Rz. 463

Vor Ausspruch der verhaltensbedingten Kündigung hat der Arbeitgeber einen bei ihm bestehenden Betriebsrat nach § 102 Abs. 1 BetrVG anzuhören. Eine ohne Anhörung erfolgte Kündigung ist unwirksam. Das Mitbestimmungsrecht bei Kündigungen kann durch Vereinbarung zwischen den Betriebspartnern nach § 102 Abs. 6 BetrVG auch erweitert werden.

Besteht Sonderkündigungsschutz nach § 15 Abs. 1-3 KSchG, ist sogar die Einholung einer vorherigen Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung (§ 103 BetrVG) erforderlich.

 

Rz. 464

Eine Personalvertretung im öffentlichen Dienst wirkt nach § 85 BPersVG bei einer ordentlichen Kündigung mit und ist nach § 86 BPersVG vor einer außerordentlichen Kündigung anzuhören bzw. nach den entsprechenden landesrechtlichen Vertretungsgesetzen zu beteiligen.

 

Rz. 465

Beim Anhörungsverfahren hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat bzw. der Personalvertretung alles mitzuteilen, was seinen Kündigungsentschluss beeinflusst hat. Er hat den Kündigungssachverhalt darzustellen. Hierzu gehören neben dem Inhalt etwaig erteilter Abmahnungen auch die Reaktion des Arbeitnehmers bei einer eventuell erfolgten Anhörung oder die Angabe, welche Bemühungen der Arbeitgeber zur Aufklärung eines möglicherweise unklaren Sachverhalts angestrengt hat, wie das Ermittlungsergebnis ist und welche Bewertung der Arbeitgeber hieraus gezogen hat.

 

Rz. 466

Einer erneuten Anhörung bedarf es immer dann, wenn der Arbeitgeber bereits nach Anhörung des Betriebsrats eine Kündigung erklärt hat, d. h. wenn die Kündigung zugegangen ist und der Arbeitgeber damit seinen Kündigungswillen bereits verwirklicht hat und nunmehr eine neue – weitere – Kündigung aussprechen will, selbst dann, wenn er die Kündigung auf den gleichen Sachverhalt stützt.[1]

 

Rz. 467

Stützt der Arbeitgeber eine Tatkündigung erst nach ihrem Ausspruch auf den Verdacht einer Pflichtwidrigkeit (Wechsel der Kündigungsart), so schiebt er damit einen andersartigen Kündigungsgrund nach. Dieses nachgeschobene Vorbringen kann im Prozess auch bei unverändert gebliebenem Sachverhalt nicht berücksichtigt werden, wenn dem Betriebsrat dieser Kündigungsgrund nicht mitgeteilt worden ist.[2]

Hat der Arbeitgeber andererseits den Betriebsrat lediglich zu einer beabsichtigten Verdachtskündigung angehört, schließt dies die Anerkennung einer nachgewiesenen Pflichtwidrigkeit als Kündigungsgrund dann nicht aus, wenn dem Betriebsrat alle Tatsachen mitgeteilt worden sind, die – ggf. auch im Rahmen eines zulässigen Nachschiebens von Kündigungsgründen – nicht nur den Verdacht, sondern den Vorwurf selbst begründen.[3]

[1] BAG, Urteil v. 10.11.2005, 2 AZR 623/04, AP BGB § 626 Nr. 196.
[2] BAG, Urteil v. 3.4.1986, 2 AZR 324/85, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 18.
[3] BAG, Urteil v. 23.6.2009, 2 AZR 474/07, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 47.

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