Ein weiterer Punkt, der den Begriff Nachhaltigkeit und insbesondere der darin enthaltenen gesellschaftlichen Verantwortung kennzeichnet, ist der Aspekt der Freiwilligkeit. Unternehmen nehmen gerade dann gesellschaftliche Verantwortung wahr, wenn sie nicht nur die gesetzlichen Anforderungen erfüllen, sondern darüber hinaus eigene Standards setzen. Allerdings haben Unternehmen in den o. g. Bereichen der Nachhaltigkeit zahlreiche rechtliche Anforderungen und insbesondere Berichtspflichten zu erfüllen, die den Ausgangspunkt für weitere freiwillige Maßnahmen darstellen. Die Regelungsdichte hat in den letzten Jahren im Bereich der Nachhaltigkeit deutlich zugenommen. Ein Beispiel hierfür ist das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz oder zukünftig voraussichtlich auch die "EU-Lieferketten-Richtlinie"[1], dass einerseits in die Lieferketten "eindringt" und andererseits den Unternehmen aber auch Spielräume lässt. Der Rechtsrahmen ist vielfältig: von klassischen deutschen Bundesgesetzen über Europäische Richtlinien und Selbstverpflichtungen bis hin zu Standards und DIN-Normen.

Dabei gibt es neben den klassischen Rechtsfolgen bei Pflichtverstößen (Unwirksamkeit von Maßnahmen, Bußgelder, Strafbarkeit, etc.) gerade im Umfeld der Nachhaltigkeit auch umfassende Dokumentationspflichten. Selbst wenn ein Handeln oder Unterlassen nicht mit einer direkt für das Unternehmen spürbaren Rechtsfolge geahndet wird, können bzw. müssen die Pflichtverletzungen, Selbstverpflichtungen und freiwillige Zusagen in den Geschäftsberichten der Unternehmen dokumentiert werden und sind damit öffentlichkeitswirksam. So ist z. B. im Lagebericht nach § 289 Abs. 1 HGB der Geschäftsverlauf einschließlich des Geschäftsergebnisses und die Lage der Kapitalgesellschaft so darzustellen, dass ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild vermittelt wird. Gerade bei "größeren" Kapitalgesellschaften werden daher die Geschäftsberichte immer ausführlicher.

Durch die neue Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der Europäischen Union[2] wird es zudem zu einer Neuregelung in der Nachhaltigkeitsberichterstattung kommen. Die CSRD ist Anfang Januar 2023 in Kraft getreten und muss sodann innerhalb von 18 Monaten vom nationalen Gesetzgeber umgesetzt werden. Es wird damit gerechnet, dass künftig in Deutschland rund 15.000 Unternehmen von den Berichtspflichten betroffen sein werden. Schon jetzt gilt die Verpflichtung zur Erstellung einer "nichtfinanziellen Erklärung" auf Konzernebene, insbesondere für kapitalmarktorientierte Muttergesellschaften gemäß § 315b HGB. Darin sind alle Aspekte zu erläutern, die unter einer "Corporate Social Responsibility" verstanden werden. Durch die CSRD wird diese Berichtspflicht nicht mehr auf kapitalmarktorientierte Unternehmen begrenzt. Vielmehr müssen Kapitalgesellschaften ab einer bestimmten Mitarbeiterzahl und Bilanzsumme Berichtspflichten in Bezug auf das Thema Nachhaltigkeit ebenfalls im Rahmen des nichtfinanziellen Teils des Lageberichts erfüllen. Die Unternehmen müssen nach der CSRD sowohl darstellen wie sich das Thema Nachhaltigkeit auf ihr Geschäftsmodell als auch wie sich ihr Geschäftsmodell auf das Thema Nachhaltigkeit auswirkt. Die Einführung dieser Berichtpflicht erfolgt gestaffelt

  • ab dem Geschäftsjahr 2024 für Unternehmen, die schon jetzt CSR-Berichtspflichten unterliegen,
  • für das Geschäftsjahr 2025 für sonstige "große" Unternehmen[3] und
  • für das Geschäftsjahr 2026 für kapitalmarktorientierte kleinere und mittlere Unternehmen.[4]

Die weitere Umsetzung ins nationale Recht und die Ausgestaltung der Inhalte sollte daher von Unternehmen aufmerksam verfolgt werden.[5]

Im Ergebnis verschwimmen in diesem Bereich damit harte gesetzliche Anforderungen mit freiwilligen Zusagen der Unternehmen. Dabei ist entscheidend, dass das Thema Nachhaltigkeit in der Öffentlichkeit diskutiert wird und eine immer wichtigere Rolle spielt. Dies kann am Beispiel der Regelungen zur Geschlechterquote gut nachvollzogen werden. Einerseits gibt es hier gerade bei börsennotierten und mitbestimmten Gesellschaften bestimmte Geschlechterquoten im Aufsichtsrat oder Vorstand, die nicht unterschritten werden sollen oder dürfen. Für die Vielzahl an Unternehmen ist jedoch "nur" eine Zielgröße der Geschlechterquote in der Geschäftsführung oder im Aufsichtsrat durch das Unternehmen selbst festzulegen. Insofern wird durch die Verpflichtung zur Selbstverpflichtung indirekt weiter Druck auf Unternehmen und deren gesellschaftliche Verantwortung ausgeübt. Auch wenn keine direkten Rechtsfolgen an die Verfehlung der Zielgrößen gebunden sind, sind diese gemäß § 289f Abs. 4 HGB im öffentlich einsehbaren Lagebericht des Unternehmens festzuhalten.

Aber auch unterhalb dieser gesellschaftsrechtlichen Organe gibt es Verpflichtungen zur Selbstverpflichtung. Z. B. ist in § 36 GmbHG geregelt:

Zitat

Die Geschäftsführer einer Gesellschaft, die der Mitbestimmung unterliegt, legen für den Frauenanteil in den beiden Führungsebenen unterhalb der Geschäftsführer Zielgrößen f...

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