSchG auch wahren kann, wenn der Arbeitnehmer entgegen § 253 Abs. 4 ZPO i. V. m. § 130 Nr. 1 ZPO seinen Wohnort nicht angibt.[1]

[1] Vgl. dazu BAG, Urteil v. 1.10.2020, 2 AZR 247/20, NZA 2021, 75 ff.

6.3.1.1 Arbeitnehmer

 

Rz. 93

Die Bestimmung des Klägers bereitet in der Praxis kaum Probleme. Das Recht zur Klageerhebung ist ein höchstpersönliches Recht des von der Kündigung unmittelbar betroffenen Arbeitnehmers. Dieser kann frei entscheiden, ob es zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses kommen soll.[1] Dritte sind zur Erhebung der Kündigungsschutzklage grds. nicht berechtigt. Dies gilt auch dann, wenn Dritte ein eigenes Interesse an dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses haben, z. B. wegen einer Abtretung von Lohnforderungen des Arbeitnehmers.[2]

[2] ErfK/Kiel, § 4 KSchG Rz. 17.

6.3.1.2 Krankenkasse

 

Rz. 94

Nach einer älteren Entscheidung des BAG soll sich eine Krankenkasse im Einzelfall auf die Unwirksamkeit einer Kündigung berufen können, wenn sie gegen den Arbeitgeber Entgeltfortzahlungsansprüche aus übergegangenem Recht geltend macht.[1] Allerdings ließ das BAG offen, ob ein solches Recht auch im Anwendungsbereich des KSchG denkbar ist.[2]

 

Rz. 95

Diese ohnehin problematische Rechtsprechung dürfte ihre praktische Bedeutung verloren haben, da § 4 Satz 1 KSchG nun nahezu alle Unwirksamkeitsgründe erfasst und der Anwendungsbereich des KSchG insoweit i. d. R. eröffnet sein wird.[3]

6.3.1.3 Erben des Arbeitnehmers

 

Rz. 96

Stirbt der Arbeitnehmer nach Erhebung der Kündigungsschutzklage und steht seinen Erben nach § 615 Satz 1 BGB die Vergütung bis zu seinem Tod zu, können die Erben den Kündigungsschutzprozess fortführen. Eine isolierte Zahlungsklage der Erben wäre in diesem Fall nicht ausreichend, da diese eine materielle Präklusion nach § 7 KSchG nicht verhindern könnte.[1] Die Erben können zur Durchsetzung entsprechender Zahlungsansprüche auch selbst Kündigungsschutzklage erheben, wenn der Arbeitnehmer nach Zugang der Kündigung und Ablauf der Kündigungsfrist aber innerhalb der 3-Wochen-Frist stirbt.[2]

 

Rz. 97

Stirbt der Arbeitnehmer dagegen vor Ablauf der Kündigungsfrist, endet das Arbeitsverhältnis vorzeitig aufgrund des Todes des Arbeitnehmers. Die Kündigung entfaltet keine Rechtswirkungen. Hatte der verstorbene Arbeitnehmer bereits Kündigungsschutzklage erhoben, wird diese unschlüssig.[3] Eine Kündigungsschutzklage der Erben wäre unzulässig.

[2] KR/Klose, § 4 KSchG Rz. 113; zu der parallelen Problematik bei Befristungen vgl. BAG, Urteil v. 18.1.2012, 7 AZR 112/08, NZA 2012, 575.

6.3.2 Beklagter

6.3.2.1 Arbeitgeber

 

Rz. 98

Die Kündigungsschutzklage ist gegen den Arbeitgeber, also den unmittelbaren Vertragspartner des Arbeitnehmers, zu erheben.[1] Dabei macht es keinen Unterschied, ob es sich bei dem Arbeitgeber um eine natürliche oder juristische Person handelt. Zusätzlich ist die ladungsfähige Anschrift des Arbeitgebers mitzuteilen, weil sonst die Zustellung der Kündigungsschutzklage und damit die Begründung eines Prozessrechtsverhältnisses nicht möglich wären.[2]

[1] ErfK/Kiel, § 4 KSchG Rz. 18; HWK/Quecke, Arbeitsrecht, § 4 KSchG Rz. 17.
[2] BGH, Urteil v. 31.10.2000, VI ZR 198/99, NJW 2001, 885, 887; vgl. auch Germelmann/Matthes/Prütting/Künzl, ArbGG, 10. Aufl. 2022, § 46 ArbGG Rz. 49.

6.3.2.2 Fehlerhafte Bezeichnung

 

Rz. 99

Der Arbeitnehmer muss den Beklagten, d. h. seinen Arbeitgeber, zutreffend angeben. Eine Kündigungsschutzklage gegen einen Dritten wahrt die Klagefrist nach § 4 Satz 1 KSchG nicht.

 

Rz. 100

Für die Beurteilung, ob eine falsche Partei verklagt ist, kommt es nicht nur auf deren formale Bezeichnung im Rubrum der Klageschrift an. Entscheidend ist die rechtliche Identität zwischen dem ursprünglich benannten und dem tatsächlich gemeinten Beklagten. Ein Austausch des Beklagten nach Ablauf der 3-Wochen-Frist ist nicht möglich. Dagegen ist eine ungenaue oder unrichtige Parteibezeichnung unschädlich und kann jederzeit, also auch nach Ablauf der 3-Wochen-Frist, berichtigt werden.[1] Allerdings ist die Rechtsprechung der Instanzgerichte in diesem Bereich ni...

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