Rz. 54

Schon nach bisherigem Recht besteht nach § 27 ein Versorgungsanspruch der Versicherten, die Opfer einer Vergewaltigung, eines sexuellen Übergriffs, eines sexuellen Missbrauchs, einer sexuellen Nötigung oder einer Misshandlung sind. Dieser umfasst u.a das ärztliche Gespräch, die körperliche Untersuchung einschließlich der Feststellung von Verletzungen und Spuren, die ärztliche und psychotherapeutische Behandlung, die Abklärung von Maßnahmen zum gesundheitlichen Schutz, wie z. B. Impfungen oder die notwendige Dokumentation, und die im Übrigen von Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 bis 6 abgedeckten Leistungsansprüche. Über diese Leistungen hinaus ist auf Initiative des 14. Ausschusses durch das Gesetz zum Schutz vor Masern und zur Stärkung der Prävention ab 1.3.2020 (Rz. 7g) in Abs. 1 Satz 6 ein weitergehender Anspruch der Versicherten auf Leistungen zur vertraulichen Spurensicherung am Körper bei Verdacht auf eine Misshandlung, eines sexuellen Missbrauchs, eines sexuellen Übergriffs, einer sexuellen Nötigung oder einer Vergewaltigung begründet worden. Angesichts der von verschiedenen Seiten geforderten flächendeckenden Refinanzierung derartiger Leistungen sah der Gesetzgeber Handlungsbedarf bei Misshandlungen und sexualisierter Gewalt. Straf- oder zivilrechtliche Verfahren haben angesichts der schwierigen Beweissituation nur dann überhaupt eine Aussicht auf Erfolg, wenn eine derartige Spurensicherung erfolgt. Die bereits bestehenden Angebote, eine Spurensicherung für die Opfer kostenlos vorzunehmen, sind nicht ausreichend. Eine Kostentragung durch die Polizei setzt voraus, dass eine vorausgehende bzw. gleichzeitige Strafanzeige bei den Strafverfolgungsbehörden erfolgt, die Opfer derartiger Taten aus verständlichen Gründen oft scheuen.

 

Rz. 55

Der neu begründete Leistungsanspruch mit der Möglichkeit einer vertraulichen Spurensicherung schafft einen niedrigschwelligen Zugang zur Beweissicherung. Der Anspruch ist allerdings begrenzt auf Sachverhalte, die einen Hinweis auf drittverursachte Gesundheitsschäden, die Folge der im Einzelnen im Gesetz genannten Tatbestände sein können, haben. Er eröffnet keinen generellen Anspruch für alle Opfer jeglicher Gewalt (BT-Drs. 19/15164 S. 60). Erfasst werden Leistungen zur Sicherung von beweistechnisch relevanten Spuren und eine den Anforderungen an eine Spurensicherung entsprechende Dokumentation beispielsweise der Verletzungen sowie Laborleistungen, wie z. B. Untersuchungen auf sogenannte K.O.-Tropfen oder Alkohol. Angesichts straf- und zivilrechtlicher Verjährungsfristen umfasst er ferner den Transport und die ggf. notwendige langfristige Lagerung der entsprechenden Spuren z. B. in einem rechtsmedizinischen Institut. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers sollen hingegen nicht umfasst sein die Kosten für das Material zu Spurensicherung (sog. Spurensicherungskits) und mögliche spätere Analysen der sichergestellten Spuren. Diese Leistungen fallen weiter in die Finanzierungszuständigkeit der Strafverfolgungsbehörden bzw. werden durch diese zur Verfügung gestellt (BT-Drs. 19/15164 S. 60).

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