Entscheidungsstichwort (Thema)
Verwirkung von Schmerzensgeldansprüchen wegen Schikanierung am Arbeitsplatz
Leitsatz (amtlich)
1. Auf Mobbing gestützte Schmerzensgeldansprüche können vor Ablauf der gesetzlichen Verjährungsfrist verwirken.
2. Für das Zeitmoment kommt es entscheidend auf die letzte Mobbinghandlung an.
3. Um eine effektive Rechtsverteidigung zu ermöglichen, entspricht es regelmäßig dem Interesse des Anspruchsgegners, sich zeitnah gegen Mobbingvorwürfe zur Wehr setzen zu können.
Normenkette
BGB §§ 242, 253 Abs. 2, § 611 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Nürnberg (Entscheidung vom 20.07.2011; Aktenzeichen 7 Ca 8046/10) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 20.07.2011, Aktenzeichen: 7 Ca 8046/10, wird auf Kosten des Berufungsführers zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Schmerzensgeld wegen Mobbing.
Der 1958 geborene, verheiratete Kläger arbeitete seit 23. Juli 1990 bei der Firma P... Service GmbH bzw. ihren Rechtsvorgängerinnen, zuletzt in der Funktion eines Personalfachberaters/Fachberaters Arbeitsrecht in Vollzeit mit einem monatlichen Bruttoarbeitsentgelt von € 4.500,--. Der Kläger hat das 1. juristische Staatsexamen abgelegt.
Im Zwischenzeugnis vom 09.11.1998 wurde dem Kläger bescheinigt, dass er "die Aufgaben seiner Position stets zu unserer vollen Zufriedenheit" erfülle. Mit Zwischenzeugnis vom 30.11.2001 wurde dem Kläger bescheinigt, dass "wir in jeder Hinsicht stets sehr zufrieden" sind mit seinem Einsatz und seinen Leistungen. Das Zwischenzeugnis vom 31.05.2006 weist folgende Aussage auf: "Alle ihm übertragenen Aufgaben führte Herr H... stets zu unserer vollsten Zufriedenheit aus". Wegen des Inhalts des im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgestellten Zeugnisses wird auf Bl. 47, 48 der Akten Bezug genommen.
Auf Vorschlag des Landesverbandes des bayerischen Einzelhandels wurde der Kläger mit Zustimmung des Arbeitgebers im Jahr 2001 zum ehrenamtlichen Richter am Arbeitsgericht Nürnberg berufen. Ab 2001 war der Kläger auch tätig als stellvertretendes Mitglied des Ausschusses des Landesarbeitsamtes Bayern.
In Anerkennung seiner Leistungen erhielt der Kläger in den Jahren 2001 und 2006 Sonderprämien in Höhe von DM 6.000,-- brutto sowie € 4.000,-- brutto.
Anfang Juni 2006 wurde der Beklagte im Zuge einer Umstrukturierung neuer Vorgesetzter des Klägers. Der Kläger war zusammen mit dem Volljuristen, Herrn M... als Fachberater beschäftigt in einer Abteilung, dem sogenannten Expert Center (EC) Arbeits-/Sozialrecht/Tarifpolitik. Daneben bestand eine zweite Abteilung, das sogenannte Expert Center (EC) Steuer, Sozialversicherung, Altersversorgungssysteme. Diese beiden Abteilungen wurden zu einer Abteilung unter der Leitung von Frau L... zusammengefasst. Als Fachberater sollten dort nur noch Volljuristen arbeiten. Der Kläger wurde aus dieser Abteilung herausgelöst und dem Beklagten als dem nächsthöheren Vorgesetzten über Frau L... direkt unterstellt.
Am 17.07.2006 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass er nicht mehr in der Abteilung beschäftigt werden solle, er solle sich eine andere Stelle extern suchen. Am 15.09.2006 folgte ein weiteres Gespräch. Auch in diesem Gespräch ging es um die Frage der künftigen Aufgaben des Klägers außerhalb des Unternehmens. Der Kläger bewarb sich auf andere Stellen im Unternehmen. Mit Schreiben vom 28.11.2006 erhielt er eine Absage. Mit Schreiben vom 29.11.2006 widersprach der im Betrieb bestehende Betriebsrat einer Neueinstellung unter Hinweis auf die Besorgnis einer direkten Benachteiligung des Klägers.
Im Oktober 2006 wurde die Volljuristin, Frau D... auf dem Arbeitsplatz des Klägers eingearbeitet. Der Kläger wurde in diesem Zusammenhang räumlich umgesetzt aus einem Büro mit 3 bis 4 Arbeitsplätzen in ein Einzelbüro. In der Folgezeit hatte er keinen Zugriff mehr auf die Datenbestände der neu gebildeten Abteilung auf dem Netzlaufwerk "G". Er wurde auch nicht mehr zu gemeinsamen Treffen der Abteilung dienstlicher und halbdienstlicher Natur eingeladen. Er wurde ferner aus einem sogenannten P...-Steuerkreis herausgelöst. Im Informationssystem des Unternehmens wurde der Kläger ab 20.11.2006 nicht mehr als Fachberater und möglicher Ansprechpartner aufgeführt.
Dagegen wehrte sich der Kläger mit Leistungsklage vom 13. Juni 2007 gegen seinen Arbeitgeber vor dem Arbeitsgericht Nürnberg (Aktenzeichen: 6 Ca 4040/07). Die Klage wurde mit Urteil vom 25.01.2008 abgewiesen; das Urteil wurde durch Rücknahme der Berufung seitens des Klägers rechtskräftig.
Mit Schreiben vom 20.11.2006 bestätigte der Veranstalter eines vom Kläger gebuchten arbeitsrechtlichen Eintagesseminars auf Veranlassung durch den Beklagten die kostenfreie Stornierung der Teilnahme an der Veranstaltung. Mit Email vom 14.02.2007 veranlasste der Beklagte die Stornierung des vom Kläger gebuchten Wochenseminars "Controlling für Mitglieder der Selbstverwaltu...