Berufliche Nichtrückkehrtage

Die Grenzgängereigenschaft geht nicht dadurch verloren, dass der Arbeitnehmer an einzelnen Arbeitstagen an seinem Arbeitsort verbleibt. Das Abkommen sieht eine 60-Tage-Grenze vor. Danach ist es unschädlich, wenn der Arbeitnehmer an bis zu 60 Arbeitstagen im Jahr nicht an seinen Wohnsitz zurückkehrt. In die Berechnung sind nur solche Tage einzubeziehen, deren Nichtrückkehr auf berufliche Gründe zurückzuführen ist.[1]

Bei Rufbereitschaft kann eine durch die Arbeitsausübung bedingte Nichtrückkehr vorliegen, und zwar unabhängig davon, ob die Zeit der Rufbereitschaft arbeitsrechtlich oder steuerrechtlich als Arbeitszeit zu werten ist oder nicht. Dabei kommt es nicht darauf an, ob das Ende der Arbeitszeit oder der Zeitpunkt der Ankunft am Wohnort auf den Tag des Arbeitsantritts oder auf einen nachfolgenden Tag fällt.[2]

Kehrt der Arbeitnehmer im Anschluss an eine normale Tagesschicht nicht an seinen Wohnsitz zurück, weil er eine Rufbereitschaft abzuleisten hat, sind die Tage der Wochenendbereitschaft als Einheit zu behandeln, auch wenn sich die Arbeitsausübung tatsächlich über eine oder sogar mehrere Tagesgrenzen hinaus erstreckt.[3] Die Zusammenfassung eines mehrtägigen Arbeitseinsatzes hat zur Folge, dass insgesamt nur ein anzurechnender Nichtrückkehrtag vorliegt, wenn der Arbeitnehmer nach Abschluss seiner Arbeitseinheit aus beruflichen Gründen am Tätigkeitsort verbleibt, z. B. weil sich ein regulärer Tagesdienst anschließt. Dies gilt unabhängig davon, ob die Rufbereitschaft wie beim Pikettdienst im Betrieb als Arbeitszeit anzusehen ist oder nicht (Pikettdienst außerhalb des Betriebs). Entscheidend ist allein, dass der Dienst aufgrund arbeitsrechtlicher Verpflichtung erbracht wird. Diese Auslegung deckt sich auch mit der zwischenzeitlich in der Konsultationsvereinbarungsverordnung getroffenen Regelung für Bereitschaftsdienste.[4]

Zumutbarkeit der Rückkehr an den Wohnsitz

Ein beruflicher Anlass wird von den Finanzämtern auch in solchen Fällen anerkannt, in denen ein arbeitstägliches Pendeln von der Arbeitsstätte in der Schweiz an den deutschen Wohnsitz aufgrund der weiten Entfernung oder der langen Arbeitszeit unzumutbar wäre. Die beiden Staaten haben hierzu eine Konsultationsvereinbarung für Veranlagungszeiträume ab 2019 getroffen, die anhand der zeitlichen Wegstrecke zwischen Wohnsitz und Arbeitsort festlegt, wann eine Nichtrückkehr aufgrund der Arbeitsausübung vorliegt. Die Finanzverwaltung zieht die Grenze für eine berufliche Unzumutbarkeit der Rückkehr bei

  • einer einfachen Strecke von mehr als 100 km, falls der Arbeitnehmer für die Fahrten ein Kfz benutzt,
  • einer Pendelzeit von mehr als 1,5 Stunden für die einfache Wegstrecke, falls der Arbeitnehmer öffentliche Verkehrsmittel benutzt.[5]

Beträgt die Entfernung Wohnung – Arbeitsstätte z. B. ca. 80 km, wie dies zwischen Freiburg und Basel der Fall ist, liegt in der Entfernung kein beruflicher Grund, der zu einer Berücksichtigung von Übernachtungen in der Schweiz im Rahmen der 60-Tage-Grenze führen könnte, da die arbeitstägliche Rückkehr dem Arbeitnehmer zugemutet werden kann.

60-Tage-Grenze

Die Zählweise für die Einbeziehung von Dienstreisetagen in die 60-Tage-Grenze ist in gleicher Weise wie bei der Grenzgängerregelung des DBA-Frankreich durch eine gesetzliche Regelung festgelegt worden. Nachdem durch eine Ergänzung der Abgabenordnung[6] die Möglichkeit geschaffen wurde, Verständigungsvereinbarungen (Konsultationsvereinbarungen) in inländische Gesetzesvorschriften umzuwandeln, ist der Inhalt des Einführungsschreibens zur Grenzgängerbesteuerung[7] durch die Deutsch-Schweizerische Konsultationsvereinbarungsverordnung[8] zu einer gesetzlichen Regelung geworden, die auch die Gerichte bindet. Die abweichende BFH-Rechtsprechung ist damit seit dem Veranlagungszeitraum 2010 nicht mehr anzuwenden. Die Berechnung der 60-Tage-Grenze bestimmt sich nach § 8 KonsVerCHEV, die von den Finanzämtern der aktuellen Besteuerungspraxis zugrunde gelegt werden.[9]

Als Folge der gesetzlichen Festlegung ergibt sich eine im Vergleich zur früheren Rechtsprechung geänderte Zählweise für beruflich bedingte Nichtrückkehrtage im Rahmen der 60-Tage-Regelung. Zu unterscheiden ist zwischen eintägigen und mehrtägigen beruflichen Auswärtstätigkeiten.

Eintägige Dienstreisetage

Eintägige Dienstreisen in Drittstaaten sind schädliche Nichtrückkehrtage.[10]

Dagegen bleiben eintägige Dienstreisen im Ansässigkeits- oder Tätigkeitsstaat Schweiz bzw. BRD bei der Prüfung der Höchstgrenze von 60 Tagen außer Ansatz. Nur eintägige Reisetätigkeiten in Drittstaaten begründen einen zum Wegfall der Grenzgängereigenschaft führenden Tag.

Homeoffice-Tage

Ebenfalls unschädlich sind Arbeitstage, an denen der Grenzgänger ganztägig am Wohnsitz im Ansässigkeitsstaat arbeitet. Ganztägige Arbeitstage am Wohnsitz des Ansässigkeitsstaates gelten nicht als Nichtrückkehrtage, die auf die 60-Tage-Grenze anzurechnen sind.[11]

Zu beachten ist allerdings, dass eine regelmäßige Rückkehr und damit die Grenzgängereige...

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