Rz. 395

Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss der Arbeitgeber vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung prüfen, ob eine Umsetzung oder Versetzung des Arbeitnehmers auf einen anderen Arbeitsplatz möglich und zumutbar ist. Dabei spielt es keine Rolle, in welcher Form die Versetzung oder die Umsetzung durchgesetzt werden kann. In Betracht kommt sowohl eine vom Direktionsrecht des Arbeitgebers gedeckte Versetzung als auch eine Versetzung, die erst nach Ausspruch einer Änderungskündigung, mit der bei Beendigung des bisherigen Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer die Fortsetzung zu geänderten Bedingungen auf einem anderen Arbeitsplatz angeboten wurde, möglich ist.[1]

 

Rz. 396

Eine Umsetzung oder Versetzung kommt insbesondere in Betracht, wenn ein freier Arbeitsplatz existiert, auf dem der Arbeitnehmer beschäftigt werden kann und objektive Anhaltspunkte dafür bestehen, dass es auf dem anderen Arbeitsplatz nicht zu weiteren Pflichtverstößen kommen wird.[2] Eine Weiterbeschäftigung ist auch dann als milderes Mittel denkbar, wenn es eine Position gibt, die nicht in gleichem Maße Anforderungen an die Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit des Arbeitnehmers stellt.[3]

 

Rz. 397

Die Weiterbeschäftigung auf dem anderen Arbeitsplatz muss aber zumutbar für den Arbeitgeber sein. Ob dies der Fall ist, hängt von der Art und Schwere des Pflichtverstoßes ab. Ein Angebot der Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz ist nur entbehrlich, wenn der Grund, der einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auf dem bisherigen Arbeitsplatz entgegensteht, es zugleich ausschließt, den Arbeitnehmer auf einem anderen Arbeitsplatz oder zu anderen Bedingungen weiterzubeschäftigen.[4]

 

Beispiel

Ein Redakteur der Abteilung "Management und Karriere", dessen Artikel nicht den Qualitätsanforderungen seiner Abteilung entsprechen, ist jedenfalls dann auf die freie Position in der Nachrichtenredaktion zu versetzen, wenn er früher bereits dort beanstandungsfrei tätig war.[5]

 

Rz. 398

Bei arbeitsplatzunabhängigen arbeitsvertraglichen Pflichtverstößen wie z. B. bei Unpünktlichkeit, bei genereller Unzuverlässigkeit oder bei schwerwiegenden Verstößen gegen den Betriebsfrieden wird das Risiko weiterer Vertragspflichtverletzungen regelmäßig nicht durch eine Umsetzung beseitigt.[6]

 

Beispiel

Bei intensiven Tätlichkeiten gegenüber anderen Arbeitskollegen ist eine Versetzung grds. nicht zumutbar.[7]

[2] BAG, Urteil v. 24.6.2004, 2 AZR 63/03, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 49.
[3] BAG, Urteil v. 20.6.2013, 2 AZR 583/12, AP KSchG 1969 § 1 Nr. 93.
[4] BAG, Urteil v. 11.3.1999, 2 AZR 507/98, AP BGB § 626 Nr. 149; BAG, Urteil v. 23.1.2014, 2 AZR 638/13, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 70: Weiterbeschäftigung einer Mitarbeiterin im öffentlichen Dienst auf einem anderen Arbeitsplatz, die zur Verdeckung von Fehlern Akten manipuliert hatte, war nicht zumutbar,
[7] BAG, Urteil v. 6.10.2005, 2 AZR 280/04, AP KSchG 1969 § 1 Personenbedingte Kündigung Nr. 25; BAG, Urteil v. 31.3.1993, 2 AZR 492/92, AP BGB § 626 Ausschlussfrist Nr. 32.

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