Rz. 760

Der Arbeitgeber hat im Kündigungsschutzprozess nach § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG die Tatsachen darzulegen und zu beweisen, die die Kündigung bedingen. Dazu zählt grds. auch der Umstand, dass eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Da das Fehlen einer anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit jedoch eine negative Tatbestandsvoraussetzung ist, gilt im Kündigungsschutzprozess eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast.

Der Arbeitgeber genügt zunächst seiner Darlegungslast, wenn er auf das Bestreiten des Arbeitnehmers hinsichtlich des Wegfalls seines Arbeitsplatzes lediglich allgemein vorträgt, eine Weiterbeschäftigung sei nicht möglich. Macht der Arbeitnehmer geltend, es sei eine Beschäftigung an einer anderen Stelle möglich, obliegt es ihm darzulegen, wie er sich seine anderweitige Beschäftigung vorstellt. Das gilt auch für eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit zu geänderten Arbeitsbedingungen. Hierbei drückt der Hinweis des Arbeitnehmers auf eine solche Beschäftigung regelmäßig auch die Bereitschaft aus, dass er mit den sich anschließenden Änderungen seiner Arbeitsvertragsbedingungen einverstanden sei. Erst daraufhin muss der Arbeitgeber eingehend erläutern, aus welchen Gründen eine solche Beschäftigung nicht möglich war. Dabei genügt es für die Darlegungen des Arbeitnehmers, wenn er angibt, an welchen Betrieb er denkt und welche Art der Beschäftigung gemeint ist. Der Arbeitnehmer muss im Allgemeinen keinen konkreten freien Arbeitsplatz benennen. Allerdings genügt er den Anforderungen nicht, wenn er nur allgemein auf die Personalfluktuation im Unternehmen hinweist. Er muss vielmehr zumindest konkrete Anhaltspunkte für eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit angeben.[1] Auch Tatsachen, die gegen die Zumutbarkeit einer Qualifizierungs- oder Fortbildungsmaßnahme sprechen, sind vom Arbeitgeber darzulegen, wobei der Arbeitnehmer zunächst konkrete Anhaltspunkte für eine Weiterbeschäftigung nach einer Umschulung oder Fortbildung angeben muss.[2]

 

Rz. 761

 

Beispiel

Der in einer Bäckereifiliale tätige Arbeitnehmer erhält aufgrund einer Stilllegungsentscheidung des Arbeitgebers eine Beendigungskündigung. Im Kündigungsrechtsstreit weist der Arbeitnehmer darauf hin, dass der Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Kündigung via Internet weitere Arbeitnehmer für die im Nachbarort gelegene Filiale gesucht hat. Hiermit wurden konkrete Anhaltspunkte für eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit im Zeitpunkt der Kündigung vorgetragen. Es ist nun Sache des Arbeitgebers darzulegen, dass er entweder gar keine Beschäftigungsmöglichkeit hatte oder der Arbeitnehmer auch unter Berücksichtigung von etwaigen Umschulungs- und Fortbildungsmaßnamen auf der freien Stelle im Nachbarort nicht beschäftigt werden konnte.

 

Rz. 762

Die Grundsätze der abgestuften Darlegungs- und Beweislast gelten unabhängig davon, ob eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit im selben oder einem anderen Betrieb des Unternehmens zu geänderten Vertragsbedingungen oder nach einer Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahme in Betracht kommt.[3] Auch bei einer ausnahmsweise zu bejahenden konzernweiten Weiterbeschäftigung trifft den Arbeitgeber im Bestreitensfall eine gesteigerte und den Arbeitnehmer eine geringere Darlegungslast hinsichtlich der Einsatzmöglichkeiten bei anderen zum Konzern gehörenden Unternehmen, bei welchen der Arbeitnehmer vereinbarungsgemäß beschäftigt werden könnte. Der Arbeitnehmer hat allerdings auch hier in einem ersten Schritt zumindest anzugeben, wie er sich eine anderweitige konzernweite Beschäftigung auf einem zudem freien Arbeitsplatz vorstellt. Nur so kann die gesteigerte Darlegungslast aufseiten des Arbeitgebers ausgelöst werden.[4]

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